Caritas bildet Mentoren aus
“Ohne Vorurteile ginge es uns allen besser“

Stefan Krantz von der Kolpingfamilie hat sich zum Demokratieberater ausbilden lassen und will sich einbringen in gesellschaftliche Diskussionen | Foto: Dr. Christine Kraus
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Speyer | Klingenmünster. „Es darf keine Ausgrenzung in irgendeiner Form geben“, sagt Stefan Krantz. Der stellvertretende Vorsitzende des Kolping Diözesanverbands Speyer hat daher am Projekt „Zusammenhalt durch Teilhabe – Gelebte Demokratie“ des Caritasverbands für die Diözese Speyer teilgenommen und sich zum „Mentor für gesellschaftlichen Zusammenhalt“ ausbilden lassen. Er war der einzige ehrenamtliche Teilnehmer. Zusammen mit elf hauptamtlichen Caritas-Mitarbeitern aus verschiedenen Einrichtungen aus der ganzen Diözese hat er sich im Zeitraum von Februar bis Juni an fünf Samstagen im Stiftsgut Keysermühle in Klingenmünster getroffen.

„Ausgrenzung, Rassismus und Sexismus sind so stark im Kommen. Ich habe diese Ausbildung gemacht, weil mich dieses Thema umtreibt“, sagt Stefan Krantz und dafür habe er sehr gerne seine Freizeit geopfert. Die fünf Projekttage seien sehr interessant, lehrreich und kurzweilig gewesen, so Krantz. Immer wieder habe es in der Gruppe Spiele gegeben. Krantz erinnert sich an ein Würfelspiel am ersten Seminartag, bei dem jeder, der auf ein bestimmtes Feld kommt, die Spielregeln neu bestimmen kann. „Es ist interessant zu erleben, wie erwachsene Menschen wegen ein paar Schokoriegeln Regeln neu definieren. Wir sind über uns selbst erschrocken.“ Das habe ihm schon am ersten Kurstag die Augen geöffnet, als sich die Teilnehmer damit auseinandergesetzt haben, was Demokratie und demokratische Prozesse überhaupt sind.

Mit Vorträgen, praktischen Übungen und Gruppenarbeiten seien die Seminartage abwechslungsreich gestaltet gewesen, sagt auch Mathias Schappert, der das Projekt von der Caritas mit begleitet hat. „Manchmal war das aber auch schwere Kost“. So ging es am zweiten Kurstag um gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung. Er selbst habe das persönlich noch nicht erlebt, doch andere Teilnehmer hätten da eindrucksvolle Erlebnisse geschildert, sagt Krantz. Für ihn sei interessant gewesen, wie unterschiedlich Situationen von verschiedenen Personen aufgefasst werden können.

„Jeder Mensch hat Merkmale, anhand derer er diskriminiert werden könnte“, weiß Mathias Schappert. Die Seminarteilnehmer haben in Planspielen erlebt, was durch Gruppendynamik erreicht werden kann, wie es zu Anführern und Mitläufern kommt, aber auch, wie man solche Prozesse stoppen kann. Neu sei die Erkenntnis für ihn zwar nicht, aber er habe daraus gelernt, dass er feinfühliger und bewusster mit solchen Situationen umgehen und sich seiner Vorbildfunktion noch bewusster sein wird, erklärt Stefan Krantz.

Das Thema wertschätzende Kommunikation stand im Mittelpunkt des dritten Seminartages, an dem die Teilnehmer erfahren haben, was Sprache im positiven wie negativen Sinn alles bewirken kann. Wie funktioniert Teilhabe und was sind die Gründe, die eine Teilhabe blockieren? Das war das Thema des vierten Tages, bei dem klar wurde, dass es nicht nur körperliche oder seelische Einschränkungen sind, sondern dass auch zum Beispiel Armut oder Wohnungslosigkeit Teilhabe verhindern. Das Thema „Religion und Politik – Kirche und Demokratie“ wurde am letzten Projekttag behandelt. „Kirche ist gerade im Sozialbereich ein ganz wichtiges Sprachrohr und sollte sich auch zu Wort melden“, weiß Stefan Krantz.

„Nach jedem Projekttag bin ich nach Hause gefahren und habe gedacht: wow, das hat mir was gebracht“, blickt Krantz zurück auf das Projekt. Sehr wertvoll sei es für ihn gewesen, die Sichtweise der anderen kennenzulernen. Frauen würden manches anders sehen als Männer. Der Teilnehmer mit vietnamesischen Wurzeln habe auch ganz andere Erfahrungen gemacht. „Ich bin jetzt in der Lage, mehr von außen darauf zu blicken“, stellt Krantz fest. Vieles habe er zwar vorher schon gewusst, jetzt sei es ihm aber richtig bewusst geworden.

Am Ende des Projektes haben die Teilnehmer eine Urkunde bekommen, die sie als „Mentor*innen für Gesellschaftlichen Zusammenhalt“ ausweist. Krantz hat sich darüber gefreut, macht aber deutlich: „Ich mache es nicht für ein Stück Papier. Ich will das auch vor Ort umsetzen.“ Bei Kolping vor Ort oder im Diözesanverband, im täglichen Leben und auch bei seinem politischen Engagement als Stadtrat in seinem Wohnort Frankenthal.

„Wenn jeder ein bisschen auf den anderen schauen würde und es keine Vorurteile gäbe, ging es uns allen besser“, ist er überzeugt. So ist es ihm zum Beispiel wichtig, dass man allen Menschen, die das möchten, auch bei Kolping eine Heimat gibt. Für seine Kolpingfamilie in Frankenthal plant er Diskussionsabende zum Thema Diskriminierung. Das Projekt hat Krantz als eine wertvolle, fundierte Ausbildung erlebt. Nun ist es ihm wichtig, dass das, was er gelernt hat, auch Anwendung findet, es in irgendeiner Form weitergeht. „Ich würde mich freuen, wenn das Bistum oder der Caritasverband nun auf mich zukäme und mich einbindet. Ich bin bereit“, sagt er.

„Zusammenhalt durch Teilhabe“

„Zusammenhalt durch Teilhabe“ ist ein Programm, das das Bundesinnenministerium seit 2010 mit jährlich zwölf Millionen Euro fördert. Unterstützt werden damit Projekte zur Stärkung demokratischer Teilhabe und gegen Extremismus. Zielgruppe dieser Projekte sind Haupt- und Ehrenamtliche in Vereinen, Verbänden und landesweit tätigen Helferorganisationen. Sie sollen als Demokratieberater ausgebildet werden und fungieren als Mediatoren in ihrem Umfeld.

Stand März 2022 haben bundesweit mehr als 2.000 Personen erfolgreich an dem Programm teilgenommen. Der Diözesan-Caritasverband Speyer ist einer von bundesweit drei Caritasverbänden, der an dem Programm teilnimmt. Das Projekt wurde nun schon zum zweiten Mal angeboten, sagt Mathias Schappert. 2018 wurde es caritasintern angeboten, diesmal, in 2022, geöffnet für andere Interessierte. Ihm selbst habe es viel Spaß gemacht und er habe eine sehr begeisterungsfähige Teilnehmergruppe erlebt. Ob das Projekt in Zukunft noch einmal angeboten werden kann, stehe noch nicht fest, sagt Schappert. „Aber wir würden es uns wünschen.“ Dr. Christine Kraus

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Autor:

Cornelia Bauer aus Speyer

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