Amokfahrt Mannheim: Neues zum Motiv und zur Rolle des Taxifahrers

- Nach Amokfahrt in Mannheim: Betroffenheit ist in der gesamten Stadtgesellschaft groß
- Foto: Sabine Touir
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Mannheim. Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg, Staatsanwaltschaft und Polizeipräsidium Mannheim haben eine neue Pressemitteilung zur Amokfahrt am Montag verschickt. Darin bestätigen sie die wichtige Rolle des Taxifahrer, der offenbar Schlimmeres verhindert hat. Beim Motiv ermitteln die Polizeibehörden weiter, gehen aber von einer psychischen Erkrankung des Täters aus. Die Zahl der Opfer hat sich auf 14 erhöht, darunter ein zweijähriges Kind. Vier Personen werden aktuell noch im Krankenhaus behandelt.
Taxifahrer ist Held von Mannheim
Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht hat die herausragende Rolle des Taxifahrers bestätigt, der den Amokfahrer verfolgt und sich mit seinem Auto in den Weg stellte. Er hat dem pakistanisch-stämmigen Taxifahrer beim gestrigen Gedenkgottesdienst gedankt. "Der Mann hat eine ganz herausragende Rolle gespielt", sagte er beim Gottesdienst zum Gedenken an die Opfer. Der Taxifahrer lebe seit 15 Jahren in Deutschland und sei Mitglied der Ahmadiyya-Muslimgemeinde. „Er sagt, so wurde mir berichtet, er habe als Muslim und als Staatsbürger so mutig gehandelt“, sagte Specht.
Alexander S. ein Neonazi?
Die Ermittlungen der Behörden konzentrieren sich insbesondere auch auf die Motivlage des Tatverdächtigen. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen gibt es weiterhin keine Anhaltspunkte dafür, dass der konkreten Tat ein extremistisches oder politisches Motiv zugrunde lag, heißt es in der Pressemitteilung des LKA und der Staatsanwaltschaft Mannheim. Nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen, bestehend aus umfangreichen ärztlichen Unterlagen und einer Vielzahl sich gegenseitig bestätigender Zeugenaussagen, sei davon auszugehen, dass bei dem Tatverdächtigen seit vielen Jahren eine psychische Erkrankung vorliege. Er befand sich in der Vergangenheit regelmäßig in psychiatrischer Behandlung, zuletzt im vergangenen Jahr auch stationär.
Allerdings seien auch Hinweise auf mögliche Kontakte des 40-jährigen Mannes ins rechtsextreme Milieu im Jahr 2018 den Ermittlungsbehörden bekannt und stehen ebenfalls im Fokus der Ermittlungen. Dass der Mann wegen eines Kommentars auf einer Social Media Plattform im selben Jahr wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt wurde, würde bei den Ermittlungen ebenfalls berücksichtigt.
Abfragen bei verschiedenen Nachrichtendiensten führten allerdings zu keinen extremismusrelevanten Rückmeldungen. Auch bei den bisher gesichteten Asservaten konnten bislang keinerlei Anhaltspunkte für eine extremistische Gesinnung des Tatverdächtigen gefunden werden, so LKA und Staatsanwaltschaft. Die Auswertung wird aktuell intensiv fortgeführt.
Ein weiterer Schwerpunkt der beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg seit Beginn unter dem Dach des Staatsschutz- und Anti-Terrorismuszentrums (SAT BW) geführten Ermittlungen liegt in der Recherche von Aktivitäten, Kontakten, Freunden und Bezügen des Tatverdächtigen innerhalb von Social Media und Messenger-Apps.
Die Organisation Exif-Recherche, ein Recherchekollektiv, das insbesondere die rechtsradikale Szene im Blick hat, hatte dagegen mitgeteilt, dass der mutmaßliche Täter von Mannheim Alexander S. in der rechtsextremen Szene vernetzt sei. Nach diesen Recherchen soll er Mitglied der Reichbürger-Gruppe "Ring Bund" gewesen sein, die von zwei bekannten Neonazis geführt wird. Im Jahr 2018 habe er in einer Kontaktliste von einem dieser Neonazis gestanden, der Teil eines Waffenhändlerings war. Außerdem habe Alexander S. noch im Oktober 2018 an einer von der NPD mitorganisierten Demonstration teilgenommen. Im Mai 2021 habe er ein Foto auf Facebook veröffentlicht, auf dem im Hintergrund ein Kissen mit der Aufschrift "Odin statt Jesus" zu sehen ist - ein Spruch, der in der rechten Szene beliebt und verbreitet ist. [rko]
Weitere Informationen zur Amokfahrt
Autor:Roland Kohls aus Mannheim |
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