Der Mannemer Glitzerkeller - Das Mannheimer Tiffany wird 50 Jahre alt
Einzigartig und legendär
von Peter Engelhardt
Jubiläum. Wir befinden uns im April 1969. Genauer gesagt es ist der 4. April. In der St. Lukas-Klinik in Houston (Texas) gelingt erstmals in der Geschichte der Medizin die Transplantation eines künstliches Herzens. In diesem Monat passieren weltweit und national noch einige aufsehenerregende Dinge. In Mannheim eröffnen Rolf Homeyer und Tom Esselborn gemeinsam die Clubdiskothek Tiffany. Es ist die Geburtsstunde einer Institution. In diesen Tagen feiert das „Tiffany“ sein 50-jähriges Jubiläum.Es hat in Mannheim im Laufe der vergangenen Jahrzehnte schon viele Nightclubs gegeben, sie kamen und gingen und nur eine hat nicht nur dem musikalischen und kulturellen Zeitgeist getrotzt, sondern ihn sogar innovativ begleitet. Das berühmte, legendäre weit über die Mannheimer Stadtgrenzen hinaus bekannte Tiffany. Inhaber Tom Esselborn erinnert sich heute noch gerne an die Geburt einer Discothek, die bis heute national wie international den Ruf eines legendären Musiktempels genießt.
Esselborn, in jungen Jahren selbst Musiker, war Mitte der 60er Jahre noch ein Plattenaufleger der klassischen Art. Im damaligen Parc Fermé in der Ifflandstraße legte er ganz gekonnt die angesagten Scheiben auf den Zehnplattenwechsler. „Meine Mutter hatte ein sehr bekanntes Modegeschäft in Mannheim und gemeinsam mit meiner Frau Gi (Gisela Esselborn, Anm. d. Red.) stiegen wir ins Textilgeschäft ein. Gi war damals Model und hatte einen sehr guten Geschmack in Sachen Kleidung.“ Als Rolf Homeyer das Herrenlokal „Bei Jupp“ angeboten bekam, nahm er das Angebot an, allerdings nur unter der Bedingung, dass Tom Esselborn als Discjockey und Geschäftsführer mit einstieg. So wurde Esselborn, schon damals mit dem richtigen Gespür für Trends, Partner und ließ sich zugleich ein Vorkaufsrecht zusichern. „Wir hatten damals keine Ahnung von Gastronomie und die Prognosen aus dem Gewerbe für unseren Laden waren eher schlecht“, aber schon zu dieser Zeit, wie auch in all den Jahren danach, hatten sowohl Tom wie später auch seine Frau, ein Feeling für „die hohe Kunst des Amüsierens und den insbesondere auch für den musikalischen Zeitgeist. Tom Esselborn bewies sowohl beim Plattenauflegen wie auch bei der Auswahl der Scheiben ein sicheres Händchen. „Die meisten Platten habe ich in Paris, London oder Amsterdam gekauft, dort fand ich natürlich Schallplatten und Versionen, die es in Deutschland gar nicht gab. England erwies sich als ein wahres Eldorado an Auswahl cooler und tanzbarer Musik der 60er und 70er Jahre. So etablierte sich „der Glitzerkeller“ innerhalb kürzester Zeit zur Discothek Nummer eins und zum absoluten Szene-Treff für Kurpfälzer Nachtschwärmer. Spätestens gegen Mitternacht weckte der Einlass ins Tiffany allergrößte Begehrlichkeiten. Im „Keller“ war es längst rappelvoll“ und vor der Tür wurde die Schlange immer größer. Die sogenannten „Türsteher“ gewährten den Einlass oder auch nicht. Glücklich schätzen konnte sich, wer im Besitz eines „Club Ausweises“ war. Doch nicht nur die Einheimischen wussten, wo man sich zu nächtlicher Stunde zu souligen Klängen und stampfenden Rhythmen bestens amüsieren konnte. Auch Stars der Musik-Szene wie die berühmten Rolling Stones Supertramp, Cat Stevens und Falco oder auch Formel 1 Rennfahrer sowie Carl Gustav von Schweden hatten ihren Spaß im Tiffany. Und die Esselborns sorgten dafür, dass die populären Herrschaften einen unbehelligten Abend verbringen konnten.
Wenige Tage vor der offiziellen Feier unterhielt sich das Wochenblatt mit Tom Esselborn über „sein Geburtstagskind“.
Was hat Sie damals gereizt, einen solchen Tanzclub auf die Beine zu stellen`
Tom Esselborn: Durch familiäre Umstände wurde ich quasi zu meinem „Glück“ gezwungen und musste mir neben meinem Jurastudium Geld dazuverdienen.
Würden Sie heute alles noch einmal genauso machen?
Esselborn: Natürlich nicht ... mit all den Erfahrungen in diesen fünf Jahrzehnten und dem Wissen von heute würde ich manches anders machen. Vieles genauso, aber manches mit Sicherheit anders.
Wie sehen Sie rückblickend die Entwicklung des Zeitgeistes? Musikalisch und auch im Besucherverhalten?
Esselborn: Durch das Internet, die Smartphones und das Streaming hat sich das Ausgehverhalten der Leute verändert. Diskotheken dieser Art werden aussterben. Früher haben sich Frauen und Männer bei uns kennengelernt, heute passiert das bei Parship. Die 70er Generation war einzigartig, es war eine Generation des Aufbruchs. Sie haben den Mief der 50er und 60er Jahre weggeblasen. Und die Jahre 68 bis in die 70er hinein waren natürlich auch musikalisch ein großer Umbruch.
Was waren für Sie im Tiffany die prägendsten Ereignisse dieser fünf Jahrzehnte?
Esselborn: Wenn König Carl Gustaf von Schweden ab und an vorbeikam, war das schon ein Highlight. Er war ein paarmal da im Rahmen der Formel 1. Zumeist war er in Begleitung einiger prominenter Heidelberger. Du hast ja schließlich nicht jeden Tag einen König im Haus, das war schon großartig. Ein musikalisches Highlight war der Besuch von Supertramp nach ihrem Konzert in Mannheim. Sie haben dann im Tiffany zu ihrer eigenen Musik auf die Glastische getrommelt.
Wie wird es weitergehen?
Esselborn: Das Tiffany wird bestehen bleiben, weil es natürlich inzwischen längst eine Kult-Institution ist, mit dem Wissen, dass man hier als Gast bestens aufgehoben ist. Ich kann nur hoffen, dass derjenige, der es einmal weiterleitet, unsere Philosophie verstanden hat und auch das nötige Niveau aufbringt, diese auch umzusetzen. Es gibt keinen einen Erfolgsschlüssel. Es ist das Zusammenwirken von vielen Komponenten, die jede einzelne für sich einen hohen Anspruch hat. Das fängt an bei der Tonanlage, bei der Einrichtung, Musik, bei den Discjockeys, bei den Servicekräften – all das ist aber nur möglich, weil das Publikum, das annimmt und das Niveau zurückgibt. Über all die vielen Jahre hinweg hatten wir wirklich sehr wenig Probleme mit unserem Publikum.
Was erwarten Sie von einem erstklassigen Discjockey?
Esselborn: Früher waren die guten DJ’s deswegen gut, weil sie in der Lage waren, trotz mangelnder Technik selbst Übergänge herzustellen. Das macht ja heute alles der Computer. Die Hautaufgabe eines DJ’s heute ist es, mit dem Publikum zu kommunizieren, und sensibel auf die Wünsche der Gäste zu reagieren. Natürlich auch immer der Möglichkeit, Trends einzubringen und die Richtung dezent vorzugeben. Das Publikum ist immer der König. Ein Discjockey darf, ja er muss sogar seinen eigenen Stil haben, aber er darf nicht spielen was ihm gefällt. Der Discjockey ist vergleichbar mit dem Koch im Restaurant. Wenn das Essen gut ist, kommen die Leute, wenn nicht, bleiben sie weg.
Könnte man heute so etwas noch einmal so aufziehen wie damals?
Esselborn: Wahrscheinlich nicht. Es wäre heutzutage viel schwerer. In den 70er und 80er Jahren waren Diskotheken Massenphänomene, du konntest dich damit in die Elite absetzen. Heute ist diese Art eher eine rückläufige Institution. Die Zukunft des Nachtlebens ist eher eine Mixtur aus Restaurant plus Bar und Diskothek.
Kennen Sie Vergleichbares? In Deutschland? In Europa?
Esselborn: Nein, soweit ich weiß, gibt es in ganz Deutschland so etwas nicht noch mal. Und schon gar nicht seit fünf Jahrzehnten.
Wie hat sich das Tiffany optisch verändert?
Esselborn: 2011 haben wir das Tiffany etwas moderner gestaltet. Es war aber längst nicht der erste Umbau in den all den Jahren. Die Tanzfläche und die Loungen sind geblieben, aber alles andere haben wir verändert. Die Lounge in ihrer jetzigen Größe gibt es seit Oktober 2017. Auch das ist dem Generationswechsel geschuldet. Die Älteren halten sich gerne oben an der Bar auf, bei leiserer und entspannterer Musik und die Jungen toben unten ab.
Wie kam es zu dem Namen Tiffany?
Esselborn: So hieß der Club vom allerersten Tag an. Die Idee des Namens kam in Absprache mit meinem damaligen Geschäftsführer. Er wollte vielleicht das Kleine, Edle betonen. pete
Autor:Peter Engelhardt aus Mannheim |
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