126. Herrenweinabend
Wein übertrumpft Künstliche Intelligenz
„Die ganz‘ Welt guckt bloß uff KI – doch Herrewoi ersetzt die nie!“ Das Motto des 126. Herrenweinabends nahm sich wieder einer aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen an. „Künstliche Intelligenz ist derzeit das zentrale Thema in vielen Lebensbereichen“, begründete Liedertafel-Vorsitzender Frank Sobirey die Entscheidung. Ein passender Hauptreferent war gefunden, kein Geringerer als Alexander Schweitzer, Minister für Digitales im Land Rheinland-Pfalz, der auch für Soziales und Arbeit zuständig ist. Kurz und auf den Punkt war seine Rede, die vielen aus der Seele sprach. „Wer will mit einer App in der Hand Wein trinken?“, fragte er und betonte, dass Wein viel mit Emotionalität zu tun habe. „Menschen machen Wein und sie konsumieren ihn, da kann KI nichts ausrichten.“
Wie zu erwarten war der Saalbau wieder bis auf den letzten Platz gefüllt, sodass die Neustadter Liedertafel e.V. ihre Traditionsveranstaltung gut aufgestellt weiß. Es war der klassische Rahmen zwischen den 18:00 und 22:00 Uhr-Glockenschlägen, mit einem Feuerwerk an Eindrücken, die bei maßvollem Weingenuss auch genossen werden konnten. Längst überfällig war die Entscheidung, nicht nur Wein frei anzubieten, sondern auch Wasser, das man bisher zukaufen musste. Dafür wurde dem Sponsor Andreas Schmidt von der Odenwaldquelle gedankt. Neu war auch der Moderator, Torsten Buschmann vom SWR, der seine Feuerprobe im Hexenkessel Saalbau gut bestanden hat. Sein Trinkspruch erinnerte an die alten Römer: „Wer im Wein die Wahrheit sieht, sollte nicht nach dem ersten Glas aufhören.“ Das jedoch taten einige, die durch den Bahnstreik mit dem Auto in Fahrgemeinschaften Verantwortung übernommen hatten. Der im Rahmen einer Blindverkostung ermittelte Siegerwein von Christoph Klohr aus Gimmeldingen wurde unter anderen von Ehrengästen wie dem ehemaligen Welt-Fußballschiedsrichter Markus Merk serviert. Ein bewegender Höhepunkt war der Gedicht-Vortrag des 94jährigen Paul Tremmel, bei dem der Saal stehende Ovationen gab. Schwer hingegen hatte es der Magier Steve Waite, bei dem der Funke seiner Kunst kaum erkennbar auf den Saal überzuspringen vermochte. Im Gegensatz dazu hatte Christian „Chako“ Habekost mit seiner tiefgründigen „Weeschwieischmään“-Philosophie über das Verhältnis von Oxford-Deutschen und Pfälzern, über das Älterwerden und das Generationenmiteinander sowie über das „Soi“, also das Dasein an und für sich, die rund tausend Herzen im Saal voll im Griff. Nach einer kurzen Pause heizten die Rieslingprinzen mit Ede Eber-Huber mit der Hymne „In vino veritas“ sowie Hits der neuen deutschen Welle wie Major Tom und Computerliebe den Saal an. Musikalischer Hauptakteur des Abends war wieder die Freddy-Wonder-Combo, stets ein Garant für gute Stimmung. Beim „Palzlied“, der Pfälzer Hymne der Band „Die anonyme Gidarrischde“, hielt es kaum einen auf den Sitzen. Der Tradition verpflichtet war man wieder bei der Lewwerworscht-Scharade, die humorvoll Neustadter Themen wie das Hertie-Gebäude und den Bahnhofsumbau, aber auch allgemeine wie den aktuellen Bahnstreik, Gema-Gebühren auf Festen und das Haushaltsloch der Bundesregierung pointiert aufgriff. Wie gewohnt stand dann am Ende der Schluss-Choral „Bacchus wir danken dir“ und die zehn Glockenschläge, die den Nachhauseweg einläuteten. Und wenn hier Damen vermisst werden: die haben sich lange schon einen Frauenweinabend geschaffen, der demnächst stattfinden wird.
Autor:Michael Landgraf aus Neustadt/Weinstraße |
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