Zeig uns Dein Ehrenamt: "Man darf nicht nur fordern, man muss auch mit anpacken"
Speyer. Was bringt Menschen dazu, sich ehrenamtlich in der Kommunalpolitik zu engagieren? Und das in einer Zeit, in der Politikern - ganz gleich, ob auf Bundesebene, im Land oder lokal - ein harter Wind ins Gesicht weht. Der Ton ist - angeheizt vom Klima in den oft gar nicht sozialen Medien - rauer geworden. Lokalpolitiker sind besonders häufig Opfer von Hass und Hetze. Im Netz und im echten Leben.
"Man kann nicht nur fordern, man muss auch mit anpacken." Davon ist Aurel Popescu überzeugt. Für den Fraktionsvorsitzenden der Linken im Speyerer Stadtrat war es eine logische Konsequenz aus seinem ehrenamtlichen Engagement im sportlichen Bereich heraus auch kommunalpolitisch Verantwortung zu übernehmen. Er will in der Stadt, in der er lebt, etwas bewirken. Seit 2014 sitzt er für Die Linke im Stadtrat; seit 1. Januar 2020 ist er ihr Fraktionsvorsitzender. Popescu sagt über sich selbst, dass er schon immer ein politischer Mensch war. Dennoch: Die kommunalpolitische Arbeit ist nicht immer ein reines Vergnügen.
Und nichts für Menschen, die an einfache und schnelle Lösungen glauben wollen. "Die Antworten sind oft sehr komplex, da heißt 'schnell und einfach' eben dann auch unseriös", sagt Popescu. Wenn Themen sich hinzögen, dann bedeute das nicht, dass hinter den Kulissen nicht daran gearbeitet werde. "Lösungen dauern", weiß der 49-Jährige aus seiner kommunalpolitischen Erfahrung. Doch für den politischen Prozess interessierten sich nur wenige - und dann auch nur da, wo es sie unmittelbar betreffe.
In den sozialen Medien gibt es viel Hass und Hetze
Für Kommunalpolitiker sei es insgesamt schwieriger geworden. Im Schutz der Anonymität auf Facebook & Co. ließen viele Nutzerinnen und Nutzer ihrem Frust freien Lauf; sie hetzen, schimpfen, drohen und beleidigen, wollen selbst aber keinerlei Verantwortung übernehmen. Sie scheinen das Vertrauen in die Politik verloren zu haben und wählen am Ende die, die einfache Lösungen versprechen. Wie sich die politische Diskussion wieder versachlichen ließe, wie diese ungute Entwicklung aufzuhalten wäre - auch Aurel Popescu hat keine Patentlösung. Aber er ist sich sicher, wie's nicht geht: "Es ist fatal, wenn Politiker etablierter Parteien jetzt einfach nachsprechen, was Rechtsradikale fordern."
Der gebürtige Münchner ist sich sicher: "Die Konzentration auf das Thema Migration wird die Probleme in unserem Land nicht lösen." Wünschen würde er sich eine bundesweite Strategie, wie Hass und "alternativen Fakten" im Internet begegnet werden könnte. Versäumnisse sieht er mit Blick auf das Wahlverhalten gerade junger Menschen bei den etablierten Parteien. "Dieses Alterssegment wird nicht erreicht - man bemüht sich aber auch nicht sonderlich darum", bemängelt er. Die Pandemie habe den Egoismus in der Gesellschaft befeuert, anstatt Solidarität zu säen - und zugleich die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander klaffen lassen. Trotz alledem: Gerade für Menschen, die über keine Lobby verfügen, möchte Aurel Popescu auch weiterhin Kommunalpolitik machen.
Das Ehrenamt hat Zukunft
Immer weniger Menschen interessieren sich fürs Ehrenamt in Vereinen und Verbänden. Stimmt das? Und, wenn ja, was kann man tun, um die Entwicklung aufzuhalten oder gar umzukehren? Wochenblatt, Stadtanzeiger und Trifelskurier nehmen die „Woche des bürgerschaftlichen Engagements“ von 20. bis 30. September zum Anlass, um in ihren Printausgaben sowie auf dem Mitmachportal wochenblatt-reporter.de über ehrenamtliches Tun zu berichten, wir rufen aber auch unter dem Motto #zeigunsDeinEhrenamt dazu auf, als Leserreporter über das eigene Engagement zu schreiben, denn wir sind der Meinung: Das Ehrenamt hat Zukunft.
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