Aufbau von Schnelltestzentren
Wehren fühlen sich überrumpelt
Ludwigshafen/Frankenthal/Speyer/Rhein-Pfalz-Kreis. Schnelltestzentren in Rheinland-Pfalz sollten „möglichst flächendeckend über die örtlichen Freiwilligen Feuerwehren und Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden organisiert und geleitet werden“, hieß es in der vergangenen Woche in einer Mitteilung von Gesundheits- und Innenministerium. Nicht bei allen Feuerwehren vor Ort kommt dieser Vorstoß gut an. Bei der neuen Aufgabe geht es darum, unter der Regie der Feuerwehren Testzentren aufzubauen, die Administration zu übernehmen und dann auch die Tests vorzunehmen.
Für Unmut hat bei vielen Ehrenamtlichen die zeitliche Dringlichkeit gesorgt, mit der man sie aufgefordert hat, innerhalb weniger Tage zu melden, wer sich aus ihren Reihen als freiwilliger Corona-Schnelltester schulen lässt - am liebsten gleich noch mit Adresse und Öffnungszeiten des neu einzurichtenden Testzentrums. Start am Montag, denn ab 1. März sollten sich - so hatte es Jens Spahn kundgetan - alle Bürger kostenlos und jederzeit auf das Coronavirus testen lassen können. Inzwischen musste der Bundesgesundheitsminister einräumen, dass der Aufbau einer flächendeckenden Teststruktur innerhalb eines derart knappen Zeitfensters nicht möglich sein wird. Einige Bundesländer hätten sich überrumpelt gefühlt, ebenso die Wehren.
Dennoch sind viele Fragen offen: Wo sollen Schnelltestzentren entstehen? Und wie können größtenteils ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute den Betrieb aufrechterhalten? Müssten sie von ihren Arbeitgebern für diese Aufgabe freigestellt werden? Wer übernimmt letzten Endes die Verantwortung? Weil es sich um eine nicht-originäre Aufgabe der Feuerwehr handelt, müssten auch Versicherungsaspekte geprüft werden. Wie kann das Infektionsrisiko minimal gehalten werden, damit am Ende nicht ganze Einheiten ausfallen und niemand mehr da ist, der ausrückt, wenn's brennt? Reicht eine 30-minütige Online-Schulung wirklich aus, um zu lernen, wie man den Test korrekt durchführt?
In einer Online-Diskussion sind Frank Hachemer, der Präsident des Landesfeuerwehrverbandes, der das Schreiben mitunterzeichnet hatte und dafür ordentlich Kritik einstecken musste, und der rheinland-pfälzische Innenstaatssekretär Randolf Stich zwischenzeitlich wieder ein Stück zurückgerudert: Das Schreiben sei "falsch rübergekommen", es gehe lediglich um freiwilliges Engagement einzelner Wehrleute.
Entspannt zurücklehnen können sich unterdessen Stadt und Feuerwehr in Speyer. Die Stadt Speyer betreibt bereits in Zusammenarbeit mit dem Arbeiter-Samariter Bund (ASB) ein Schnelltestzentrum. Im Rhein-Pfalz-Kreis arbeitet man aktuell an einem Konzept, wie die Wehren im Kreis in die neue Teststrategie eingebunden werden könnten. Die Feuerwehr Frankenthal will keine Helfer für den Betrieb einer Corona-Schnellteststation abstellen.
Hans-Georg Balthasar, Vorsitzender des Regional-Feuerwehrverband Vorderpfalz, Vertreter der Freiwilligen Feuerwehren der Pfalz im LFV RLP und Mitglied des Präsidiums des Landesfeuerwehrverbandes teilte mit, dass für die Wehren und die Mitgliedsverbände der Informationsfluss, welcher vorab einer solchen Veröffentlichung zu erwarten gewesen wäre, ein Hauptärgernis gewesen sei. „Ohne Vorabinformation wurden wir durch die Tagespresse über diese Aktion informiert. Die Info des offiziellen Schreibens war erst viel später“. Ihn ärgere auch, dass es in den vergangenen Tagen verschiedene Kommentierungen und Versionen des Ganzen geben habe. Während im Schreiben direkt steht, dass die Freiwilligen Feuerwehren diese Testzentren aufbauen und unterhalten sollen, wurde nun zurückgerudert mit dem Hinweis, dass man Freiwillige aus den Reihen der Freiwilligen Feuerwehr suche. „Die Feuerwehren aus meinem Zuständigkeitsbereich haben mir zum Großteil bekundet, dass sie verstimmt über die Vorgehensweise seien. Man sei einerseits nicht korrekt informiert worden, gleichzeitig sehe man hier die Lage sehr kritisch. Feuerwehren dürfen nicht üben, halten viele Maßnahmen zum Schutz der Feuerwehrkräfte aufrecht und sollen dann im Testzentrum tätig werden?“ Aber noch weitere Probleme, rein rechtlicher Natur, täten sich auf. Hans-Georg Balthasar informierte auch darüber, dass seit der Novellierung des Landes- Brand- und Katastrophenschutzgesetz (LBKG) diese Tätigkeiten keine originären Aufgaben im Feuerwehrwesen seien. „Wir kritisieren nicht die Testungen oder den Aufbau flächendeckender Testzentren, dies befürworten wir ausdrücklich. Aber nicht zulasten der Feuerwehr.“
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