Demokratiefest Neustadt: Weiße Wanderer

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Hambacher Fest - die andere Sicht

Aufgrund der vielen Berichte und Kommentare in der Rheinpfalz und im Wochenblatt, die überwiegend die Teilnehmer in Weiß am 28.05. als aggressiv, beleidigend und die Veranstaltung störend darstellen, muss hier in Vielem widersprochen werden.
Die weiß gekleideten Teilnehmer waren nicht „uniformiert“ (im Sinne von militaristisch) sondern hatten sich der besseren Sichtbarkeit und Erkennbarkeit wegen so gekleidet. Das geschieht bei vielen Demonstrationen etwa der Gewerkschaften mit Westen und Mützen doch auch. Von den französischen Gelbwesten ganz zu schweigen.

Es gibt mehrere Live-Streams und Videos über das Fest und es konnten mehrere Zeugen befragt werden. Nirgendwo ist eine Stürmung des Festes zu sehen. Wohl gibt es lautes Trommeln, rhythmisches Klatschen und auch Buh-Rufe beim Eintreffen und Abreisen der prominenten Gäste in gepanzerten Limousinen (Innenminister Roger Lewentz, Sabine Leuthäuser-Schnarrenberger, OB Marc Weigel und Joachim Görgen vom SWR). Einzelne Besucher sind wütend, weil sie nicht ins Schlossgelände gelassen werden. Während oben auf dem Schlossgelände gähnende Leere herrschte, die Musikgruppen vor ca. 10 Zuhörern spielten, wurde auf dem Wendeplatz von der Polizei durchgesagt, dass man auf Anweisung des Geländeinhabers wegen Überfüllung niemand mehr durchlassen könne. Das ist bizarr, warteten doch Tausende auf Einlass.
Diese Leute haben aber ohnehin die Anweisungen der Polizei beachtet und gewartet, bis der Aufgang schließlich für die weiß Gekleideten freigegeben wurde. Das war gegen 16:30 Uhr. Da waren die Programmpunkte auf dem Schloss bis auf zwei bereits beendet. Ob die durch die nunmehr hinzukommenden (in keiner Weise stürmenden) „Weißen“ noch gestört wurden, ist nicht belegt. Videos zeigen eine eher fröhlich entspannte Menschenmenge. Hier gibt es noch offene Fragen.

Dieses Video ist in den Kommentaren subjektiv gefärbt, aber auf weiteren Aufnahmen gibt es ähnliche Bilder.
https://www.youtube.com/watch?v=IQXcKAHRpsw&t=261s

Hier einige Zeugenaussagen, deren Identität dem Autor bekannt sind.

- Ein Forstangestellter berichtet, er sei ab ca. 14 Uhr auf dem Schlossgelände gewesen. Dort habe gähnende Leere geherrscht. Maximal 150 Personen seien da gewesen. Zu dem Zeitpunkt war die große Gruppe der „Weißen“ erst auf dem Weg zum Schloss.
Er habe dort keine aggressive Stimmung wahrnehmen können. Die Gruppen „Omas gegen Rechts“, der DGB und andere seien ohnehin von Polizei umgeben gewesen und niemand hätte da Streit angezettelt.
Wie übrigens Fotos und Videos belegen, haben die „Omas gegen Rechts“ (bei denen interessanterweise immer einige junge Männer dabei sind) versucht, den Zugang zum Schloss zu blockieren. Eine Frau hat sich quer zur Treppe gelegt. Die Polizei hat sie weggetragen.

-      Ein Feuerwehrmann wurde auf dem Weg ins Gelände von einem Mann aufgehalten, der sich ihm in den Weg gestellt habe und mit dem Hinweis, er sei vom DGB, den Zugang verehren wollte. Der Feuerwehrmann habe ihn dann beiseite schieben wollen, als der DGB-Mann sich theatralisch fallen gelassen und gerufen habe, er sei angegriffen worden. Da mehrere Zeugen den Vorfall beobachtet hatten, kam er damit nicht durch und die Polizei hat ihn dann beruhigt.

-       Ein Koch war auch schon frühzeitig auf dem Gelände und hat festgestellt, dass fast nichts los war, die aufgebauten Stände mit Verpflegung auf Ihrem Angebot sitzen blieben und später sogar vieles vernichtet werden musste. Von seinen vor Ort eingesetzten Kollegen erfuhr er, dass man mit ca. 1700 zu verpflegenden Gästen gerechnet hatte. Die wurden bei weitem nicht erreicht. Fotos zeigen leere Tischgarnituren.

- Ein Psychologe wurde laut seiner Aussage auf dem Marktplatz aggressiv von einem Mann angegangen, der ihn als Umstürzler bezeichnete und die Polizei aufforderte, ihn festzunehmen. Es gelang, mit einer deeskalierenden Gesprächsführung die Spannung abzubauen, einen Gedankenaustausch zu etablieren und zumindest ein befriedetes Ende des Zusammentreffens zu erreichen.
Auch er weist darauf hin, dass eine Störung des Festes schon deshalb nicht möglich war, weil die weiß gekleideten Menschen gar nicht auf das Schloss gelassen wurden, sondern auf dem Buswendeplatz zurückgehalten wurden.
Auf seinem Rückweg gegen 15:30 Uhr begegnete er einer nicht enden wollenden Menge an fröhlichen und friedlichen Menschen jeden Alters, die dem Ruf „Auf zum Schloss“ folgten.

Die einzelnen Vorkommnisse, die von einigen Gruppen wie Antifa, DGB etc. geschildert werden, sind so selbstverständlich nicht gut zu heißen. Die sind allerdings noch nicht verifiziert und es müssen dazu die Ermittlungen der Polizei abgewartet werden.
Es drängt sich auch der Eindruck auf, dass da gerade medial alles getan wird, um die so bezeichneten „Antidemokraten" (Lewentz) zu diskreditieren. Und wenn eine saubere Aufarbeitung beabsichtigt ist, dann muss man alle Seiten hören.
Die oben erwähnten Zeugen sind bereit, auch in Präsenz ihre Aussagen zu Protokoll zu geben.

Auf der Webcam von Neustadt, die auf den Marktplatz gerichtet ist, wird ca. alle Stunde ein Foto gemacht. Darauf sieht man, dass die Veranstaltungen auf dem Marktplatz auch schlecht besucht waren. Sicher gab es noch mehrere andere Veranstaltungsorte mit interessanten Beiträgen und weiteren Besuchern. Aber wie die Stadt auf 5000 „normale“ Teilnehmer kommt, ist etwas schleierhaft.

Dies sind nur einige wenige Aspekte aus der Perspektive der „anderen Seite“, die auch nicht glorifiziert werden sollte. Wo viele Menschen zusammenkommen, können herausragende und weniger gut zu heißende Dinge geschehen. Die „Weißen“ sind eine heterogene Gruppierung und nicht jeder Teilnehmer ist mit allem einverstanden, was einzelne Personen vertreten.

Und auch das gilt. Alle sich in diesem Kontext eibringenden Menschen, unabhängig von ihrer jeweiligen Position, haben sicher subjektiv die Überzeugung, sich für „die gute Sache“ zu engagieren. Deshalb, ohne mindestens den Versuch einer Verständigung unter den sich gegenüberstehenden Gruppierungen werden vermutlich alle nicht wirklich weiter kommen. Mit gegenseitigen Schuldvorwürfen geht das wohl eher nicht. Und der Demokratie würde so auch nicht wirklich ein Dienst erwiesen.
Es wäre von Vorteil für alle Beteiligten eines möglichen Diskurses, wenn die Stadt Neustadt sich zu einem Dialogforum unter fachlicher, mediatorsicher Gesprächsleitung entschließen würde. Das böte vielleicht auch die Chance, die geplante Aufarbeitung der Geschehnisse zur besseren Vorbereitung zukünftiger Feste produktiv zu nutzen.

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Autor:

Berthold Kliewer aus Kaiserslautern

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