Startschuss für neues Projekt: Vertrauliche Hilfe nach Gewalt
Rheinland-Pfalz. Im Rahmen einer Pressekonferenz hat Frauenministerin Katharina Binz heute den Startschuss für das neue Projekt „Vertrauliche Hilfe nach Gewalt“ gegeben. Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, haben in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit, sich vertraulich medizinisch versorgen und die Spuren der Tat gerichtsfest sichern zu lassen. Mit dem neuen Projekt wird dieses Angebot im Land ausgeweitet.
„Frauen, die von sexualisierter oder anderer körperlicher Gewalt betroffen sind, wollen häufig zunächst keine Strafanzeige stellen. Oft stammt der Täter aus dem eigenen sozialen Umfeld. Aus Angst, zu einer Anzeige gedrängt zu werden, lassen Betroffene sich oftmals nicht medizinisch versorgen und bleiben mit dem traumatischen Erlebnis allein. Neben der fehlenden medizinischen Versorgung erfolgt dann auch keine Sicherung der körperlichen Spuren der Tat. Wenn sich eine Betroffene später noch zu einer polizeilichen Anzeige entschließt, ist es aber wichtig, dass ihr die gerichtsfest gesicherten Spuren im Strafverfahren zur Verfügung stehen", so Frauenministerin Binz.
Mit dem Vorläuferprojekt „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“ wurde bereits 2018 ein ähnliches Angebot geschaffen. Es richtete sich an Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt wurden. Das Projekt wurde von den rheinland-pfälzischen Frauennotrufen koordiniert und bis Ende 2024 mit jährlich 64.000 Euro vom Frauenministerium gefördert.
Das neue Angebot „Vertrauliche Hilfe nach Gewalt“ arbeitet mit einem standardisierten Verfahren zur Spurensicherung, mit dem nun auch andere Spuren körperlicher Gewalt gesichert werden können. Zudem wird das Angebot von bisher sechs auf elf Standorte im Land ausgeweitet, bis Jahresende soll ein zwölfter Standort hinzukommen. Gewaltbetroffene Frauen können sich in den beteiligten Kliniken zu jeder Tages- und Nachtzeit absolut vertraulich medizinisch versorgen und auf Wunsch die Spuren der Tat gerichtsfest sichern lassen. Anschließend können sie weitere psychosoziale Hilfe und Unterstützung von einer Frauenunterstützungseinrichtung erhalten. Den betroffenen Frauen entstehen dabei keine Kosten. Sie müssen auch nicht befürchten, dass eine gesetzliche Krankenkasse Regressansprüche bei dem Täter geltend macht und so bekannt wird, dass sie sich an Dritte gewandt haben.
Die Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz übernimmt im neuen Projekt die zentrale Koordination. Prof. Dr. Tanja Germerott, Direktorin des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz erläutert: „Wir bieten nun ein standardisiertes, von uns entwickeltes Verfahren an, um auf Wunsch frühzeitig Spuren einer sexualisierten oder häuslichen Gewalthandlung vertraulich und gerichtsfest zu sichern und aufzubewahren. Wir führen hiermit ein einheitliches Vorgehen ein, das sowohl in den vertraulichen Fällen als auch bei Strafanzeigen zur Anwendung kommen wird. Mit diesem Modell heben wir uns auch im Bundesvergleich ab.“ Dr. Cleo Walz, Projektleiterin an der Rechtsmedizin, die das neue Untersuchungsverfahren federführend betreut, ergänzt: „Für die Betroffenen hat das den großen Vorteil, dass sie die Untersuchung durchführen lassen können, sich aber noch nicht entscheiden müssen, ob sie Anzeige erstatten wollen oder nicht.“
Frauenministerin Binz hebt das Engagement aller Projektbeteiligten hervor: „Mein besonderer Dank gilt Frau Prof. Germerott, die mit ihrem Team das neue Untersuchungs- und Spurensicherungskonzept entwickelt hat. Ich freue mich sehr, dass wir hier in Rheinland-Pfalz von ihrer großen Expertise profitieren. Die zentrale Koordination des Projekts ist am Institut für Rechtsmedizin auch für die Zukunft in hervorragend qualifizierten Händen und ich bin dankbar, dass sich viele Kliniken im Land beteiligen werden. Darüber hinaus danke ich Frau Prof. Dr. Hasenburg, der Direktorin der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauengesundheit der Universitätsmedizin Mainz und ihren Mitarbeiterinnen für die praxisorientierte Abstimmung des Konzepts, das eine sehr gute medizinische Versorgung der Frauen sicherstellt.“
Der sensible Umgang mit den betroffenen Frauen ist essentieller Bestandteil des Projektes. Dazu beteiligen sich die Frauenunterstützungseinrichtungen im Land an der Schulung des medizinischen Personals. Für dieses Engagement im Projekt „Vertrauliche Hilfe bei Gewalt“ dankte Frauenministerin Binz Karin Faber, der Koordinatorin der Frauenhäuser in Rheinland-Pfalz, stellvertretend für die beteiligten Frauenunterstützungseinrichtungen: „Für den Erfolg des Projekts ist es wichtig, dass wir auf die Expertise der Mitarbeiterinnen der Frauennotrufe, der Frauenhäuser und der Interventionsstellen im Umgang mit gewaltbetroffenen Frauen zurückgreifen können. Insbesondere die Frauennotrufe können bereits ihre Erfahrung aus dem Projekt ‚Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung‘ einbringen. Für ihr unermüdliches Engagement gilt ihnen mein herzlicher Dank."
Das Projekt „Vertrauliche Hilfe nach Gewalt" wird mit rund 280.000 Euro jährlich vom Frauenministerium gefördert. Die Untersuchungskits werden mit rund 25.000 Euro jährlich vom Innenministerium finanziert.
Die Standorte der beteiligten Kliniken sind auf der Homepage des Projekts unter www.vertraulichehilfe.rlp.de zu finden.red
Autor:Karin Hoffmann aus Ludwigshafen |
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