Trompeter Lukas Zeilinger Solist im 7. Akademiekonzert
„Es macht irrsinnig Freude“
Mannheim. Der im österreichischen Melk an der Donau geborene Trompeter Lukas Zeilinger (33) setzt beim 7. Akademiekonzert der Musikalischen Akademie des Nationaltheater-Orchesters Mannheim am 31. Mai die Tradition der orchestereigenen Solisten fort und steht bei Joseph Haydns Konzert für Trompete und Orchester in Es-Dur im Mittelpunkt. Im Gespräch mit dem „Wochenblatt“ sprach Zeilinger über das Besondere am Komponisten Joseph Haydn, an Streaming-Konzerten und am Beruf des Musikers.
???: Herr Zeilinger, wie oft haben Sie Joseph Haydns Konzert für Trompete und Orchester in Es-Dur schon gespielt?
Schon drei Mal, aber noch nie mit so einem tollen Orchester. Als Orchestermusiker ist man ja nicht der große Solist, sondern der kleine Solist im Orchester und es macht jedenfalls irrsinnig Freude, das Stück nun auf der großen Bühne des Rosengartens spielen zu können.
???: Was ist das Besondere an dem Werk?
Das Konzert begleitet einen klassischen Trompeter eigentlich sein ganzes Leben lang. Im Studium ist es unser Probespielkonzert – man spielt es bei jedem Vorspiel und Probespiel, meist aber nur die ersten beiden Sätze. Es ist neben Hummel und Neruda eines der großen Konzerte aus dieser Epoche der Musik. Es ist interessant zu üben und fordert viele Facetten eines Trompeters, eine nie endende Geschichte.
???: Mozart war das Genie, Beethoven der Titan, wer oder was war Joseph Haydn?
Haydn ist für mich der Musikant – und das im positiven Sinne. Bei uns in Österreich gibt es diese Unterscheidung: Ist man Musiker oder ist man Musikant? Der Musiker ist immer der etwas Bemühtere, der Musikant im professionellen Sinne jemand, der zaubert. Ich empfinde Haydn als musikantisch, witzig und auch teilweise neckisch. Mein enger Bezug zu Haydn ist nicht nur darauf zurückzuführen, dass sein Konzert unser Standard-Trompetenkonzert ist, sondern auch der Tatsache geschuldet, dass meine Frau und ich aus Niederösterreich kommen: Jedes Mal, wenn wir in der Heimat sind, fahren wir an Haydns Geburtshaus in Rohrau vorbei, das ist schön.
???: Das Konzert wird ja „nur“ gestreamt. Wie ist das für Sie als Musiker, wenn Sie live für ein imaginäres Publikum im virtuellen Raum spielen? Macht das denselben Spaß wie ein Konzert mit Präsenzpublikum?
Viele Musiker spüren nun, welch große Bedeutung dem Publikum im Saal zukommt: Diese Schwingungen, die Erwartungen, die positiven Gedanken der Menschen, die vor Dir sitzen, sind für uns Musiker so wichtig. Man bekommt die Energie vom Publikum und kann diese zurückgeben. Jetzt ist es so, dass da eine Kamera steht und man die Energie erfinden muss. Für mich ist das schon ein wenig zermürbend, weil es wie ein ständiger Monolog ist. Ich würde wirklich gern wieder lachende Gesichter in der ersten Reihe sehen, und das nicht wegen des Applauses, sondern wegen der Interaktion mit dem Publikum. Die ist für den Künstler genauso wichtig wie umgekehrt. Die Streaming-Variante finde ich toll auch für meine Familie in Österreich, die mich so als Solisten erleben kann.
???: Wie sind Sie durch die Corona-Pandemie gekommen?
Die Verwandlung zum Hausmann und jetzt wieder zurück zum Musiker war interessant. Ich habe viel Zeit zum Üben gehabt, doch jetzt ist wieder die Zeit gekommen, wo man aus dem Haus steigt, gern wieder seiner Berufung nachgeht und diesen Wahnsinn wieder erleben will.
???: Ein Wahnsinn, inwiefern denn?
Es ist ein geselliger Beruf. Wir haben jetzt wieder mehr Proben und man steht dann draußen, trinkt ein Bier miteinander und redet mit den Kollegen. Die Geselligkeit ist ein so wichtiger Faktor. Diesen Monolog des alleinigen Übens hat man irgendwann satt: Man kann sich nicht jeden Tag neu erfinden, sondern braucht den Austausch mit anderen Musikern.
???: Wie kamen Sie zur klassischen Musik?
Ich komme aus einem 100-Einwohner-Dorf, und da gibt“s natürlich auch eine Blasmusik. Mein Bruder hat Tuba gelernt, ich Trompete und hatte dann relativ schnell den Wunsch, in einem Orchester zu spielen. Natürlich ist es dann etwas anders, als man es sich als Kind und Jugendlicher vorstellt, aber es ist für mich trotzdem das Schönste, Zeit am Instrument und im Orchester zu verbringen.
???: Sie sind nach eigener Aussage auch Hobbyjazzer. Wann und wie haben Sie den Jazz entdeckt?
Während der Corona-Pandemie war Jazz für mich mein bestes Ventil. Ich habe mir einen Jazztrompetenlehrer genommen und das Jazz spielen und üben hat mir den Alltag sehr erleichtert. Man kann einfach seine Gefühle ausdrücken und kommt einmal weg von den Noten und Richtlinien der klassischen Musik. Ich sitze dann entspannt in der Küche oder im Wohnzimmer und spiele etwas nur für mich, herrlich.
???: In der klassischen Musik gibt es ja ein Klangideal, im Jazz ist dagegen der individuelle Sound gefragt. Haben Sie Ihren Sound gefunden?
Ja, ich denke, ich habe ihn in beiden Richtungen gefunden. Natürlich hat jeder seine eigenen Klangvorstellungen und seine Ideale, ein Sammelsurium an Einflüssen. Meine sind ganz klar in der Volksmusik, da ist das Musikantische, Schelmische dabei. Bei der Phrasierung gibt es auch schon Einflüsse aus dem Jazz, die ich im Orchester einsetzen kann, etwa wenn wir Musical spielen oder wie jetzt in der Oper „Simplicius Simplicissimus“ von Karl Amadeus Hartmann.
Interview: Christian Gaier
Weitere Informationen:
7. Akademiekonzert 2020/21, Live aus dem Rosengarten Mannheim, Montag, 31. Mai 2021, 20 Uhr , Konzertaufnahme verfügbar bis einschließlich Mittwoch, 2. Juni 2021, www.musikalische-akademie.de
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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