Förderung für Provenienzforschung
Auf der Suche nach NS-Raubgut
Mannheim. Die Universität Mannheim erhält eine Förderung von über 75.000 Euro für das Projekt „Verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut im Bestand der Universitätsbibliothek Mannheim“. Ziel des Projekts ist es, NS-Raubgut aus den historischen Buchbeständen der Universitätsbibliothek zu erfassen, sichtbar zu machen und sofern möglich zurückzugeben.
Mit der Machtübernahme der NSDAP im Jahr 1933 begannen die Nationalsozialisten unliebsame Organisationen und Privatpersonen, insbesondere jüdische Bürger, nach und nach ihrer Rechte zu berauben. Im Zuge der Verfolgung und Vernichtung von Menschen bereicherte sich der NS-Staat auch an deren Eigentum – einschließlich ihren Büchern.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts entstand in Mannheim eine öffentliche Bibliothek, die Teile der in der Kurpfalz verbliebenen Hofbibliothek der Wittelsbacher mit Schenkungen aus Privat- und Vereinsbibliotheken vereinte. Aus diesem Bestand ging 1921 die 70.000 Bände umfassende Städtische Schlossbücherei hervor, die im Bibliothekssaal des Mannheimer Schlosses untergebracht war. Im Jahr 1954 wurde dieser öffentliche Bestand in die Wissenschaftliche Stadtbibliothek überführt und gelangte 1971 durch eine Schenkung in den Besitz der Universitätsbibliothek Mannheim. Zum Zeitpunkt dieser Schenkung war der Bestand der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek auf etwa 240.000 Titel angewachsen.
Im nun startenden Projekt untersucht die Universitätsbibliothek Mannheim systematisch die Bestände der Städtischen Schlossbücherei nach Kulturgut, das jüdischen Mitbürger während der NS-Zeit entzogen wurde. Die Verdachtsfälle sollen erfasst, sichtbar gemacht und möglichst zurückgegeben werden.
Die Universitätsbibliothek führt das Projekt in Zusammenarbeit mit Dr. Sandra Eichfelder vom Universitätsarchiv durch. Die wissenschaftliche Betreuung übernimmt Prof. Dr. Hiram Kümper vom Historischen Institut der Universität Mannheim. Viktor Boecking leitet das Projekt von Seiten der Universitätsbibliothek.
Gefördert wird das Projekt durch das Deutsche Zentrum für Kulturgutverluste mit Sitz in Magdeburg. In der zweiten Förderrunde 2023 wurden insgesamt rund 1,9 Millionen für Provenienzforschung im Bereich „NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut“ bewilligt. Die Stiftung unterstützt Einrichtungen finanziell, damit beispielsweise Museums- oder Bibliotheksbestände auf NS-Raubgut hin untersucht oder verlorene Sammlungen verfolgter jüdischer Bürger rekonstruiert und restituiert werden können. Das Projekt der Universitätsbibliothek Mannheim ist eines von insgesamt 18 geförderten Forschungsprojekten. hät/red
Autor:Kristin Hätterich aus Mannheim |
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