60 Jahre Telefonseelsorge Rhein-Neckar
Kirchlicher Dienst für alle
Mannheim. Die bundesweit größte Telefonseelsorge-Stelle feiert ihr 60-jähriges Bestehen. Der ökumenische Dienst mit seiner Geschäftsstelle in Mannheim startete im März 1961 für Mannheim-Ludwigshafen. Heute deckt er die Metropolregion Rhein-Neckar ab. Ein Team von 160 Ehrenamtlichen ist rund um die Uhr für Menschen in Not da, per Telefon und zunehmend auch per Chat und Mail. „Wir hören zu und werten nicht“, sagt die Leiterin Pfarrerin Elke Rosemeier. Wegen Corona entfällt die Jubiläumsveranstaltung. Das Leitungsteam feierte mit den Ehrenamtlichen online, mit Erinnerungen und Sekt.
Sorgen und Nöte kennen keine Uhrzeit
„Man ist nicht nicht-normal, wenn man sich an die TelefonSeelsorge wendet“, betont Pfarrerin Elke Rosemeier, die gemeinsam mit ihrer katholischen Kollegin, der Diplom-Psychologin Diana Beetz, und der pädagogischen Mitarbeiterin Ljiljana Kerstiens die TelefonSeelsorge hauptamtlich leitet. Nöte können erdrückend werden, viele Menschen wollen ihre Sorgen lieber mit jemand Außenstehenden teilen, manche haben niemanden, mit dem sie sprechen können, vor allem nachts, wenn die Gedanken rotieren. Krankheit und Trauer, Angst und Mobbing, Probleme in Schule und Arbeitsleben, in Familie und Beziehung sind die überwiegenden Sorgen, mit denen sich im letzten Jahr mehr als 24 500 Menschen meldeten.
„Wir bieten ein Gegenüber und einen geschützten Raum“
Wer eine der beiden kostenfreien Telefonnummern wählt, kann vertraulich und anonym mit jemandem sprechen, hat ein menschliches Gegenüber in einem geschützten Rahmen. „Wir sind für alle da, die uns brauchen“, betont Pfarrerin Rosemeier. „Wir hören aktiv zu und versuchen auszuloten, um was es den Anrufenden geht“. Oftmals sei es für Anrufende schon eine Erleichterung, auszusprechen, was sie bedrückt oder wovor sie Angst haben. „Wir geben keine Empfehlungen, informieren aber über andere Fachstellen, die gezielt weiterhelfen können.“
Ein Dienst für alle - ehrenamtlich
Da sein für andere: Dafür sorgen seit den Anfängen der Telefonseelsorge Frauen und Männer, die sich ehrenamtlich für Notleidende einsetzen. Im März 1961 startete die Telefonseelsorge Mannheim-Ludwigshafen mit 60 Ehrenamtlichen, heute sind es in der Telefonseelsorge Rhein-Neckar 160. Viele von ihnen sind seit mehreren Jahrzehnten dabei. Als Team teilen sie sich die 365 Tage im Jahr auf, arbeiten rund um die Uhr in drei Schichten. An drei Telefonen sowie an den Mail- und Chat-Arbeitsplätzen bieten sie eine erste Anlaufstelle bei Sorgen, Nöte und Krisen. Die ehrenamtlichen Seelsorger*innen, zu zwei Dritteln Frauen, sind zwischen 32 und 84 Jahren alt. Ihr Engagement erleben sie als unmittelbar sinnvoll.
Professionalisierung – auch im Online-Bereich
Was 1961 mit der Telefonseelsorge Mannheim-Ludwigshafen an den Start ging als ‚telefonische Seelsorge für Menschen in Kummer und Not“, wurde ausgeweitet und professionalisiert. 1969 wurde ein hauptamtlicher Geschäftsführer eingestellt, in Heidelberg wurde 1972 am Seminar für Praktische Theologie eine „Forschungsstelle für Telefonseelsorge“ gegründet, 1975 wird die Telefonkapazität um eine zweite Telefonbesetzung erhöht und wegen der starken Nachfrage in die Abendstunden ausgeweitet. 1980 wurde eine Filiale in Heidelberg eröffnet und im gleichen Jahr gab es erstmals eine bundesweit einheitliche Telefonnummer, damals noch mit Vorwahl. 1997 stieg die Deutsche Telekom als Partnerin der TelefonSeelsorge ein. Seither sind die zwei Telefonnummern bundesweit einheitlich und werden auf ein definiertes (Orts) Netz von über 100 TelefonSeelsorge-Stellen verteilt. Die Telekom verzichtet auf die Verbindungsgebühren. 2005 wurden die Heidelberger und die Mannheimer TelefonSeelsorge-Stellen in Mannheim zusammengefasst. (Die Geschäftsstelle befindet sich heute am Wasserturmplatz und geht mit ihrer Arbeit deutlich in die Öffentlichkeit.) Zur Professionalisierung gehört auch die sorgfältige Ausbildung der Ehrenamtlichen für den Dienst am Telefon: Die ehrenamtlichen Seelsorger*innen werden eineinhalb Jahre lang ausgebildet und tauschen sich in Fortbildungen und Supervisionen aus. Für den Online-Bereich gibt es noch eine Zusatzausbildung.
2008 erfolgte mit der „Beratung per Chat“ ein neuer Weg zu den Hilfesuchenden. Chat und auch Mail gehören seither fest zum Angebot und werden vor allem von 19- bis 29-Jährigen vielfach genutzt, wie Psychologin Diana Beetz weiß: „Im vergangenen Corona-Jahr haben mehr als 1000 Menschen online Kontakt mit uns aufgenommen. Dieser Austausch ist ebenso geschützt und datenschutzrechtlich gesichert wie beim Telefonat.“ Der Kontakt per Telefon und Chat sei momenthaft, so Beetz. Die Seelsorge per Mail sei ein Dialog, der teilweise länger als ein Jahr andauere.
Die TelefonSeelsorge ist ein kirchlicher Dienst, den die Evangelische und die Katholische Kirche gemeinsam anbieten für unterschiedslos alle Menschen. Sie ist telefonisch rund um die Uhr an allen Tagen im Jahr kostenfrei erreichbar unter 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222. Infos und Zugang zu Mail und Chat: www.telefonseelsorge-rhein-neckar.de
Ehrenamt braucht Unterstützung
Angesichts rückläufiger finanzieller Mittel ist die ökumenische TelefonSeelsorge auf Spenden angewiesen, nicht zuletzt, um die kostenfreie Ausbildung der Ehrenamtlichen anbieten zu können und für die aufwändige technische Ausstattung zu sorgen, die unerlässlich ist für die zuverlässige Erreichbarkeit. Spenden sind daher willkommen. Sparkasse Rhein-Neckar Nord, Stichwort: TelefonSeelsorge Rhein-Neckar, IBAN DE39 6705 0505 0039 8610 62, BIC MANSDE66XXX. dv/schu
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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