Schottergärten - Fragwürdiger Gartentrend - NABU klärt auf
NABU. Steingrau soweit das Auge reicht: Der Trend zum Schottergarten geht auch in Baden-Württemberg lokal weiter - trotz Verbot. Das mag auch daran liegen, dass sich manche Mythen als vermeintliche Vorteile hartnäckig in den Köpfen festgesetzt haben. Der NABU räumt damit auf und erklärt, warum es sich lohnt, die Flächen zurückzubauen.
Mythos 1: Schottergärten sind pflegeleicht und günstig
Klares Nein - Steine, Schotter und Pflanzen sowie der Bau gehen ins Geld. Kies und Steine können mit der Zeit Moos und Algen ansetzen, was ungepflegt wirkt. Schotterflächen muss man außerdem regelmäßig von Blättern und Pflanzenaufwuchs befreien. Dies geschieht oft mit dem Laubbläser oder Hochdruckreiniger. Die Geräte sind laut, verbrauchen viel Energie und schaden Kleinstlebewesen. Wird die Fläche nach einigen Jahren unansehnlich, muss sie komplett abgetragen, der Kies gewaschen, das Vlies unter dem Kies erneuert und der saubere Kies wieder aufgelegt werden. Auch das ist teuer, aufwändig und verbraucht Energie. In vielen Kommunen gelten Schottergärten zudem als versiegelt oder teilversiegelt, und weil Regenwasser schlecht versickern kann, fallen zusätzlich Abwassergebühren an.
Mythos 2: Schottergärten haben keinen Einfluss auf das Klima
Ganz im Gegenteil: Im Sommer erhitzen sich die Steine sehr stark und kühlen auch nachts nicht ab. Versiegelte Böden können kein Wasser aufnehmen. Meist fehlen Pflanzen, die Wasser über ihre Blätter verdunsten können oder Schatten spenden. Der Kühlungseffekt solcher Flächen ist daher gleich null. Weil Pflanzen fehlen, können feine Staubpartikel nicht über die Blätter aus der Luft gefiltert werden, Staub und Stickstoffdioxid reichern sich darin an. Ohne Vegetation wird Straßenlärm nicht gepuffert, sondern verstärkt.
Mythos 3: Dem Boden ist der Schottergarten egal
Auch das stimmt nicht. Der Boden leidet stark unter versiegelten Flächen. Durch die Bodenverdichtung und unter Folie und Vlies leidet das Bodenleben und die Bodenfruchtbarkeit geht verloren. Angesichts der fortschreitenden Flächenversiegelung und der Klimakrise können wir uns das nicht länger leisten. Starkregen kann auf dem versiegelten Boden zum Problem werden. Zum einen kann Regenwasser weniger gut versickern und die Grundwasservorräte auffüllen. Zum anderen steigt das Risiko für Überschwemmungen: Regnet es sehr stark, können die Kanalisation oder die Vorfluter die oberflächlich abfließenden Wassermassen nicht fassen.
Mythos 4: Steine gehören generell nicht in den Garten
Stimmt nicht! Steine können im Garten ein wichtiges Gestaltungsmittel sein, etwa als Trockenmauer oder Wegebelag. Fachgerecht angelegte naturnahe Kiesgärten oder alpine Steingärten etwa sind meist sehr pflanzen- und artenreich. Verzichtet man auf Folie, kann Wasser im Boden versickern. Solche Gärten beherbergen spezialisierte Pflanzen, die naturgemäß an sonnigen, trockenen, humus- und nährstoffarmen sowie wasserdurchlässigen Extremstandorten vorkommen, zum Beispiel auf natürlichen Trockenstandorten wie Trockenrasen oder in Kiesgruben und Steinbrüchen.
Mythos 5: Schottergärten sind erlaubt
Nein, die Anlage von Schottergärten widerspricht der Landesbauordnung und dem Naturschutzgesetz. Nach der Landesbauordnung müssen nicht überbaute Flächen von bebauten Grundstücken Grünflächen sein (§ 9). Etwaige Ausnahmen gelten nicht für Schotterungen, so § 21a Landesnaturschutzgesetz. Das Gesetz schreibt auch vor, Gartenflächen insektenfreundlich und wasseraufnahmefähig zu gestalten.
Mythos 6: Was angelegt ist, darf auch bleiben
Stimmt nicht! Weil Schottergärten gegen die Landesbauordnung verstoßen - und das seit 1995 - sind seitdem gebaute Anlagen illegal und unterliegen grundsätzlich einer Rückbaupflicht. Seit diesem Jahr greifen immer mehr Kommunen durch, etwa Karlsruhe, Ulm, Pforzheim oder Mannheim. Denn Steinwüsten konterkarieren wichtige Maßnahmen zum Klimaschutz in den Städten, die sich immer weiter aufheizen. Einige Kommunen fördern den Rückbau finanziell oder bieten Informationen, wie die Stadt Lörrach. Aber auch für jede und jeden lohnt es sich, blühende Stauden, Bäume, Hecken und andere grüne Elemente in den Garten zurückzuholen: Sie verbessern das Mikroklima, bieten Tieren Nahrung und Lebensraum, beugen Überschwemmungen vor und sind optisch vielfältiger. Wer klare Formen mag, kann seinen Garten trotzdem strukturieren, zum Beispiel durch Hecken und Wege.
Naturoase statt Hitzeinsel
„Durch die richtige Bepflanzung mit heimischen Sträuchern und Blumen bieten selbst kleine Vorgärten vielen Tieren einen Lebensraum. Schaffen Sie eine Naturoase direkt vor der Haustüre und leisten Sie damit Ihren Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt“, wirbt NABU-Rechtsexperte Thomas Hoffmann.
Ein Rückbau von Schottergärten kann im Ganzen oder in Teilschritten erfolgen. Dabei muss das Vlies zunächst entfernt werden. Ein Teil der Steine kann zu einem Reptilienversteck aufgeschichtet werden. Die restlichen Steine werden mit Sand und Kompost vermischt. Danach kann gesät oder gepflanzt werden. Besonders gut gedeihen dort Steingartenpflanzen und trockenheitsverträgliche Wildstauden.red
Autor:Karin Hoffmann aus Ludwigshafen |
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