Mannheimer Sängerin Maren Kips zum Umgang mit Coronavirus-Krise
„Kunst und Kultur sind kein Luxus“
Mannheim. Maren Kips gehört zu den herausragenden Jazzsängerinnen der Region. Wie alle Künstler*innen ist auch sie von der Coronavirus-Krise stark betroffen. Aber Jammern ist ihre Sache nicht. Die 32-Jährige, die aus Köln stammt und seit 2009 in Mannheim lebt, sieht die Krise auch als Chance.
von Christian Gaier
„Es findet eine Zwangsbesinnung auf Wesentliches statt und Fragen zu gesellschaftlichen Strukturen werden neu aufgerollt. Daraus kann sehr viel Positives wachsen. Ich sehe es als Chance, deren Preis wir alle aber auch zahlen müssen“, gibt Maren Kips zu bedenken. In Mannheim hat sie an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst ihr Jazzstudium absolviert und 2017 abgeschlossen und arbeitet seither freischaffend als Sängerin, Komponistin und Vocalcoach.
Rund 40 Prozent ihrer Einnahmen stammen aus der musikalischen Begleitung öffentlicher, Firmen-interner und privater Veranstaltungen. Dazwischen tummeln sich kleinere Jazzkonzerte mit ihren eigenen Bands und die Mitwirkung in anderen Projekten. Dazu kommt ihre pädagogische Tätigkeit als konstante, finanzielle Stütze. Zuletzt war Maren Kips mit der erfolgreichen Dresdner Acapella-Formation Medlz als Aushilfe auf Tour. Nach dem 8. März wurden die restlichen Shows bis Ende März allerdings abgesagt. Flach fallen sehr wahrscheinlich auch die für April und Mai geplanten Auftritte mit ihren Duo-Projekten und private Veranstaltungen im Juni. „Das könnte so weiter gehen, da sich Veranstalter vor höheren Ausfall-Gagen schützen wollen – verständlicherweise. Noch kann ich nicht absehen, wie groß der finanzielle Schaden tatsächlich wird, aber er liegt jetzt schon im vierstelligen Bereich“, rechnet sie hoch.
Ein Trost für sie ist, dass die Einnahmen aus dem pädagogischen Bereich nicht wegfallen, weil die Musikschulen, bei den sie engagiert ist, relativ schnell auf Online-Unterricht umstellten. „Ich bin sehr dankbar, dass ich dadurch finanziell nicht ins Bodenlose falle, wie es bei vielen Kunst- und Kulturschaffenden der Fall ist. Jetzt Schüler*innen zu generieren, ohne sich persönlich zu kennen, ist schwierig“, sagt Maren Kips.
Einen Antrag auf Soforthilfe für Soloselbstständige beim Land Baden-Württemberg hat die Sängerin gestellt. „Ich gehe aber davon aus, dass es nicht durchgeht und ich ALG II beantragen muss“, glaubt sie. Maren Kips betont aber auch, dass sie sich privilegiert fühlt, in einem Land zu leben, das solche Hilfen überhaupt anbietet. „Ich kenne mich nur vage mit ALG II aus und weiß höchstens, dass es teils menschen-entwürdigende Auflagen hat. Dennoch gibt es so viele Länder, in denen Arbeitslose ziemlich schnell obdachlos werden und sogar nichts mehr zu Essen haben“, äußert sie.
Was ihr in dieser kritischen Situation hilft, ist einmal die Solidarität, die sie unter ihren Kolleg*innen erfährt. „Wir beraten uns gegenseitig über Online-Konzerte, -Unterricht, Anträge, Verträge und anderes . Aber auch in der gesamten Künstler-Szene ist der Wunsch nach Zusammenhalt spürbar“, konstatiert sie. Geerdet fühlt sie sich außerdem im Erleben der Natur, etwa wenn sie zum Joggen unterwegs ist. „Existenzängste und andere Sorgen werden oft so absurd, wenn ich das große Ganze vor Augen habe“, beschreibt Maren Kips.
Natürlich hofft sie wie alle, dass sich das Leben bald wieder normalisiert und das nicht nur aus Eigeninteresse, sondern auch getragen von der Empathie für durch das Coronavirus schwer erkrankte und gefährdete Menschen. Sie wünscht sich, dass die Krise auch ein Umdenken einleitet. „Ich hoffe, dass die Politik endlich die richtigen Maßnahmen ergreift und Berufsgruppen wie Pflegekräfte, Krankenschwestern oder Erzieher*innen besser bezahlt. Auch die prekäre Situation, in die viele meiner Kolleg*innen und andere Selbstständige jetzt kommen, weist auf monetäre Unverhältnismäßigkeiten hin, derer sich viele nicht bewusst waren. Kunst und Kultur sind kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit“, stellt sie klar.
„Gesellschaftlich finde ich es gut, dass wenigstens im Moment die Leute wieder aufschauen und ihre Mitmenschen besser wahrnehmen. Beim Joggen und Einkaufen bemerke ich, dass sich alle mehr Beachtung schenken und freundlich sind. Das mag zwar ein vorübergehender Effekt sein, aber es rückt das Miteinander trotz körperlichen Abstands wieder in den Vordergrund. Es wird uns bewusst, dass wir mit den Menschen um uns die selbe Luft teilen“, konstatiert Maren Kips.
Hat sie ihre Berufswahl mittlerweile bereut? „Nicht eine Sekunde. Berufsmusikerin zu sein ist zwar hart verdientes Brot und bringt selten das große Geld, aber das war mir vorher bewusst und ich würde diese Entscheidung immer wieder so treffen“, sagt Maren Kips.
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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