Digitale Liveführungen
Mit Vimuki kommt das Museum ins Klassenzimmer
Speyer. Lust auf einen Blick hinter die Kulissen des Historischen Museums in Speyer? Angela Pfenninger nimmt Schüler live mit ins Museumsdepot in der Alten Baumwollspinnerei, wo zigtausend Objekte sicher in Kartons verwahrt auf mehr als sieben Kilometern Regalfläche lagern. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern wirft sie durch die Handykamera einen Blick in Kartons, zoomt an Objekte heran, fragt, erklärt und öffnet wie nebenbei ein Fenster in die Vergangenheit. Stets mit dabei: Johanna Kätzel am Regieplatz. Sie startet kleine Filme, zeigt Grafiken und 3D-Scans und baut interaktive Elemente wie ein Quiz, Schätzaufgaben oder Umfragen mit in die Führung ein.
Nach den Sommerferien soll das gemeinsame Angebot der Historischen Museen Saar und Pfalz starten. "Vimuki" ist ein deutschlandweit einzigartiges Projekt, steht für Virtuelles Museum für Kinder und Jugendliche und soll das Museum künftig ins Klassenzimmer bringen. Weitere Museen können "andocken". Zunächst bundes- und später vielleicht sogar weltweit. Die Idee dazu hatte Simon Matzerath, der Direktor des Historischen Museums Saar und Projektleiter in Saarbrücken. Er holte Speyer für das Tandemprojekt mit ins Boot. Das neue Angebot soll den Museumsbesuch von Kindern und Jugendlichen nicht ersetzen, sondern ergänzen. "Wir wollen, dass die Museen im Unterricht präsenter werden", sagte Matzerath bei der Präsentation der digitalen Plattform in Speyer.
Das Feedback der Tester gibt ihm Recht: Eine siebte Klasse des Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasiums bewertete die digitale Liveführung durch die Sammlung Urgeschichte nicht nur durchweg positiv, sondern gab auch an, die Führung am Bildschirm motiviere sie zum Besuch des Museums. Ein großer Mehrwert für die Speyerer Museumsverantwortlichen: In den digitalen Führungen kann das gezeigt werden, was seit 2015 für Besucher nicht mehr zugänglich ist, die ständigen Sammlungen zu Urgeschichte und Römerzeit. "Der Verlust an Fläche aufgrund des Sanierungsstaus führt dazu, dass bereits eine komplette Schülergeneration keinen Zugang mehr zu den Originalen der Pfälzer Geschichte hatte", bedauert Museumsdirektor Alexander Schubert. Dank Vimuki könnten die Schülerinnen und Schüler die Objekte wieder hautnah erleben - das sei viel eindrucksvoller, als nur darüber zu lesen.
Corona hat der Digitalisierung an den Schulen einen Schub gegeben. "Digitale Angebote sind der neue Standard", ist sich Simon Matzerath sicher. Und Chatérine Biasini, die Projektleiterin für Vimuki in Speyer, hofft, dass perspektivisch nicht nur Schüler von Livetouren und einem barrierefreien Zugang zum Speyerer Museum profitieren werden. "Es sind viele weitere Einsatzmöglichkeiten denkbar", sagt sie. Im zweiten Halbjahr sollen auch die Sonderausstellungen über Live-Führungen digital zugänglich gemacht werden.
Das technische Setup für die Führungen ist bewusst schlank gehalten. Angela Pfenninger filmt sich selbst mit dem Handy; der Regieplatz unterscheidet sich kaum von einem herkömmlichen Arbeitsplatz. Als Konferenz-Software ist Big Blue Button im Einsatz. Open Source und Datenschutz-konform. Vimuki wurde als europäische Marke eingetragen. Während der Testphase können weitere Museen kostenfrei "onboarden"; die Teilnahme an den Live-Führungen wird kostenpflichtig sein. Welche Gesellschafterform die Plattform erhalten soll, ist derzeit noch offen. Möglich wurde das Tandemprojekt durch eine Förderung mit Bundesmitteln: "Museum 4 Punkt 0" vernetzt und unterstützt Kultureinrichtungen deutschlandweit auf ihrem Weg in die Digitalität, gesteuert durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
Die Plattform, derzeit allerdings noch "Baustelle", wird hier zu finden sein: www.vimuki.org
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