Musikalische Früherziehung in Domnähe
"Aus jedem Raum ertönt Musik"
Speyer. Seit zehn Jahren macht Petra Niopek Musik für und mit den Kleinsten in der Dommusik. Im August 2011 ging es los: Zum ersten Mal traf sich eine Schar Kinder im Alter von anderthalb bis drei Jahren zusammen mit einem Elternteil zum „Musikgarten“, einem Eltern-Kind-Konzept in der elementaren Musikerziehung. Für die Kinder ab drei Jahren gibt es das Angebot der Vokalen Früherziehung. Die Idee kam vom damals frisch ins Amt gekommenen Domkapellmeister Markus Melchiori. Mit Niopek fand er eine geeignete Musikpädagogische Fachkraft im Elementarbereich. Sie leitet die Kurse nun im zehnten Jahr.
Waren es am Anfang etwa 20 Kinder, so sind es heute elf Kurse mit insgesamt rund 80 Jungen und Mädchen. Nach den Sommerferien wechseln 29 Kinder „altersbedingt“ in die Nachwuchschorgruppen der Dommusik. Die ersten, die 2011 mit dabei waren, singen nun bereits in den A-Chören von Mädchenchor und Domsingknaben. Der Musik und dem Chorgesang sind viele Kinder treu geblieben. Oft werde sie von Kindern und Jugendlichen freundlich gegrüßt und wisse manchmal nicht genau, wen sie da vor sich habe, berichtet Niopek schmunzelnd. Bis zum Teenageralter haben sich die ehemaligen Kursteilnehmer dann doch sehr verändert.
Die Angebote der Dommusik für Klein- und Vorschulkinder unterscheiden sich vom „Lehrplan“ her nicht wesentlich von denen anderer Anbieter. Der Rahmen ist jedoch so gesteckt, dass die Kinder in besonderer Form zum Gesang in der Gemeinschaft hingeführt werden. Und auch die Atmosphäre im Haus der Kirchenmusik, in dem die Kurse stattfinden, sei schon etwas Besonderes, sagt Niopek: „Aus jedem Raum ertönt Musik“ und die Nähe zum Dom bewirkt bei den Kindern und deren Eltern auch etwas.
"Jeder Mensch hat musikalische Wurzeln"
Der „Musikgarten“ ist ein verbreitetes Format zur frühkindlichen Beschäftigung mit Musik, mit mehr oder weniger festen Inhalten und einheitlicher Ausbildung. Die daran anschließende „Vokale Früherziehung“ ist ein Angebot, das für die Dommusik erfunden wurde. Hier liegt der Fokus auf der Stimme und der Hinführung zum Chorgesang. Natürlich wird auch getanzt und es können Instrumente ausprobiert werden. Spielerisch wird die Stimme ausprobiert, in dem etwa Tierstimmen nachgemacht werden. So wird einmal ein großer und dann ein kleiner Hund „zum Bellen gebracht“. Wichtig sei dabei, dass man mit den Kindern in deren Tonhöhe singe, damit diese ihre Kopfstimme entdecken können, sagt die Expertin. Das Wort „unmusikalisch“ mag die Musikpädagogin nicht. „Jeder Mensch hat musikalische Wurzeln. Wir wachsen schon im Mutterleib mit Rhythmus auf“, sagt Niopek. Entsprechend würden auch alle Kinder durch die frühe Beschäftigung mit Musik profitieren, ist sie sich sicher. „Musik kann öffnen und bewegen, wie Worte allein das nicht vermögen“, sagt die Musikpädagogin. Dabei sei Musik etwas für alle Sinne, das die Kinder in ihrer Selbstwahrnehmung schule und stärke. Durch das gemeinsame Musizieren werde gleichzeitig die soziale Kompetenz, das „Aufeinander-Hören“ geschult.
Wenn Petra Niopek über ihre Tätigkeit spricht, merkt man, dass sie ihren Traumberuf gefunden hat. Nach einer Chorleiterausbildung, einer Ausbildung zur C-Kirchenmusikerin und mehreren berufsbegleitenden musikalischen Weiterbildungen, nach Chorleitung und musikpädagogischer Arbeit in einer Kita kam sie zur Dommusik – und blieb. Musik wurde ihr quasi in die Wiege gelegt. Aufgewachsen in einer Großfamilie – die Mutter hatte sieben Geschwister – wurde immer gemeinsam Musik gemacht. Mit 13 wurde sie Mitglied des Lingenfelder Gospelchors. Sie lernte Klavier und Mandoline. Für ein Studium an einer Musikhochschule fehlte jedoch das Geld, so dass dem Abitur zunächst die Ausbildung als Bankkauffrau folgte. Beim Singen in der Kantorei der Diözese Speyer begegnete sie zum ersten Mal der klassischen Kirchenmusik und merkte, dass sie durch diese auf ganz besondere Weise berührt wurde. Den Domchor hörte sie sich immer wieder mal bei Gottesdiensten im Dom an, bevor sie selbst dorthin ging. So kam sie schließlich in Kontakt mit Domkapellmeister Melchiori, und die Angebote für die Kleinsten wurden geboren.
Lebenslanges Lernen ist das Motto der Musikpädagogin, die in den letzten Jahren zusätzlich zur musikalischen Ausbildung ein Fernstudium der Kleinkindpädagogik absolvierte. Die Formate, Rituale und Inhalte hätten sich zwar in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert, aber sie könne durch den pädagogischen Hintergrund das einzelne Kind jetzt noch besser in den Blick nehmen, sagt Niopek. "Die Corona-Zeit war nicht einfach, aber vieles hat auch erstaunlich gut geklappt", erzählt die Musikpädagogin. Zuerst hat sie Ideen für Beschäftigung mit der Musik per Mail versendet, später gab es Angebote über ein Videokonferenzsystem. Zuvor hatte sie an einer entsprechenden Schulung teilgenommen. Thema: wie halte ich Online-Musikunterricht. Zwei Drittel der Kinder und ihre Eltern seien dabei gewesen und mit diesen habe sie gut kommunizieren können. Jetzt ist die Freude groß, dass endlich wieder Veranstaltungen in Präsenz möglich sind.
Eine Anmeldung für die Kurse des „Musikgarten“ für Kinder ab einem Jahr mit einem Elternteil und der „Vokalen Früherziehung“ für Kinder ab drei Jahre sind für das kommende zweite Halbjahr noch bis zum 15. August möglich.
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