Ein Jahr danach - Bündnis „4 für Euch“ berichtet aus Syrien und der Türkei
Mannheim. Am 6. Februar 2023 hat das Erdbeben in der Türkei und in Syrien unvorstellbares Leid über die Menschen dieser Länder und ihre Angehörigen weltweit gebracht. Das Mannheimer Capitol wollte nicht tatenlos zuschauen, sondern die Hilfsaktionen finanziell unterstützen. Deshalb veranstaltete das Capitol vor fast genau einem Jahr, am 16. Februar, ein Benefizkonzert unter dem Titel „Hilfe! Jetzt! Benefiz für die Opfer der Erdbeben in Syrien und der Türkei“.
Viele Künstler hatten damals spontan ihre Unterstützung zugesagt. Auf der Bühne standen bei ausverkauftem Haus unter anderem Bülent Ceylan, Sascha Krebs, Anna Krämer, Jeannette Friedrich, Tim Poschmann und viele mehr. Die Einnahmen wurden komplett gespendet und kamen vier Hilfsorganisationen zugute, die in den Erdbebenregionen aktiv sind: „4 für Euch“ ist ein Bündnis aus der Johanniter-Unfall-Hilfe, dem Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Baden-Württemberg Region Mannheim/Rhein-Neckar, dem DRK-Kreisverband Mannheim und dem Malteser Hilfsdienst.
Insgesamt wurden knapp 79.000 Euro (genau: 78.480 Euro) an Spenden gesammelt. Der Betrag setzt sich zusammen aus den Eintrittsgeldern, dem Thekenumsatz, den Spenden, die auch am Ausgang möglich waren und einzelnen Großspendern. Je Hilfsorganisation wurden 19.620 Euro an Spenden ausgezahlt. Das war im Februar 2023. Wie sieht es ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in den betroffenen Gebieten aus? Was konnten die Spenden bewirken und wo wird weiterhin Hilfe benötigt?
Die ASB-Auslandshilfe hat sich in einem ersten Schritt zunächst auf die Trinkwasserversorgung konzentriert. Beim sogenannten FAST-Einsatz des ASB in der Türkei haben insgesamt 28 Einsatzkräfte in fünf Wochen mehr als 200.000 Liter sauberes Trinkwasser an die Bevölkerung in der türkischen Erdbebenregion Samandaǧ verteilt. Örtliche Kliniken unterstützte der ASB mit Medikamenten und medizinischer Ausrüstung. Eine 370 Quadratmeter große Zeltambulanz wurde in Abstimmung mit der WHO an die syrische Hilfsorganisation SEMA übergeben und in der Region Dschindires aufgebaut und dort als Cholera-Behandlungszentrum genutzt. Außerdem konnten beim Wiederaufbau Familien mit Wohncontainern unterstützt sowie Kinderbetreuungscontainer in Betrieb genommen werden. In der stark vom Erdbeben betroffenen Region Afrin (Syrien) wurden erste Aktivitäten im Wiederaufbau und zur Stärkung der Resilienz durchgeführt, unter anderem wurde ein digitales Wissenszentrum aufgebaut, das Computerkurse anbietet.
Ein Jahr nach den Erdbeben in der Grenzregion zwischen Syrien und der Türkei setzt das Deutsche Rote Kreuz (DRK) die Unterstützung vor Ort fort. Das Engagement konzentriert sich aktuell darauf, die Menschen vor Ort zu befähigen, die mittel- und langfristigen Folgen besser zu bewältigen. Das umfasst unter anderem die Bereitstellung von Unterkünften, den Wiederaufbau der Infrastruktur, personelle Unterstützung, Gesundheitsversorgung sowie Ausbildungs- und Übungsprogramme für Mitarbeitende und Freiwillige der jeweiligen Schwestergesellschaften. Psychosoziale Betreuungsangebote spielen eine große Rolle. Ein Angebot, auf das Christiane Springer, Kreisgeschäftsführerin, gesondert aufmerksam machen möchte, ist der DRK-Suchdienst. „Jetzt ist es um so wichtiger, die Menschen und Familien wieder zusammenzuführen.“ Seit 1945 setzt der Suchdienst alles daran, infolge von Kriegen oder Katastrophen vermisste Angehörige zu suchen, Schicksale zu klären und Familien zu vereinen.
Die Johanniter machen deutlich: Die Deckung der Grundbedarfe der Menschen im Erdbebengebiet ist auch ein Jahr später noch notwendig. „Laut Prognosen unserer Partnerorganisation MAPS wird der Wiederaufbau in der Türkei noch mindestens drei bis vier Jahre dauern“, sagt Franka Biederstädt, Johanniter-Kommunikationsreferentin. Seit den ersten Tagen nach dem Beben unterstützen die Johanniter gemeinsam mit ihren Partnern Menschen in beiden Ländern mit Nothilfemaßnahmen. Diese Maßnahmen zur Deckung der Grundbedarfe sind auch jetzt noch notwendig, denn vor allem in Syrien haben viele Menschen ihre Erwerbsgrundlagen verloren. Deshalb unterstützen die Johanniter und ihre Partner die Menschen insbesondere in Syrien weiterhin mit Maßnahmen, die ihre Lebenssituation nachhaltig verbessern sollen. Dazu gehören Cash-For-Work-Programme, durch die sie mit Handwerksarbeiten Geld verdienen und gleichzeitig die Gemeinde unterstützen. In Kursen lernen Betroffene, wie sie Geschäftsideen umsetzen und sich selbstständig machen können.
Wie auch andere Hilfsorganisationen haben die Malteser kurz nach Kriegsbeginn 2011 damit begonnen, die Menschen im Nordwesten Syriens zu unterstützen, insbesondere im Bereich der medizinischen Versorgung. Nach dem Erdbeben am 6. Februar 2023 wurde diese Hilfe ausgebaut. Mit Partnerorganisationen unterstützen sie Krankenhäuser, Basisgesundheitszentren und mobile medizinische Teams. Auch die Malteser sorgen vor Ort für Trinkwasser und psychosoziale Unterstützung der Betroffenen. Im Erdbebengebiet in der Türkei haben sie über ihre lokalen Partnerorganisationen Decken, Zelte und Betten verteilt. Bis heute erhalten Verletzte physiotherapeutische Hilfe. Außerdem soll Kleinunternehmern auf ihrem Weg zurück in die Selbstständigkeit unter die Arme gegriffen werden.
Die spontane und enorme Spendenbereitschaft kurz nach dem Erdbeben hat alle beteiligten Hilfsorganisationen beeindruckt. Sie sind auch weiterhin vor Ort im Einsatz und so ist der Wunsch groß, dass die betroffenen Gebiete und Menschen nicht so schnell in Vergessenheit geraten. sic/red
Spendenkonten:
Arbeiter-Samariter-Bund
Stichwort: Erdbebenhilfe Türkei
IBAN: DE84 3702 0500 0007 0607 05
Deutsches Rotes Kreuz e. V.
IBAN: DE63 3702 0500 0005 0233 07
Stichwort: Nothilfe Erdbeben Türkei und Syrien
Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.
IBAN: DE94 3702 0500 0433 00
Stichwort: Erdbeben Türkei und Syrien
Malteser Hilfsdienst e. V.
IBAN: DE10 3706 0120 1201 2000 12
Stichwort: Erdbeben Türkei/Syrien
Autor:Jessica Bader aus Mannheim |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.