Ludwigshafener Club 86 feiert 50-jähriges Jubiläum
Seit 50 Jahren wegweisend für Inklusion
Ludwigshafen.Vor 50 Jahren hatten Hermann Frohnhöfer und Inge Schmitt eine Idee: Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung sollen sich begegnen, gemeinsam ihre Freizeit gestalten, voneinander lernen, miteinander Spaß haben. Es blieb nicht bei der Idee, denn sie wurde durch die Gründung des Club 86 lebendig.
Seit 50 Jahren ist er ein Ort des partnerschaftlichen Miteinanders von Menschen mit und ohne Behinderung: der Club 86. Immer dienstags und mittwochs treffen sich die knapp 40 Mitglieder im Heinrich Pesch Haus zu gemeinsamen Aktivitäten.
Vorreiter für Inklusion
Das Clubleben begann 1970. Damals gründeten Schulpfarrer Hermann Frohnhöfer und die Katechetin Inge Schmidt den Club – mit dem Ziel, benachteiligten und lernbehinderten Jugendlichen Raum zu geben, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Sie waren damit ein Vorreiter für Inklusion, lange bevor dieses Thema politisch und gesellschaftlich aktuell wurde. Als beste Möglichkeit, um Barrieren abzubauen, sahen sie, Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen. Immer wieder hat sich der Club in den vergangenen 50 Jahren den Interessen und Bedürfnissen seiner Mitglieder angepasst.
Gleichberechtigte Teilhabe
Die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist noch immer das Ziel der Clubarbeit. Gleichzeitig soll das partnerschaftliche Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung gefördert werden.
So wird beispielsweise von einem Beirat, in dem Ehrenamtliche, Menschen mit Behinderung und Betreuer vertreten sind, gemeinsam über das Programm entschieden. Dazu gehören Spiele, gemeinsames Kochen, gemütliches Beisammensein sowie das Begehen kirchlicher Feiertage. Gerne nutzen die Clubler den Garten des Pesch-Hauses. Höhepunkte sind immer Sommerfreizeiten, das Frühlingsfest und der Herbstball mit Live-Musik.
Schwerpunkt Bildungsarbeit
„Es ist nicht nur ein Ort, wo Spiele gemacht werden, sondern wir haben bereits bei der Gründung angefangen, Bildungsarbeit für Menschen mit Beeinträchtigungen einzubringen“, erklärt Daniela Meiser die Clubarbeit. Als ein Beispiel nennt sie das Thema Flüchtlinge. Gemeinsam besprach man, warum Menschen fliehen und woher sie kommen. Auch die verschiedenen Religionen wurden aufgegriffen. „Wir haben dann gemeinsam eine Moschee, eine Synagoge und christliche Kirchen besucht“, berichtet die Referentin. Zukünftig möchte sie an den Clubnachmittagen vermehrt auf aktuelle Themen eingehen.
Ehrenamt im Club
Die Clubarbeit wäre ohne einen festen Stamm von derzeit 15 Ehrenamtlichen nicht möglich. „Die Ehrenamtlichen betreuen die Menschen mit Behinderung nicht, sondern begleiten sie“, stellt Daniela Meiser klar. So können beide Seiten das gemeinschaftliche Miteinander erleben.
„Beim Club 86 können Menschen mit und ohne Behinderung voneinander lernen“, ist die Referentin überzeugt. „Die Menschen mit Behinderung können einem selbst sehr viel geben“.
Sie seien sehr offen, sehr zugewandt und fröhlich. Die beiden Gruppen besuchen insgesamt 37 geistig und mehrfach behinderte Menschen, die aus Ludwigshafen und Umgebung kommen. Zum Großteil arbeiten sie in den Ludwigshafener Ökumenischen Werkstätten.
Erfolgreiche über Jahrzehnte
86 Menschen waren 1970 bei der Gründung dabei. „Darauf weist der Name Club 86 hin“, erläutert Daniela Meiser. Die Referentin im Referat Seelsorge für Menschen mit Behinderungen der Diözese Speyer ist hauptamtlich für den Club zuständig. Denn 1987 übernahm die Diözese den Club im Rahmen der Seelsorge für Menschen mit Behinderung.
„Wir freuen uns sehr, dass die Konzeption des Clubs 86 in der Umsetzung über so viele Jahrzehnte so erfolgreich gelingt“, sagt der Direktor des Heinrich-Pesch Hauses (HPH), Pater Tobias Zimmermann SJ.
„Damit zeigt sich, wie Inklusion gelebt werden kann und so viele gute Kräfte bündelt“, betont Ulrike Gentner, die stellvertretende Direktorin des HPH.
Neues Verständnis von Inklusion
In den vergangenen fünf Jahren haben die Clubmitglieder zusammen mit Projektkoordinatorin Lisa Bröstler auf die Ausrichtung ihrer Arbeit geschaut, um dem neuen Verständnis von Behinderung und der besseren Teilhabe von Menschen mit Behinderung Rechnung zu tragen. „Dabei entstand ein Konzept für die Arbeit mit Ehrenamtlichen“, erläutert Daniela Meiser. Auch der zusätzliche Raum ist ein Ergebnis des Projekts.
Alles inklusiv(e)?!
2015 startete der Club das Projekt „alles inklusiv(e)!?“, das auf fünf Jahre angelegt war. Lisa Bröstler, die seit 2004 als Ehrenamtliche mit dem Club verbunden war, übernahm mit halber Stelle die Projektkoordination.
Ziel des Projekts war es, die Strukturen so zu verändern, dass im Rahmen der zukünftigen Arbeit des Club 86 dem neuen Verständnis von Behinderung und der besseren Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Kirche und Gesellschaft Rechnung getragen wird. Dabei entstand ein Konzept für die Arbeit mit Ehrenamtlichen, das unter anderem einen Ehrenamtsvertrag und Fortbildungen für Ehrenamtliche vorsieht.
Eng verbunden mit dem HPH
„Wir sind im Heinrich Pesch Haus beheimatet“, sagt Daniela Meiser. Schließlich hat der Club 86 hier seit der Eröffnung des Hauses seinen Sitz. Die Bedingungen sind mit dem barrierefreien Zugang, Aufzug und dem vor einigen Jahren eingebauten Behinderten-WC optimal.
Die Clubler haben im Heinrich-Pesch-Haus einen eigenen Raum mit Küche. Vor einem Jahr erhielten sie einen zweiten, größeren Raum, so dass nun mehr Platz für verschiedene Angebote ist. Diese Räume sollen nun genutzt werden, um das Programm differenzierter gestalten zu können. So kann jeder Teilnehmer aus verschiedenen Möglichkeiten wählen, wie er den Clubnachmittag verbringen möchte.
50. Jubiläumsfeier
Anfang Februar war es soweit. Der Club 86 beging seinen 50. Geburtstag mit einem rauschenden Fest.
Daniela Meiser, im 22. Jahr Referentin der Seelsorge für Menschen mit Behinderung im Bistum Speyer und Leiterin des Club 86, konnte 170 Gäste begrüßen.
Darunter waren neben vielen Vertretern der öffentlichen und kirchlichen Organen natürlich auch die aktuellen Clubmitglieder und Ehrenamtlichen, und viele Personen, die in der Vergangenheit mit dem Club verbunden waren. Gerade deren Kommen sieht Daniela Meiser als ein Zeichen dafür, dass das Miteinander im Club für alle ganz wertvolle Erfahrungen bringt.
Beim Club 86 lernt jeder viel für das weitere Leben: Vor allem die Erfahrung, dass jeder sein darf, wie er ist und dass jeder etwas zu geben hat. Ebenso kamen viele Freunde und Unterstützer des Clubs zur Feier.
Das Jubiläumslied wurde auf die Melodie „Im Wagen vor mir“ von Hans Blum umgedichtet: „Club 86 ist jetzt 50 Jahre“. Zusätzlich führten die Clubmitglieder noch einen eigens einstudierten Tanz auf. Beides haben sie in den letzten Wochen mit viel Eifer und Vergnügen einstudiert.
Über zwei tolle Überraschungen konnten sich die Mitglieder dann besonders freuen. Das Heinrich Pesch Haus übergab ihnen 86 gelbe Luftballons mit Grußkarten, auf die sie Wünsche für den Club schreiben konnten und diese im Park aufsteigen ließen. Der zweite Hingucker für die Besucher war eine sehr große Geburtstagstorte. Diese wurde von der BDKJ Ludwigshafen und den Jugendzentralen Ludwigshafen und Speyer gespendet. kim/ps
Autor:Kim Rileit aus Ludwigshafen | |
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