Hospizarbeit einfach mal neu denken
Hospizbegleiter*innentag im Heinrich Pesch Haus

Pflege Symbolbild | Foto: chompoo/stock.adobe.com
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Speyer. Fachliche Impulse, Wohlfühl-Workshops und Raum für Austausch – all das gab es für die über 100 Teilnehmenden beim diesjährigen Hospizbegleiter*innentag am Samstag, 16. September, im Heinrich Pesch Haus. Im Mittelpunkt stand die Frage: „Hospizliches Ehrenamt weitergedacht – was braucht es jetzt?“

Einmal im Jahr lädt die Ökumenische Hospizhilfe Pfalz/Saarpfalz alle ehrenamtlichen Hospizbegleiter*innen zu einem Hozpizbegleiter*innentag ein. „Sie sind eine wichtige und wertvolle Stütze der Hospizarbeit. Der heutige Tag ist ein Zeichen der Wertschätzung für Ihren außerordentlichen Einsatz“, begrüßte Diözesan-Caritasdirektorin Barbara Aßmann, Vorsitzende der Ökumenischen Hospizhilfe Pfalz/Saarpfalz, die Ehrenamtlichen. Die Ehrenamtlichen seien „Zeitverschenker“, so Aßmann, und zitierte die Romanfigur „Momo“ von Michael Ende: „Zeit ist Leben und Leben wohnt im Herzen“.

Hospizbewegung ist eine Graswurzelbewegung
Anschließend gab die Soziologin Dr. Swantje Goebel Anregungen für die Entwicklung der Hospizarbeit. Dafür blickte sie zunächst auf die bereits erzielten Erfolge zurück: „Die Hospizbewegung ist eine Graswurzelbewegung“, sagte sie. Die Bürgerbewegung habe es geschafft, sich als feste, eigene Säule im Gesundheitswesen zu integrieren. „Sie ist angetreten, dem Sterben den Schrecken zu nehmen und hat es geschafft, eine neue Sterbekultur zu implementieren.“ Ziel sei Lebensqualität – „und die bestimmt jede und jeder selbst“. Swantje Goebel führte weiter aus, dass sich die Hospizarbeit am individualisierten Menschenbild orientiere. Ein wichtiger Punkt dabei sei die Würde. „Das Gefühl, die eigene Würde verloren zu haben, kann dazu führen, dass ein Mensch nicht mehr leben will“, erläuterte sie.

Ehrenamt ist gelebte Solidarität
„Das Ehrenamt war, ist und bleibt in der Hospizarbeit unverzichtbar“, wandte sich die Referentin dem nächsten Thema ihres Vortrags zu. „Es sind die Ehrenamtlichen, die dafür sorgen, dass schwer Kranke und Sterbende in der Gesellschaft angebunden bleiben. Ehrenamt ist gelebte Solidarität“, hob sie hervor. Nicht zu vergessen die Wirkung ihrer Arbeit in die Gesellschaft hinein. „Wir haben Sterben und Tod aus der Tabu-Ecke geholt“, sagte Swantje Goebel – eine These, die für kontroverse Diskussionen im Plenum sorgte.

Hospizarbeit muss bunter werden

Einig waren sich die Teilnehmenden dann darüber, dass die Hospizbewegung für die Akzeptanz des Sterbens werbe und Menschen ermutige, sich mit dem eigenen Sterben auseinanderzusetzen. Bei aller positiver Entwicklung und Bedeutung der Hospizarbeit benannte die Referentin ein Problem: „Die Hospizarbeit ist erstaunlich homogen. Die gesellschaftliche Mitte begleitet die gesellschaftliche Mitte. Das haben Studien gezeigt“, sagte sie. Hospizarbeit müsse breiter wirken und bunter gestaltet werden, um mehr Menschen zu erreichen. „Hospizkultur muss überall dorthin gebracht werden, wo Menschen schwer krank und sterbend sind – alles andere genügt nicht!“, forderte sie. So müsse die Hospizkultur beispielsweise in Pflegeeinrichtungen etabliert werden. Auch Nachbarschaftshilfe könne mit dem Hospizgedanken verknüpft werden
Als einen Ansatz für die Zukunft stellte sie die Idee einer kommunalen Sorgekultur vor. Hier werden leerstehende Räume für die Hospizarbeit und deren Verbreitung genutzt. Hospiz-Kurzzeitpflege, ein Ethikkonzil oder Angebote für die Entlastung von Angehörigen seien hier denkbar.

Demenz gefragtes Thema
Das Gehörte vertieften die Teilnehmenden am Nachmittag in Workshops. Es ging um Lebenswege ins Hospizengagement, um meditativen Tanz oder Yoga. „Besonders gefragt sind die Workshops zur Gelassenheit und die Sterbebegleitung bei Menschen mit Demenz. Kein Wunder, denn gerade mit Demenz haben alle zu tun,“, sagte Daniela Ball-Schotthöfer, Geschäftsführerin der Ökumenischen Hospizhilfe Pfalz/Saarpfalz.
Das bestätigten die Teilnehmenden. „Demenz ist ein großes Thema. Wir hoffen, heute etwas dazuzulernen“, sagten Daniela Kempter-Roth und Hermann Radenheimer vom ambulanten Hospiz in Rockenhausen. Ein schönes Gemeinschaftserlebnis ist der Tag für eine neunköpfige Gruppe aus dem Saarland. Sie freuen sich besonders auf „die immer wieder spannenden und tollen Vorträge“. Die Hospizbegleiter*innen engagieren sich ehrenamtlich, um der Gesellschaft etwas zurückzugeben. „Ein bisschen Eigennutz ist auch dabei“, räumt Martina Holle ein. Denn in der Ausbildung habe sie sich mit den Themen Sterben und Tod befassen müssen – „Themen, die von der Gesellschaft leider verdrängt werden“.

Besser vorbereitet auf Sterben und Tod
Linda Mißkam und Ursula Weber, die sich im Ludwigshafener Hospiz Elias engagieren, schätzen am jährlichen Hospizbegleiter*innentag besonders das Zusammensein und den Austausch mit anderen. Seit neun und acht Jahren sind sie nun schon als Hospizbegleiterinnen im Einsatz und mit ganzem Herzen dabei: „Man bekommt viel zurück, auch für die eigene Weiterentwicklung“, benennt Linda Mißkam ihre Motivation. Und noch einen Vorteil sieht sie in ihrem Engagement: „Ich bin besser vorbereitet auf Sterben und Tod als andere“.
Auch im kommenden Jahr wird es wieder einen Hospizbegleiter*innentag geben: Der Termin ist der 21. September 2024. red

Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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