Wenn der Abschied zweimal klingelt
Jerôme Gondorf – Der Spieler, der nicht gehen wollte
Es gibt Fußballer, die planen ihren Abschied so minutiös wie ein Hollywood-Finale: Emotionale Reden, Ehrenrunden und tränenreiche Momente im Stadion. Und dann gibt es Jerôme Gondorf, der den KSC-Fans in diesem Sommer ein Abschiedsschauspiel der etwas anderen Art bietet. Es geht nicht um Standing Ovations, sondern um einen Gerichtssaal und – wie könnte es anders sein – um einen speziellen Vertrag. Und wer könnte dahinter stecken? Natürlich Oliver Kreuzer, der Meister der cleveren Vertragsklauseln.
Der gute Jerôme hatte sich eigentlich schon im Februar 2024 aus dem aktiven Profifußball verabschiedet. Ein ehrenvolles Adieu mit allem Drum und Dran: große Abschiedszeremonie, Jubel auf den Tribünen und ein würdevoller Moment, der nach Karriereende roch. Sogar die Trikots mit „Danke Jerôme“ waren schon im Fanshop erhältlich. Aber kurz darauf kam Gondorf auf eine Idee, die nicht ganz so nostalgisch war – und eher etwas mit Paragraphen als mit Poesie zu tun hat.
Im Juli 2024, nur wenige Wochen nach seinem offiziellen „Abschied“, klopfte Gondorf nicht an das Tor des gegnerischen Strafraums, sondern an die Tür des Arbeitsgerichts Karlsruhe. Sein Anliegen: Er möchte, dass sein Vertrag verlängert wird. Wie bitte? Ja, Sie haben richtig gehört. Und warum? Wegen einer Klausel, die Kreuzer, seines Zeichens ehemaliger Sportdirektor und Vertragsarchitekt, seinerzeit eingebaut hatte.
Doch nun wird’s kreativ
Die Klausel ist eigentlich simpel: Wenn Gondorf in der Saison 2022/2023 mindestens 17 Spiele absolviert, verlängert sich sein Vertrag automatisch um ein Jahr. Das hatte wunderbar funktioniert, Gondorf spielte fleißig und blieb bis Juni 2024 im Verein. Doch nun wird’s kreativ: Jerôme, der in der Saison 2023/2024 sogar 28 Spiele auf dem Platz stand, argumentiert, dass sich der Vertrag noch einmal verlängern müsse. Schließlich beinhalten „dieselben Konditionen“ auch diese Verlängerungsregelung. Ergo: nochmal ein Jahr KSC, bitte!
Dass Oliver Kreuzer der Mann hinter dieser Klausel war, dürfte niemanden überraschen. Der Strategiemeister hat schon so manchen Vertrag gestaltet, bei dem man sich zweimal fragt, ob man alles verstanden hat. Und so steht das Arbeitsgericht Karlsruhe nun vor der undankbaren Aufgabe, herauszufinden, ob Kreuzers Vertragskonstrukt tatsächlich eine Art ewiges Arbeitsverhältnis geschaffen hat – vorausgesetzt, Jerôme joggt jedes Jahr mindestens 17 Mal über den Platz.
Der Verein hingegen reibt sich verwundert die Augen. Noch vor wenigen Monaten war man sicher, dass Gondorf im Sommer 2024 den wohlverdienten Ruhestand genießen würde. Stattdessen ringt man nun vor Gericht um die Frage, ob der Profi sich nicht einfach selbstständig eine weitere Saison in den Kader geschrieben hat. Vielleicht dachte Jerôme, dass sein Fußballerleben nie enden sollte. Oder vielleicht war er einfach nur ein cleverer Leser seiner eigenen Vertragsdokumente.
Also, liebe Fans, hebt euch eure Tränen für die nächste Saison auf.
Für die Fans ist die Situation ein kleines Déjà-vu. War das emotionale Abschiedsdrama im Februar etwa umsonst? Müssen die „Danke Jerôme“-Banner jetzt wieder hervorgeholt werden? Eines ist sicher: Sollten sie ihn bald wieder im Trikot sehen, dürfte der Applaus dieses Mal weniger gerührt und mehr verblüfft klingen. Und wer weiß, vielleicht gibt es bald sogar ein Jubiläumstrikot – diesmal mit der Aufschrift „Immer noch da, Jerôme!“
Doch eines muss man dem Duo Gondorf-Kreuzer lassen: Sie haben für Spannung gesorgt. Denn wenn Jerôme wirklich noch einmal aufläuft, wird er das Aushängeschild einer völlig neuen Vertragsgeneration sein – der Verträge mit eingebauter Endlos-Schleife. Also, liebe Fans, hebt euch eure Tränen für die nächste Saison auf. Denn wenn Gondorf sein Ziel erreicht, sehen wir uns spätestens im Sommer 2025 wieder zur nächsten großen Abschiedsfeier. Und Oliver Kreuzer? Der grinst vermutlich schon beim Gedanken daran.
Autor:Peter Mueller aus Karlsruhe |
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