Der Vogel des Jahres 2024: Fünf Kandidaten stellen sich zur Wahl - Noch brüten alle im Südwesten

Junge Steinkäuze im Obstbaum | Foto: NABU BW/Winfried Rusch

NABU. Kie-wit, kirrik, witt-witt, kja-kju und miau. Hinter diesen Rufen verbergen sich Kiebitz, Rebhuhn, Rauchschwalbe, Steinkauz und Wespenbussard, die fünf Kandidaten für den Titel „Vogel des Jahres 2024“. Ab Freitag, 1. September, lassen der NABU und sein bayerischer Partner LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) den Jahresvogel wieder öffentlich wählen. Jeder und jede kann unter www.vogeldesjahres.de mitbestimmen.

„Zuletzt haben bundesweit fast 135.000 Menschen bei der Wahl mitgemacht. Mit dem Braunkehlchen haben, die Teilnehmenden eine europaweit stark gefährdete Vogelart gewählt und ihr so die dringend nötige Aufmerksamkeit verschafft“, sagt der NABU-Vogelfachmann Stefan Bosch. Vier der fünf diesjährigen Kandidaten sind mehr oder weniger bedroht und brüten noch in Baden-Württemberg. „Die Wahl fällt wirklich schwer, denn jede Art braucht das Rampenlicht.“

Kiebitz „Wasser marsch!“

Der schwarz-weiße, taubengroße Regenpfeiferverwandte mit der Federholle fällt durch seine spektakulären Schauflüge auf, bei denen er mit wuchtigen Flügelschlägen aufsteigt und im Sturzflug niedergeht. Als Kurzstreckenzieher überwintern Kiebitze (Vanellus vanellus) am Mittelmeer und in Nordafrika. Sie bewohnen offene Flächen mit kurzer Vegetation und in Wassernähe. Dort finden sie Insekten und Bodentiere zum Fressen und eine Nestmulde, in der zwischen März und Mai vier Eier ausgebrütet werden. Die Jungvögel verlassen als Nestflüchter sofort nach dem Schlüpfen das Nest. Einst war der Kiebitz wegen seines auffälligen Aussehens und Verhaltens überall bekannt. Heute ist er in Baden-Württemberg nur noch vereinzelt und eher als Durchzügler anzutreffen. Der Sommergast hat in seinem Bestand dramatisch abgenommen. Kiebitze sind europaweit vor allem durch Intensivlandwirtschaft, Beutegreifer und Jagd bedroht.

Rebhuhn – „Mehr Vielfalt auf dem Acker!“

Das Rebhuhn (Perdix perdix) ist ein Hühnervogel mit rundlichem Körper, kurzem Schwanz und aschgrauer Brust. Es lebt als Standvogel ganzjährig auf Ackerland, Weiden und Heiden, sofern es dort Hecken, Büsche und Ackerwildkräuter gibt. Letztere liefern die zwingend notwendigen Insekten für die Aufzucht der Küken. Auch das Rebhuhn ist ein Bodenbrüter und dabei Rekordhalter: Es legt zehn bis 20 Eier, so viele wie kein anderer Vogel unserer heimischen Vogelwelt. Nur die Weibchen brüten, während die Männchen das Revier bewachen. Rebhühner sind besonders geschützt und europaweit in einem „schlechten Erhaltungszustand“. Es klaffen dramatische Verbreitungslücken. In Baden-Württemberg kommen Rebhühner noch in Gebieten mit speziellen Schutzprogrammen vor, wie im Landkreis Tübingen. Dort wird seit 2017 in Projekten daran gearbeitet, eine stabile Rebhuhn-Population zu erreichen.

Rauchschwalbe – „Matsch statt Asphalt!“

Die Schwalbe mit dem rotbraunen Gesicht, langen Schwanzspießen und dem melodischen Zwitschern ist durch Insekten- und Brutplatzmangel bedroht. Die in vielen Weltregionen heimische Rauchschwalbe (Hirundo rustica) ist bei uns in den Sommermonaten Brutvogel in Kleinstädten und auf dem Land. Dort brütet sie bevorzugt in Viehställen. Als Langstreckenzieher verlässt sie uns im September und überwintert südlich der Sahara. Schwalben ernähren sich ausschließlich von fliegenden Insekten, die sie in kunstvollen Flugmanövern fangen. Vor allem der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat den Frühlingsboten in einen europaweit „ungünstigen Erhaltungszustand“ versetzt und auf die Vorwarnliste der deutschen Roten Liste gebracht. Denn die Rauchschwalbe braucht geschlossene Ställe und Scheunen, wo sich viele Insekten tummeln. Da sie heutzutage häufig moderne, luftdurchflutete Offenställe vorfindet, ist sie auf unsere Unterstützung und Nisthilfen angewiesen.

Steinkauz – „Mehr Wohnraum im Baum!“

Die kleine Eule mit dem breiten, runden Kopf, kurzem Schwanz und langen Beinen lebt gerne in alten Bäumen auf Streuobstwiesen oder knorrigen Kopfbaum-Weiden am Bachlauf. Diese grünlandreichen Landschaften findet der Steinkauz (Athene noctua) im Südwesten vor. Noch, denn immer wieder werden Streuobstwiesen für Bauvorhaben platt gemacht. Und genau auf diese Flächenverluste geht der großräumig „ungünstige Erhaltungsstatus“ des Steinkauzes zurück. Mit dem Volksantrag „Ländle leben lassen“ sammelt der NABU mit weiteren Verbänden Unterschriften gegen diesen Flächenverbrauch und beweist dem Steinkauz damit die Treue. Denn der Steinkauz ist auch selbst ein ganz loyaler Geselle: Er bleibt im Winter in Baden-Württemberg, lebt mit seiner Partnerin in Dauerehe und nutzt auch seinen Brutplatz ein Leben lang – sofern es dort Tagesverstecke in Baumhöhlen, Schuppen oder Holzstapeln und Nahrung in Form von Kleinsäugern, Regenwürmern und Insekten gibt.

Wespenbussard – „Für Insekten, gegen Gift!“

Den Greifvogel mit schlankem Kopf und 140 Zentimetern Spannweite könnte man für einen Mäusebussard halten. Typische Binden am Schwanz und seine Ruffreudigkeit unterscheiden ihn jedoch von diesem. Wespenbussarde (Pernis apivorus) brüten bei uns im Sommer auf Bäumen und überwintern als Langstreckenzieher in Äquatorial- und Südafrika in Tieflandregenwäldern. Bei uns leben Wespenbussarde in reich strukturierten Landschaften wie Wäldern, Feldgehölzen und Auen. Wespenbussarde ernähren sich, wie der Name andeutet, tatsächlich von Wespen. Auch Hummeln und andere Insekten, deren Nester sie aktiv ausgraben, sowie Früchte und Beeren stehen auf ihrem Speiseplan. Gegen Insektenstiche sind sie geschützt. In Baumhorsten brüten die Greifvögel von Mai bis Juni in einer Brut zwei Eier aus. Wespenbussarde haben einen Verbreitungsschwerpunkt in Europa, sind geschützt und durch unsere Art der Landnutzung, Biozide und Abschuss bedroht.

Über die Wahl zum Vogel des Jahres:

Ab Freitag, 1. September, 9 Uhr, öffnet der NABU das virtuelle Wahllokal unter www.vogeldesjahres.de.
Bis Donnerstag, 5. Oktober, 11 Uhr, kann abgestimmt werden. Noch am selben Tag gibt der NABU den Sieger bekannt.
Der „Vogel des Jahres“ wurde in Deutschland erstmals 1971 gekürt. Seit 2021 wird er durch eine öffentliche Wahl bestimmt.red

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Autor:

Karin Hoffmann aus Ludwigshafen

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