Geheimnisvolle Heimat
Wo die Elwetritsche leben und wo man sie beobachten kann
Bellheim/Südpfalz. Was dem Bayer sein Wolpertinger sind dem Pfälzer seine Elwetritsch (auch Elwetrittche, Elwedritsch, Ilwedritsch – Plural: Elwetritsche(n)). Die Elwetritsch ist ein vogelähnliches Fabelwesen, von dessen Existenz in vielen Teilen Südwestdeutschlands, aber vor allem in Rheinland-Pfalz berichtet wird.
Man sagt, Elwetritsche sollen aus Kreuzungen von Hühnern, Enten und Gänsen mit im Wald lebenden Kobolden und Elfen entstanden sein – bildlich möchte sich das aber selbst der Ur-Pfälzer nicht vorstellen. Als „Geflügelähnliche“ legen sie selbstverständlich Eier, wie sich diese entwickeln, lässt sich hervorragend am Elwetritschebrunnen in Neustadt an der Weinstraße beobachten, an dem neben dem Fabelwesen selbst, seine Eier in verschiedenen Größen und Reifestadien künstlerisch dargestellt.
Überhaupt spielen Elwetritsche in der Pfalz und im Pfälzerwald eine wichtige Rolle, zwar hat kaum einer Beweise, viele behaupten jedoch, die mystischen Tiere schon einmal gesehen oder zumindest gehört zu haben. Viele Informationen konnten über die Wesen zwar noch nicht gesammelt werden, Beweise sind rar, aber vom Hören-Sagen weiß man, der Einheimische spricht den Elwetritschen durchweg positive Charaktereigenschaften zu.
Die Pfalz und ihr Fabelwesen
In Dahn gibt es einen Elwetritsche-Lehrpfad, auf dem Wissbegierige alles über das Fabeltier erfahren können, andernorts kann man sogar einen Elwetritsche-Jagdschein machen. Man sagt, jagen kann man die seltenen Fabelwesen nur in Neumond-Nächten, mit einem Sack, einer Öllampe und einem Knüppel. Auch der Alkohol soll – schützt er doch vor Angriffen der Elwetritsche – eine nicht unbedeutende Rolle bei deren Jagd spielen. Aber da man seltene, vom Aussterben bedrohte Tierarten bekanntlich nicht jagen soll, wollen wir doch viel lieber Elwetritsche beobachten, oder gar auf Kamera bannen. Nur an einem Ort in der Pfalz wurden die Voraussetzungen geschaffen, dies zu tun - die seltenen Elwetritsche zu beobachten und zu erforschen.
Aussichtsplattform für Elwetritsche
Achtung jetzt kommt ein Geheimtipp: Im Wald bei Bellheim gibt es eine Aussichtsplattform für Elwetritsche. Wer sich dort auf die Lauer legt, kann möglicherweise eines der seltenen Tierchen erspähen und auf einem Foto bannen. Schließlich fragen sich ja nicht nur die Forscher: Wie sieht eine Elwetritsche eigentlich aus? Langer Schnabel, bunter Schwanz, Kulleraugen - frage zehn Pfälzer, bekomme zehn Antworten.
Zurück zur Beobachtungsplattform: Sie befindet sich bei der Gedenktafel für das Schloss Friedrichsbühl – wer beim Schützenhaus/ am Abenteuerspielplatz parkt und Am Stockweg oder in dessen Umgebung spazieren geht, wird den geheimnisvollen Ort schnell finden - ein Schild weist den Weg. Eine kleine Wanderung zwar, eine Tour, die auch mit Kindern gut zu schaffen ist, aber wer Elwetritsche wirklich beobachten möchte, muss dennoch ein bisschen Zeit und Geduld mitbringen. Taucht eines der Tierchen auf, gilt: Nur schauen, eventuell filmen oder ein schnelles Bild machen – aber keinesfalls streicheln oder gar jagen – Elwetritsche sind seltene, feinfühlige Wesen – furchtsam und schüchtern.
Schließlich tragen sie ja immer auch ein bisschen Elfen (Elben) DNA in sich. Auch wenn die Herkunft und Bedeutung der Bezeichnung „Elwentrische“ heute immer noch für Streit unter Etymologen sorgt, steckt der „Elfenanteil“ des Fabeswesens ja schon in seinem Namen.
Man sagt übrigens, der Name könne möglicherweise mit dem Wort „elbentrötsch“ verwandt sein. Dieses Wort bezeichnet den Zustand, der eintritt, wenn ein Lebewesen von einem Pfeil, einem Blitz oder dem Atemhauch eines Elfen- oder Elbenwesens getroffen wird – ein bisschen berauscht, beduselt könnte man sagen. Und dass es im Pfälzerwald Elfen gibt, ja das erzählt man sich seit vielen Jahrhunderten schon.
Vermutet wird von einigen Sprachwissenschaftlern auch, dass das Wort Elwetritsch seinen Ursprung im Französischen hat. Der „triche des élèves“ oder „Eleventriche“ (Elsässisch) bezeichnet als „Eleven Ulk“ oder „Eleven-Schwindel“ einen Streich von Handwerksgesellen. Weniger romantisch, aber auch plausibel.
Interessant auch die Tatsache, dass die Pfalz lange bayerisch war und vielleicht deshalb die Tradition des Wolpertingers (Fabelwesen mit der abenteuerlichen Mixtur aus Hirsch, Hase, Ente, Murmeltier) in die hiesigen Wälder Einzug gehalten hat. Vielleicht haben die Einheimischen der Region hier einfach die Legenden der "Besatzer" übernommen. Möglicherweise ist der Mensch einfach immer nur auf der Suche nach der „eierlegenden Wollmilchsau“ und schafft sich deshalb Fabelwesen, die diesem Ideal verblüffend nah kommen.
Mehr geheimnisvolle Heimat
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
Heike Schwitalla auf Facebook |
2 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.