Neue Fotoausstellung ab 30. September in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen
Jan Benning bei ZEPHYR
Mannheim. Was ist 200 Jahre nach Karl Marx Geburtstag und 100 Jahre nach der Oktoberrevolution von der großen kommunistischen Utopie übrig geblieben? Nicht viel, sagt Jan Banning. Der niederländische Fotograf dokumentierte und sezierte mit liebevoller Distanz die Welt der kommunistischen Parteien anhand ihrer Büros.
Meist handelt es sich um dürftig ausgestattete Verwaltungsstuben, ob in Russland, Italien, Portugal, Nepal oder Indien. Seine Bilder zeigen aber auch die Idealisten, die im Zeitalter des entfesselten Kapitalismus ihren Glauben an eine bessere Welt nicht verloren geben. Obgleich die Praxistauglichkeit des Kommunismus von der Geschichte längst widerlegt scheint, eint die Genossen der unerschütterliche Glaube an das Gute im Menschen und an den Sieg der gerechten Sache. Mag es auch dauern.
Während in Russland versprengte Alt-Kommunisten von der Rückkehr an die Macht träumen und Joseph Stalin huldigen, kämpfen die seit 1957 mitregierenden Genossen in Südindien bei Wahlen regelmäßig um Prozentpunkte. Meist handelt es sich um junge, gut ausgebildete Parteimitglieder, die aktiv an der Verbesserung ihrer Welt arbeiten, etwa durch den Bau von Wasserleitungen oder Beratungen in Armenvierteln. Ähnlich engagiert gaben sich auch die italienischen Jung-Kommunisten, die Jan Banning traf. Mit den Vorstellungen der alten Aktivisten und Partisanen haben sie jedenfalls kaum noch etwas gemein.
Jan Bannings Serie „Red Utopia“ entstand zwischen 2013 und 2017 in Städten und Dörfern von fünf Ländern, in denen politisch aktive Gruppen den Geist des Kommunismus am Leben halten. Bereits die Ausschmückung der Büros macht deutlich, dass hier die Geschichte des Kommunismus eine wichtige Rolle spielt. Oft sind die Räume mit roten Hammer- und Sichel-Fahnen und -Wimpeln geschmückt, mit Porträts und Büsten von Marx, Engels und Lenin, aber zuweilen eben auch von Stalin und Mao oder lokalen Größen. So erlaubt die Ausstattung der Büros nicht nur Rückschlüsse auf den materiellen Status, sondern ebenso auf das historische und ideologische Verständnis der porträtierten Genossen. Bei ZEPHYR wird diese Serie nun erstmals in Deutschland präsentiert. Die Publikation „Red Utopia“ erschien bei Nazraeli Press.
Des Weiteren sind in der Ausstellung Bilder aus Jan Bannings Serie „Law & Order“ (2015) zu sehen, welche Szenen aus der Strafjustiz in fünf Ländern gegenüberstellt. Bei den Fotos der Reihe „The Sweating Subject“ (2016) handelt es sich um Herrschaftsbilder von Stammesführern mit ihrem Hofstaat in Ghana, in die sich Jan Banning als „Sweating Subject“ eingeschrieben hat. ps
Weitere Informationen:„Jan Banning: RED UTOPIA. Kommunismus 100 Jahre nach der Russischen Revolution“, ZEPHYR – Raum für Fotografie, Curt-Engelhorn-Stiftung für die Reiss-Engelhorn-Museen, C4, 9. ps
Weitere Informationen: Eröffnung durch Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz am Samstag, 29. September, um 19 Uhr. Künstlergespräch am Sonntag, 30. September, um 16 Uhr.
Ausstellungsdauer bis 13. Januar 2019.
Autor:Verena Leininger aus Ludwigshafen |
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