Jumelage Neustadt-Mâcon: 60 Jahre Élysée-Vertrag

Die Familie Hetterich mit Papa Hetterich, Hartmut Hetterich, Mama Hetterich, dem Ausstauschschüler Pierrot Lagrange und Schwester Ute Hetterich im Hof ihres Anwesens in der Schillerstraße 32.  Fotoarchiv: Hartmut Hetterich
  • Die Familie Hetterich mit Papa Hetterich, Hartmut Hetterich, Mama Hetterich, dem Ausstauschschüler Pierrot Lagrange und Schwester Ute Hetterich im Hof ihres Anwesens in der Schillerstraße 32. Fotoarchiv: Hartmut Hetterich
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Von Hartmut Hetterich

Neustadt/Mâcon.Anlässlich des 60. Geburtstags des Élysée-Vertrags, wie der deutsch-französische Freundschaftsvertrag meist genannt wird, erinnert sich der bekannte Neustadter Chorleiter Hartmut Hetterich an den ersten Schüleraustausch, der 1957 zwischen Neustadt und Mâcon stattgefunden hat. Hetterich war damals Schüler am Leibniz-Gymnasium.

Im letzten Grundschuljahr der damaligen Westschule Neustadt hatten wir die Chance, zusätzlich ersten Französischunterricht zu erhalten. Die Lehrerin, Madame Bohner, war bereits pensioniert. Mit ihrer liebenswürdigen und kompetenten Art vermittelte sie Grundlagen, welche uns später im Gymnasium zugute kamen. 1953 – 1959 war ich Schüler im Staatlichen Neusprachlichen und Naturwissenschaftlichen Gymnasium (heute Leibniz-Gymnasium). Unsere 1. Fremdsprache war Französisch, ab der 3. Klasse Englisch.
1956 erhielten wir Informationen für einen Schüleraustausch mit Jugendlichen aus unserer Partnerstadt Mâcon in Burgund. Meine Eltern waren sofort damit einverstanden und sprangen über den Schatten des Krieges und der Kriegsgefangenschaft.
Oberstudienrat Hugo Kögler, vom Lyceum (heute Käthe-Kollwitz-Gymnasium) und Prof. Bernard Humblot waren die Ideengeber und Motoren des 1. Schüleraustausches an Ostern 1957.
Ich war natürlich dabei. Was mich besonders freute: Bald danach wurde eine Schule für die Kinder der Französischen Garnison an der Wallgasse erbaut. Sie erhielt den Namen Ecole-Bernard-Humblot. Im Neubaugebiet südlich des Hetzelstift entstanden der Mâconring und die Bernard-Humblot-Straße.
Was mich stört: Dem deutschen Idealisten Hugo Kögler ist meines Wissens bis heute diese Ehre nicht widerfahren. Aus diesem Grunde habe ich vor einigen Jahren ein Schreiben an den Bürgermeister von Mâcon verfasst und ihm die Kopie der Stiftungsurkunde für eine Orgelpfeife der Stiftskirche zugefaxt, welche an Hugo Kögler und Bernard Humblot erinnern soll. Meine Anregung, unseren Mitinitiator so zu würdigen, wie seinen französischen Kollegen bei uns, hat offenbar keine Entsprechung gefunden, nicht einmal einen Dank.
Aber zurück zur Mâcon-Reise: Die lange nächtliche Zugfahrt nach Mâcon war abenteuerlich. Gleich nach der Ankunft wurden wir auf dem Bahnhofsvorplatz offiziell begrüßt. Dann erfuhren wir, wer unsere Gastfamilie ist, mit Küsschen links und rechts (oder umgekehrt?) willkommen geheißen und schließlich von ihr nach Hause gebracht. Wir hatten nur wenige Meter vom Bahnhof. Mein Austauschpartner hieß Pierrot Lagrange. Sein Vater André war ein wohlhabender Repräsentant eines Treibstoffkonzerns, zuständig für das Departement Saône et Loire. Natürlich fuhr er einen gepflegten Wagen. Geparkt wurde er in der gegenüberliegenden riesigen Garage. Dergleichen hatte ich noch nie gesehen bzw. gerochen. Pierrots Eltern waren ausgesprochen liebe Menschen. Madame kümmerte sich rührend um mein Wohlergehen und brachte mir behutsam bei, dass man in Frankreich alle Menschen, die man mag, stets mit Küsschen begrüßt und verabschiedet. Das war für mich ungewohnt, denn „ein Kuss“ war das Vorrecht der aller engsten Familienmitglieder. Abends kam Monsieur von einem langen Arbeitstag zurück. Die Begrüßung war ebenfalls sehr herzlich. Während meiner drei Wochen nahm er sich oft Urlaub, um mir nicht nur die nähere Umgebung, sondern auch das Departement zu zeigen (Roanne, Solutré, Loireschloß Chenonceau, Barrage Génissiat, Lyon Notre Dame de Fourfière, Stufen, Seidenweberei usw.). Nach dem Abendessen spielten Vater und Sohn wunderbar zweistimmig Geige. Wir durften gelegentlich am Schulunterricht teilnehmen. In der ganzen Verwandtschaft wurde ich herumgereicht. Wäre ich nur nicht so schüchtern gewesen. Es waren mehrere wahnsinnig hübsche „kleine Fanzösinnen“ da und die flirteten drauflos, doch ich verstand diese Signale (noch) nicht. Da wurde mir immer wieder bewusst, was diejenigen verpassten, welche die gleiche ordentliche Erziehung genossen hatten, wie ich.
Als wir am ersten Abend gemütlich im Wohnzimmer Platz genommen hatten, durfte ich ein Violinkonzert von Vater und Sohn genießen. Derweil stellte Madame in der Küche das Abendessen fertig und das war eine echt burgundische Komposition. Natürlich durften auch Pierrot und ich ein kleines Gläschen Burgunderwein (Beaujolais) trinken. Nach dem Essen wechselten wir auf Sofa bzw. Sessel. Pierrot brachte einen Aschenbecher, eine Schachtel Zigaretten und Streichhölzer. Sein Vater bot mir eine Filterzigarette an, doch ich lehnte ab. Staunen allseits. Herr Lagrange fragte, warum ich ablehne, und ich bekannte, dass mir dies zuhause nicht erlaubt sei. Schon war er am Telefon und rief bei uns in Neustadt an. Mama freute sich über die guten Nachrichten, doch dann wurde sie mit der speziellen Frage konfrontiert. Kurze Funkstille - für die Entscheidung des Familienrates - und die fiel positiv aus. „Na, wer sagt’s denn?“, war wohl Vater Lagranges freudiger Kommentar. Zum Glück wurde mir nicht schlecht, aber es waren ja auch keine „Gitanes“ oder „Gauloises“, sondern feinste Sorte. Daher vielleicht später meine Vorliebe für „Astor mit Korkmundstück“.
Natürlich durfte ich auch das Wochenendhaus besichtigen, welches seit mehreren Generationen zur nahen Erholung diente. Es war ein einstöckiges Gebäude aus behauenen (geprellten) Sandsteinen mit allen Annehmlichkeiten, also kein Museum, mitten in einem schön angelegten Garten. Irgendwann schickte Pierrot ein Foto mit, auf welchem er sich auf einen Spaten stützt. Text: „Umgraben ist ein schweres Arbeit. Der Deutsche lebt, um zu arbeiten, der Franzose arbeitet um zu leben.“ Wie wahr, wie wahr! Wir beide hatten oftmals Probleme mit den Artikeln: Le père – der Vater, le beure – die Butter, le pain – das Brot,
la mère – die Mutter, le mer – das Meer... Oft fragte er: „Wie sagt der Deutsche: der, die ou das (Stuhl etc.)?“
Im Sommer 1957 kamen die Franzosen zu uns. An Ostern 1958 waren wir wieder bei ihnen.
Im Sommer 1958 wieder bei uns.
Am 6. April begann meine Bundeswehrzeit. Meine Ansichtskarten aus Fritzlar sind vielleicht im Kasernenpostamt „aus dem Verkehr gezogen“ worden. Das war das Ende der zuvor so schönen Kontakte.

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Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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