Reallabor "GO Karlsruhe" der Hochschule Karlsruhe stellt Ergebnisse der Experimente vor
Im Blick: Fußgängerverkehr in Karlsruhe

"GO Karlsruhe" am Mühlburger Tor" | Foto: Robert Blaszczyk
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Karlsruhe. Sowohl im Land Baden-Württemberg als auch für die Stadt Karlsruhe hat die Fußverkehrsförderung einen hohen Stellenwert. Im Rahmen des Fachseminars zur Fußverkehrsförderung "Gehen - sitzen - spielen" des Landes Baden-Württemberg präsentierten Wissenschaftler der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft am vergangenen Donnerstag Forschungsergebnisse aus dem Reallabor GO Karlsruhe.

Den Fußverkehr in Karlsruhe nicht nur für, sondern mit Fußgängern zu verbessern, ist das Ziel des Reallabors GO Karlsruhe. Die Besonderheit des Forschungsformats "Reallabor" besteht darin, dass Fußgänger und Akteure aus Praxis und Wissenschaft gemeinsam an neuen Ideen zur Förderung des Fußverkehrs forschen. Von der Identifizierung der Themen über die Gestaltung von Realexperimenten, deren Beurteilung sowie die Rückspiegelung der Ergebnisse sind Fußgänger in den gesamten Forschungsprozess eingebunden. Zu Beginn des Projekts wurden über digitale Beteiligungstools (Android-App "GO Karlsruhe" und Web-App) sowie in klassischen Bürgerbeteiligungsformaten konkrete Stellen identifiziert, an denen Verbesserungsbedarf seitens der Fußgänger besteht.

In sogenannten "Realexperimenten" wurden vor Ort Maßnahmen testweise umgesetzt und ihre Wirksamkeit wurde wissenschaftlich untersucht. Fußgänger konnten dabei vor Ort per Knopfdruck an interaktiven Postern ihre Meinung abgeben. Auf einem Stadtsparziergang im Rahmen des Fachseminars "Gehen - sitzen - spielen" wurden nun konkrete Ergebnisse für zwei durchgeführte Realexperimente vorgestellt und diskutiert.

Mühlburger Tor
An der Haltestelle Mühlburger Tor wurde für einen Zeitraum von drei Monaten die Fahrbahn von zwei auf einen Fahrstreifen reduziert und der gewonnene Raum den Fußgängern zur Verfügung gestellt. Damit konnte der sehr schmale Wartebereich der Fußgänger zwischen Stadtbahn und fließendem Kfz-
Verkehr deutlich verbreitert werden. Zudem wurde die bestehende Ampel provisorisch durch eine Bedarfsampel ersetzt. Durch die Umstellung der Anlage hat sich die Wartezeit für Fußgänger um 62 %
verkürzt und die Anzahl über ROT querender Fußgänger wurde auf nahezu null gesenkt. Dieser lag zuvor bei bis zu 50 %. Die Reduzierung des Fahrstreifens führte im morgendlichen Berufsverkehr zu kurzfristigen Einschränkungen für den KFZ-Verkehr stadteinwärts, was zu anderen Zeiten jedoch nicht festgestellt werden konnte. Die Zufriedenheit der Fußgänger mit der neuen Anlage zeigte sich deutlich bei der abschließenden Abstimmung an den interaktiven Postern, wo 75 % der Stimmen für die im Realexperiment erprobte Variante votierten.

Erbprinzenstraße
In einem weiteren umfangreichen Realexperiment in der Fußgängerzone (Erbprinzenstraße / Waldstraße) wurde versucht, das Miteinander zwischen Fußgängern und Radfahrern zu verbessern. Im Rahmen des Realexperiments wurden geschwindigkeitsmessende Dialog-Displays für Radfahrer installiert sowie verkehrsabhängige Umleitungs-Displays aufgestellt. In der Summe konnten bei diesem Experiment jedoch keine messbaren Verbesserungen für Fußgänger erreicht werden. Die durchschnittliche Geschwindigkeit der Radfahrer hat sich im Untersuchungszeitraum nicht verändert. Auch die Nutzungshäufigkeit der für Radfahrer vorgesehenen City-Route zur Umfahrung der Fußgängerzone wurde nicht erhöht. Allerdings bewerteten die Nutzer positiv die Bemühungen, die Rücksichtnahme zwischen Fußgängern und Radfahrern zu fördern, was zu einer subjektiven Verbesserung der Situation führte. Dies zeigte sich bei der Auswertung der interaktiven Poster, die in der Fußgängerzone zur Abstimmung vor, zwischen und im Nachgang der Maßnahmen installiert wurden. So ist der Anteil der unzufriedenen Fußgänger von 70 % vor dem Realexperiment auf 58 % nach der Einführung der beiden Displays gesunken.

Alt-Knielingen
Bei der Veranstaltung wurde außerdem das aktuelle Experiment in Alt-Knielingen vorgestellt. Dort
greift das Reallabor GO Karlsruhe einen Wunsch aus der Bürgerschaft auf, temporeduzierende
Maßnahmen im Ort testweise einzusetzen und die Auswirkungen auf das Verkehrsgeschehen zu
untersuchen. Ziel des Versuchs ist es, sowohl in der Unteren Straße als auch in der Litzelaustraße
durch temporäre Aufpflasterungen die Geschwindigkeiten des Kfz-Verkehrs auf die zulässige
Höchstgeschwindigkeit zu senken und so die Sicherheit der Fußgänger zu verbessern.

"Die angestoßene Diskussion rund um den Fußverkehr kann als großer Erfolg des Projekts GO Karlsruhe gewertet werden", sagt Prof. Dr. Jochen Eckart, Studiendekan des Masterstudiengangs Verkehrssystemmanagement. "Die Realexperimente haben sich als Instrument für Kommunen bewährt, durch temporäre Umgestaltungen des Straßenraums, insbesondere bei schwierigen Situationen, Maßnahmen mit wissenschaftlicher Begleitung und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zu erproben", so sein Fazit zu den bisherigen Projektergebnissen.

Infos: Das Reallabor "GO Karlsruhe" ist eines von 14 Reallaboren, das vom Ministerium für Wissenschaft,
Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert wird. Das Reallabor wird in enger Kooperation mit
der Stadt Karlsruhe durchgeführt und von der Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Bürgervereine e. V.,
vom Radiosender "die neue welle" sowie vom SRL (Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung,
Berlin) und dem Fuss e. V. (Fachverband Fußverkehr Deutschland, Berlin) unterstützt.

Autor:

Jo Wagner

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