Die wunderbare Kraft der Felsen
Wandertipp: Müllertrail in Luxemburg
Wandern. Durch einen winzigen Spalt zwänge ich mich in eine Felsengrotte, von dort geht es über eine steile Steintreppe im Halbdunkeln nach oben, hoch in den lichtdurchfluteten Wald. Im Minutentakt folgt ein sensationelles Natur-Highlight dem anderen. Wieder gelangt man über einen schmalen Einlass in das Innere einer Felsformation, die einem den Atem stocken lässt - die berühmte Goldfralay.
Von Markus Pacher
Bizarre Felsformationen, geheimnisvolle Höhlen und Plateaus, rauschende Bäche und Wasserfälle, eine üppige Vegetation mit riesigen alten Bäumen – aus guten Gründen wird die Region Müllerthal im Herzen unseres Nachbarlandes Luxemburg gerne als „Kleine Luxemburger Schweiz“ bezeichnet. Der berühmte Müllertrail: Das sind 112 aufregende Wanderkilometer durch ein märchenhaftes Naturlabyrinth, das auf der To-do-Liste einer Luxemburg-Rundreise ganz oben stehen sollte.
Müllertrail - Traumtour durch Nationalpark
13 Kilometer davon nehme ich an einem sonnigen Frühlingssonntag in Angriff. Nur wenige Autominuten von dem charmanten Städtchen Echternach gelegen, befindet sich das kleine Dörfchen Müllerthal, Ausgangspunkt meiner knapp fünfstündigen Traumtour im Deutsch-Luxemburgischen-Nationalpark. Sie startet mit einem touristischen Paukenschlag: Wild schäumend schießt das Wasser der Schwarzen Enz in drei Kaskaden in den sogenannten Schiessentümpel, einem der bekanntesten Natursehenswürdigkeiten des Herzogtums. Ein raffiniert angelegter Weg aus kleinen Stegen und Treppchen leitet den Wanderer in die unmittelbare Nähe des erfrischenden Naturspektakels, bevor mit der Eulenburg die erste Felsformation bestiegen wird und man dabei aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. Vorbei an steilen Felswänden, durch enge Spalten und über uralte, von der Erosion über die Jahrhunderte ausgewaschene Stufen aus Buntsandstein führt ein abenteuerlicher Pfad hinauf auf das Plateau. Plötzlich wähnt man sich im Urwald: Moose, Flechten und Baumpilze begegnen mir in prachtvoller Üppigkeit – welch ein Kontrast zum düsteren Felsenreich der Goldfralay wenige Minuten zuvor.
Müllerthal - bizarre Steinformationen
Wie ein zu Stein erstarrtes riesiges Ungeheuer wächst die wild zerklüftete Felswand in den Himmel, wenn man von der Goldfralay zum imposanten Überhang der Goldgrube kommt. Hier lädt die Natur dazu ein, die Kraft der Felsen und die Geologie unmittelbar zu spüren. Vor ungefähr 250 Millionen Jahren bildeten die felsigen Schichten aus Sandstein und Dolomitgestein einen Meeresboden. Nach dem Verschwinden des Meeres entstand die Landschaft des Müllerthals mit ihren tief eingeschnittenen dunklen Tälern und weiten Plateaus. Typisch für die bizarren Buntsandsteinformationen sind die im Zuge der Erosion entstandenen, an Bienenwaben erinnernden Strukturen..
Kehrtwende an der kurz vor dem Dörfchen Consdorf gelegenen Konsdrëffer Millen, wo ich mir vor dem Rückweg einen kräftigen Schluck Bier genehmige. Das ruhig und malerisch inmitten der Natur gelegene Restaurant ist gleichzeitig Brauhaus der „Echternacher Brauerei“. Frisch gestärkt geht‘s zunächst über einen breiten Waldweg, später über eine enge Passage hinein in die Buddelerkummer. Klaffende Felsspalten und mystisch wirkende Erosionsgebilde begegnen mir auf Schritt und Tritt, aber am meisten beeindruckt ein mächtiger Felsblock, der an einen von Riesenhand aus dem Fels gehauenen Pferdekopf erinnert. Zuvor hangle ich mich an den sich steil auftürmenden Felswänden des Buergkapp entlang, eine bauhistorisch bedeutsame, früher befestigte Fliehburg.
Der imposanten Felsen nicht genug: Über ein treppenreiches Felsenlabyrinth und nach der Überquerung des Alsbachs über eine Holzbrücke erreiche ich trockenen Fußes die Schelmelee. Seit der Steinzeit bis in die jüngere Vergangenheit diente der Überhangfelsen den Menschen als Behausung. Und noch viele weitere Felsformationen begleiten den Weg zurück nach Müllerthal. Als krönender Abschluss lockt die grandiose Felsszenerie Rammelee im hinteren Tal der Dosbaach, bevor einen die Zivilisation der Region „Mellerdaal“, wie die Luxemburger sagen, wieder freundlich in Empfang nimmt.
Autor:Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße |
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