Studie zu sexuellem Missbrauch
Wie konnte das geschehen, vertuscht und totgeschwiegen werden?

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Speyer. Die Studie der Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Speyer (UAK) beginnt. Unter der Leitung der Historikerin Prof. Dr. Sylvia Schraut wird die Studie als unabhängiges Projekt an der Universität Mannheim durchgeführt. Die Finanzierung übernimmt das Bistum Speyer.

Das Forschungsprojekt „Sexueller Missbrauch im Bistum Speyer durch katholische Priester, Diakone, Ordensangehörige und Mitarbeitende des Bistums (ab 1946)“ verfolgt aufbauend auf den Ergebnissen der schon vorliegenden Studien aus anderen Bistümern einen interdisziplinären Ansatz.

Das geschichtswissenschaftlich angelegte Projekt hat über die Geschichtswissenschaft hinaus einen verwaltungswissenschaftlichen und einen sozialpädagogischen Schwerpunkt. Untersucht werden die Formen des sexuellen Missbrauchs im Bistum Speyer in ihrer zeitlichen Entwicklung seit 1946. Analysiert wird auch, wie in den betroffenen Kirchengemeinden die Repräsentanten kirchlicher Einrichtungen, das Ordinariat und die Gläubigen mit Missbrauchsvorwürfen umgingen. Zentrale Themenfelder werden neben der quantitativen und qualitativen Erfassung des Missbrauchsgeschehens die Analyse von Missbrauchs-Gelegenheitsorten und Beschuldigten-Netzen sein.

Opfer bricht nach fast 50 Jahren das Schweigen

Im Bereich der Erforschung der Ursachen des sexuellen Missbrauchs wird ein besonderes Augenmerk auf Formen des Klerikalismus gelegt werden. In welchem Maße hatte der Schutz der Priester Vorrang vor dem Schutz der Betroffenen? Welche Rolle spielte das katholische Umfeld bei der Vertuschung von Missbrauchsgeschehen? Wie ist zu erklären, dass nicht selten Angehörige der Betroffenen und Mitwisser in den Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen die Augen vor dem Geschehen schlossen? Welche Rolle spielen weltliche Instanzen, beispielsweise Jugendämter, bei der Verharmlosung von Missbrauchsvorwürfen?

Die bisherigen Vorarbeiten der UAK zur Studie haben ergeben, dass es, wie in anderen Bistümern auch, in Speyer in einer Reihe von kirchlichen, zum Teil von Orden getragenen Einrichtungen, zu sexuellen Missbrauchsfällen kam. Auf sie wird besonderes Augenmerk gerichtet werden, ebenso wie auf erkennbare räumliche und zeitliche Verdichtungen (Wirkungsorte der Beschuldigten und Jahrzehnte mit besonders häufigen Vorwürfen) rund um das Missbrauchsgeschehen.

"Das Gutachten hat eingeschlagen wie eine Bombe"

Um die Ursachen der fehlenden Verhinderung des sexuellen Missbrauchs herausarbeiten zu können, wird das Projekt die Wirkung innerkirchlicher Organisationsstrukturen sowie zeittypische Merkmale des Umgangs mit Sexualität, sexuellem Missbrauch und der Wertschätzung von Kindern in den Blick nehmen. Auf der Basis der Ergebnisse der genannten Schwerpunkte wird das Projekt ausgewählte Einzelfallanalysen vornehmen. Ziel ist nicht die Frage nach dem „Was“ (das vielfach bekannt ist aus anderen Bistümern), vielmehr die Frage nach dem „Wie“ (Wie und warum konnte das geschehen, vertuscht und totgeschwiegen werden?).

Die Laufzeit des Projektes ist mit vier Jahren angesetzt. Im Rahmen des Projekts ist geplant, der Öffentlichkeit zwei Studien vorzulegen, zum einen eine Strukturanalyse des sexuellen Missbrauchs im Bistum Speyer (Ende des zweiten Forschungsjahres), des Weiteren die Ergebnisse der differenzierten Fallanalysen (Ende des vierten Forschungsjahres).

"Wir brechen das Schweigen"

Mitglieder der Unabhängigen Aufarbeitungskommission des Bistums Speyer sind Mareike Ott (Vorsitzende, Diplom-Psychologin), Dr. Karl Kunzmann (stellvertretender Vorsitzender/Vertreter des Katholikenrats im Bistum Speyer), Wolfgang Becker (Amtsgerichtspräsident a.D., nominiert durch die Landesregierung des Saarlandes), Bernd Held, Vorsitzender des Betroffenenbeirates sowie eine weitere vom Betroffenenbeirat gewählte Person. Ansprechpartnerin für das Forschungsprojekt ist Prof. Dr. Sylvia Schraut, E-Mail: uak-bistum-speyer@posteo.de bis zur Einrichtung einer eigenen e-mail-Adresse an der Universität Mannheim. Schraut und die Mitglieder der UAK erhoffen sich den Kontakt mit zahlreichen gesprächsbereiten Betroffenen, Familienangehörigen und Zeitzeugen.

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Cornelia Bauer aus Speyer

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