Quartiersarbeit Mundenheim-West zieht Bilanz und hofft auf Mittelverlängerung
Ludwigshafen. Nach zweieinhalb Jahren Quartiersarbeit im Brennpunkt Mundenheim West zeigen sich erste Erfolge. Ein Netzwerk aus Hilfs- und Beratungsstellen ist gewachsen. Treffs und Feste im Quartier ziehen immer mehr Menschen an. Nun hoffen die zwei Quartiersarbeiter, dass die die Fernsehlotterie das Projekt weiter trägt.
Von Julia Glöckner
Die ÖFG entschied 2022, Quartiersarbeiter im sozialen Brennpunkt einzusetzen. Dort leben Menschen mit unterschiedlichem gesellschaftlichem Hintergrund in Nachbarschaft: Asylbewerber in den vier Punkthäusern, die Hausbesitzer in der Ebernburgstraße, die Bewohner der GAG Sozialwohnungen sowie die Bewohner der Einweisungsgebiete. Diese beherbergen Leute, die von Obdachlosigkeit bedroht sind.
Viele Zwischenziele und Ziele, die sich Sozialarbeiter und ÖFG setzten, sind bereits erreicht: Das Haus der Begegnung ist zum Treffpunkt für immer mehr Besucher geworden. Man trifft sich beim wöchentlichen Kochclub und im Frauencafé, zu Veranstaltungen und Festen. Mit der VHS werden Lernprogramme veranstaltet. Bald startet ein Filmzirkel im Jugendzentrum (JuZ), das längst zur Eventsstätte geworden ist. Um Weihnachten kommt man wieder zu stimmungsvollen Abenden zusammen.
Im Quartier ist mit den Jahren ein Netzwerk an Hilfs- und Beratungsangeboten gewachsen, damit Hilfe schnell und effektiv ansetzen kann. Der Anwaltsverein stellt eine kostenlose Rechtsberatung, das JuZ berät Eltern niederschwellig und hilft bei den Hausaufgaben. Es gibt eine Nachbarschaftshilfe und eine Kleiderkammer.
Die Street Docs kümmern sich um die Menschen vor Ort. Das Netzwerk funktioniert. Man schafft es, Menschen in Notlagen ohne Versicherung im Krankenhaus versorgen zu lassen oder bei Bedarf im Pflegeheim unterzubringen. Selbst mit der Verwaltung arbeitet man Hand in Hand, etwa mit dem Team Asyl, der Wohnraumsicherung, der Hilfe zur Pflege. Die Fachstelle für Leistungen ermöglichte schon vielen den Rückzug normale Mietwohnungen. Seit kurzem ist die Verbraucherzentrale mit im Boot.
Gefühlte Ungleichbehandlung
Auch die Konflikte in Mundenheim West sind geschlichtet, die 2016 aufkeimten. Nach dem Abriss großer Teile des Einweisungsgebiets West und dem Bau der vier neuen Punkthäuser für Geflüchtete kamen Ressentiments auf. Die neuen Punkthäuser hatten Zentralheizung, Bäder und Doppelverglasung. Die Sozialpädagogen und -arbeiter im Jugendzentrum verstanden es, größere Konflikte zu vermeiden und den Bedarf an Wohnraum für Geflüchtete zu kommunizieren. Auflagen und Standards für den Bau sozialer Unterkünfte sind über die Jahrzehnte schlichtweg strenger geworden. Allerdings ist auch die Stadtkasse in den Entschuldungsjahren klammer denn je. "Das Leben in den alten Blöcken ist teils menschenunwürdig“, sagt Frey.
Bald werden die Ausweichcontainer für die Neubau der roten und weißen Blöcke in der Bayreuther Straße aufgestellt, während die Blöcke in der Kropsburgstraße so alt und von so schlechter Substanz sind, dass sie laut einer Bauprüfung der Stadt nicht mehr sanierungsfähig sind. „In der Bayreuther Straße passiert viel. Das merken die Menschen hier. Bislang gibt es noch keine Konfliktsituation, wir hoffen, dass uns die Kommunikation auch diesmal gelingt", so Frey.
Umfrage zeigt Potenziale
Eine Umfrage ermittelte zuletzt Schnittmengen zwischen den Bewohnergruppen. Denn Gemeinsamkeiten schaffen Raum für Begegnungen, mehr Verständnis und für normale nachbarschaftliche Beziehungen, die von Respekt, Smalltalk und zumindest losem Kontakt geprägt sind. Oder sogar für nachbarschaftliche Netzwerke, in denen man sich gegenseitig hilft.
Die Umfrage zeigte auch auf, was den Bewohnern am meisten fehlt. So gaben die Bewohner der vier GAG Sozialbauten an, dass ihnen die fehlende ÖPNV Anbindung große Umstände bereitet. „Von den Menschen aus dem Einweisungsgebiet hören wir Ähnliches“, berichtet Quartiersarbeiter Uwe Frey. „Zwar ergab die Umfrage etwas anderes. Aber mit 25 Prozent Beteiligung war sie nicht repräsentativ. Die besonders vulnerablen Gruppen aus dem Einweisungsgebiet haben erst gar nicht teilgenommen. Mit dem Taxi gelingen dort gemeinschaftlich organisierte Monatseinkäufe“, berichtet Quartiersarbeiter Uwe Frey.
"Angesichts der Altersstruktur und der Pflicht des Staats zur Betreuung von Menschen in besonders schwierigen Lebenslagen nach Paragraph 67 SGB XIII wäre die Anbindung an den ÖPNV ein wichtiger Schritt. Mit den unteren Stadtgremien, einzelnen Parteienvertretern und Ortsvorsteher Höptner sind wir deshalb in Kontakt. Bei der nächsten Ortsbeiratssitzung zeigt die Bevölkerung aus dem Quartier Präsenz“, erklärt Cara Schwab. „Die Erfahrung zeigt, dass es mindestens 10 Jahre braucht, damit Quartiersarbeit die großen Erfolge zeigt." Das Vertrauen der Menschen, die in ihrem Leben mindestens einmal Abgrenzung erlebt haben, ist mit den Jahren gewachsen. Das sind die besten Voraussetzungen, um große Projekte zu starten.
Noch viele Ziele
Denn viele Ideen der drei Quartiersarbeiter sind noch in der Umsetzung. Sie sehen sich nun auch in der Rolle eines Empowerment, damit die Menschen im Quartier wieder anfangen, ihre Interessen eigenmächtig und selbstverantwortlich zu vertreten. Das ist nur in einer Demokratie möglich. „Die Bewohner werden jetzt untere städtische Gremien besuchen, damit sie sich als selbstwirksam erleben. Sie bekommen von uns Unterstützung dabei.“
Die ÖFG blickt im Quartier auf eine lange Erfolgsgeschichte zurück. In den 70ern war das von Clans dominierte Viertel ein rechtsfreier Raum. Heute herrscht hier längst wieder Recht und Ordnung und man steckt die Ziele höher. „Für die Menschen in Stadtgebiet hat das Haus der Begegnung einen Namen“, sagt Frey. „Bei einer Bürgerversammlung im Heinrich-Pesch-Haus meldete uns Frau Steeg zurück, dass wir hier im Haus der Begegnung ein gutes Konzept hätten mit Potenzial zu Übernahme in der Bayreuther Straße.“ Die Mittel der ÖFG laufen noch bis Ende Januar. Der Antrag auf Verlängerung ist gestellt. Ob das Projekt bewilligt wird, entscheidet sich voraussichtlich noch im November. jg
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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