Geschätzt eine halbe Million Parkinson-Betroffene in Deutschland
Welt-Parkinson-Tag am 11. April

Wilfried Scholl,  Landesbeauftragter Rheinland-Pfalz der Deutschen Parkinson Vereinigung e.V., Ria Gerike und Timo Lehmann | Foto: Jens Vollmer
  • Wilfried Scholl, Landesbeauftragter Rheinland-Pfalz der Deutschen Parkinson Vereinigung e.V., Ria Gerike und Timo Lehmann
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Der Welt-Parkinson-Tag wird jährlich am 11. April begangen. Er erinnert nicht nur an den englischen Arzt und Apotheker James Parkinson, der im Jahr 1817 in seinem Aufsatz erstmals die Symptome der später nach ihm benannten neurologischen Erkrankung beschreibt. Vor allem soll dieser Tag eine Krankheit in den Fokus rücken, an der weltweit derzeit über vier Millionen Menschen leiden. Das Wochenblatt sprach im Vorfeld mit Wilfried Scholl, dem Landesbeauftragten Rheinland-Pfalz der
Deutschen Parkinson Vereinigung e.V.

von Jens Vollmer

???: Herr Scholl, wie viele Menschen sind in Deutschland an Parkinson erkrankt?
Scholl: „Die Zahl der an Parkinson Erkrankten wird in Deutschland auf nahezu 350.000 geschätzt. Rechnet man die Dunkelziffer hinzu, kommt man durchaus in Deutschland auf fast eine halbe Million Parkinson-Betroffene, die unter den vier Hauptsymptomen der Parkinson-Krankheit leiden.“

???: Welche Ursachen hat die Krankheit?
Scholl: „Morbus Parkinson ist eine fortschreitende Erkrankung des Gehirns. Sie zeichnet sich vor allem durch die Unfähigkeit des Körpers aus, zielgerichtete Bewegungen auszuführen. Die Beschwerden, die bei der Parkinsonkrankheit auftreten, lassen sich auf einen Mangel des Botenstoffs Dopamin im Gehirn zurückführen. Ursache ist das Absterben von Zellen in einem bestimmten Bereich des Gehirns, der aufgrund seiner Farbe „Substantia nigra“ (schwarze Substanz) genannt wird. Durch den Mangel an Dopamin gerät das natürliche Gleichgewicht der bei der Reizleitung über Nervenverbindungen hinweg tätigen Botenstoffe (neben Dopamin auch Acetylcholin oder Glutamat) durcheinander. Als Folge ist keine „flüssige“ Steuerung der Bewegungsabläufe mehr möglich. Die ersten Symptome treten erst zutage, wenn bereits etwa zwei Drittel der Dopamin produzierenden Nervenzellen geschädigt oder abgestorben sind. Da die Nervenzellen vom Körper nicht mehr nachgebildet werden können und man die genauen Ursachen ihres Absterbens nicht kennt, ist Morbus Parkinson unheilbar.“

???: Woran kann der Laie Parkinson erkennen?
Scholl: „Die Parkinson-Erkrankung fällt vor allem dadurch auf, dass flüssige Bewegungsabläufe immer schwerer fallen. Zu den vier wichtigsten Symptomen gehört zum einen das Zittern in Ruhe (Ruhetremor). Es tritt in der Regel zunächst nur auf einer Körperseite auf oder ist auf einer Körperseite stärker ausgeprägt. Die Arme sind davon meistens stärker betroffen als die Beine. Bei gezielten Bewegungen oder starker Anspannung der Muskulatur verschwindet das Zittern.
Hinzukommt eine wachsende Unbeweglichkeit (Bradykinese, Akinese). Ehemals flüssige Bewegungsabläufe fallen immer schwerer. Am ehesten bemerkt man dies zunächst beim Schreiben, beim Nähen, beim Zähneputzen, bei handwerklichen Tätigkeiten oder beim Spielen eines Musikinstrumentes. Mit fortschreitender Krankheit wird die Akinese schlimmer.
Ein weiteres Handicap ist die Steifheit (Rigor), denn beim Parkinson-Patienten befindet sich die Muskulatur in einem ständig erhöhten Spannungszustand. Dieser erhöhte Spannungszustand tritt an den gleichen Gliedmaßen auf wie das Zittern oder die Einschränkung der Beweglichkeit. Die Betroffenen verspüren eine Art Starrheit oder Schweregefühl und haben den Eindruck, ihr Arm sei „wie gelähmt“. Die Muskelversteifungen können zudem mit schmerzhaften Krämpfen einhergehen.
Das vierte Symptom ist eine Haltungsinstabilität (posturale Instabilität). Aufrechter Gang und Gleichgewicht werden durch ein äußerst komplexes Regulationssystem sichergestellt. Mit im Spiel sind Halte- und Stellreflexe, die automatisch geschehen. Da bei Parkinsonpatienten diese unwillkürlichen Bewegungen gestört sind, fällt es ihnen schwer, die aufrechte Haltung beizubehalten. Eine Folge davon sind Stürze.
Durch die Unbeweglichkeit und Steifheit verändert sich auch der Gesichtsausdruck der Betroffenen. Er wird starrer und unbeweglicher, ähnlich einem Wachsgesicht. Fremde, Bekannte, Freunde, aber auch die engsten Familienangehörigen nehmen die Betroffenen anders wahr, als diese sich selbst fühlen. Nach außen erscheinen sie möglicherweise ausdruckslos, verschlossen, teilnahmslos oder lustlos. Da zudem die für das Sprechen verantwortliche Muskulatur betroffen ist, kann es sein, dass die Stimme abflacht und leiser wird. Neben der Abnahme der Mimik sind Depressionen eine häufige Begleiterscheinung von Parkinson, ebenso wie Schlafstörungen und Störungen des vegetativen Nervensystems. Alle genannten Symptome können – müssen aber nicht - auftreten. Die Parkinson-Erkrankung ist so vielseitig, wie die Menschen selbst. Daher kann die Diagnosestellung unter Umständen recht schwierig sein.“

???: Gibt es Therapiemöglichkeiten bei der Parkinson-Erkrankung?
Scholl: „Solange die Ursachen nicht bekannt sind, kann es auch keine Behandlung geben, die das Übel an der Wurzel packt und damit eine Heilung bringt. Im Gegensatz zu vielen anderen Krankheiten des Nervensystems gibt es jedoch wirksame Medikamente, welche das Krankheitsbild über Jahre hinweg so unter Kontrolle halten, dass ein weitgehend normales Leben möglich ist. Neben Medikamenten, mit denen versucht wird, das Gleichgewicht der Botenstoffe wieder herzustellen, benötigen die Betroffenen begleitende Maßnahmen wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie (Sprachtherapie), Entspannungstherapien und gelegentlich auch Psychotherapie, beispielsweise gegen Depressionen.
Da die Krankheit schleichend verläuft, muss eine Behandlung nicht unmittelbar nach der Diagnose erfolgen. Patient und Arzt besprechen vielmehr gemeinsam, wann die Beeinträchtigung durch die Symptome so stark ist, dass Medikamente eingesetzt werden müssen.“

???: Neben Medikamenten sind aber auch Operationen möglich?
Scholl: „Mit hoch präzisen Operationen am Gehirn, wie etwa der tiefen Hirnstimulation (Hirnschrittmacher), kann bei bestimmten Patienten eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustandes erzielt werden. Das Fortschreiten der Krankheit lässt sich damit jedoch nicht aufhalten. Auch ist die Operation nicht bei allen Betroffenen möglich. In der Regel ist man bei Operationen eher zurückhaltend und setzt das gemeinsame Einverständnis des behandelnden Neurologen und des Neurochirurgen voraus.“

Termin:
Südwestdeutsche Parkinson-Tage am 8. und 9. Juni 2018 in Landstuhl,
Informationen und Anmeldung überWillfried Scholl, unter www.jupa-rlp.de,

Email: kontakt@jupa-rlp.de oder Telefon 06301 31759

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Autor:

Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern

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