Akuthilfe bei Krisen an Schulen
Ökumenische Schulseelsorge im Blick

Vortrag und Murmelrunde | Anke Lind stellte Schulleitungen die Frage, an welche Ereignisse sie sich aus ihrer Schulzeit zurückerinnern, die Schulseelsorge benötigt hätte | Foto: Nadja Donauer | Amt für Religionsunterricht
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  • Vortrag und Murmelrunde | Anke Lind stellte Schulleitungen die Frage, an welche Ereignisse sie sich aus ihrer Schulzeit zurückerinnern, die Schulseelsorge benötigt hätte
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Ein starkes Team für schwierige Situationen: Das Team der Ökumenischen Schulseelsorge um Anke Lind und Thomas Stephan steht Schulen in Krisenzeiten zur Seite.

Nach einer coronabedingten Pause setzen die beiden großen Kirchen ihren Austausch mit den Schulleitungen fort. Beim Begegnungstreffen auf gymnasialer Ebene am 12. Februar in den Räumen der Evangelischen Kirche der Pfalz in Speyer kamen Oberkirchenrat Dr. Claus Müller (Evangelische Kirche der Pfalz) und Ordinariatsdirektorin Dr. Irina Kreusch (Bischöfliches Ordinariat Speyer) mit 27 Schulleiterinnen und Schulleitern ins Gespräch. Hauptthema des diesjährigen Treffens war die Schulseelsorge.

Oberkirchenrat Claus Müller begrüßte stellvertretend für das Amt für Religionsunterricht mit den eindringlichen Worten aus einem Gedicht von Lothar Zenetti:

„Was keiner wagt, das sollt ihr wagen, was keiner sagt, das sagt heraus …“

Er sprach über den Mut, sich Gehör zu verschaffen – auch gegen Widerstand. Dabei erinnerte er an Jesus, der für seine Überzeugungen eingetreten ist, selbst wenn es ihn scheinbar alles gekostet hat. „Für die Schwachen, die am Rande stehen, die eigene Meinung sagen“, betonte Müller und lenkte die Aufmerksamkeit auf eine Herausforderung, mit der sich viele Schulleitungen konfrontiert sehen: Plötzliche Krisensituationen an Schulen.

Ob durch einen Unfall, eine schwere Krankheit, ein Gewaltverbrechen oder Suizid – der unerwartete Tod eines Mitglieds der Schulgemeinschaft kann eine ganze Schule erschüttern. Wie mit einer solchen Situation umgegangen werden kann, vermittelten Thomas Stephan (Abteilungsleiter für Lernkultur und Schulseelsorge im Bistum Speyer) und Anke Lind (Beauftragte für Schulseelsorge in der Evangelischen Kirche der Pfalz) in ihrem Vortrag. Ihre Erfahrungen aus zahlreichen Einsätzen zeigen, worauf es ankommt, wenn Schulleitungen und Lehrkräfte an die Grenzen der Bewältigung stoßen.

Erste Hilfe der Begleitung in der Krise

„Nur wer gut für sich selbst sorgt, kann gut für andere sorgen“ besagt der erste von neun Leitsätzen der Ökumenischen Seelsorge in Krisensituationen in der Handreichung „Krisen in der Schule“ der Ökumenischen Schulseelsorge. Das Team der Notfallseelsorge/Krisenintervention in der Schule besteht aus sieben speziell ausgebildeten Schulseelsorger*innen. Ihr Einsatzgebiet erstreckt sich über die Evangelische Landeskirche und das Bistum Speyer. Erhält das Team den Notruf einer Schule – „Wir haben eine akute Krise und brauchen Unterstützung“ – werden die Seelsorgenden vom Religionsunterricht umgehend freigestellt und machen sich auf den Weg. Knapp 60 Einsatztage vor Ort im vergangenen Jahr zeigen, wie gefragt diese Hilfe ist.

„Oft sind es Religionslehrkräfte, die in Krisensituationen hinzugezogen werden – so entstand die Schulseelsorge“, erklärt Thomas Stephan. „Wir können zwar nicht vor Dramen oder Tragik schützen, aber bei der Bewältigung stärken.“ Er nimmt den Druck von den Schultern Einzelner: „Krisenbewältigung ist Teamarbeit. Einzelne können Krisen nicht lösen.“

Struktur ins Chaos bringen – passende Worte finden

Wie läuft ein Einsatz ab? Auch wenn es nicht den einen Musterweg gibt, klären die Seelsorgenden nach dem Notruf und einer kurzen Vorstellungsrunde zentrale Fragen:
• Liegen alle relevanten Informationen vor?
• Haben alle Beteiligten denselben Kenntnisstand?
• Wer muss noch eingebunden werden?

Dann folgt die Kommunikationsplanung: Wer informiert wen, in welcher Form? Welche Worte sind angemessen, um das Unfassbare auszudrücken? Ob bei der Überbringung einer Nachricht in einer Klasse, in einer Durchsage, einer Mitteilung auf der Schulhomepage – es gilt, klare Worte mit Bedacht zu wählen.

Parallel wird die Struktur der Krisenbewältigung festgelegt: Wer übernimmt welche Aufgaben? Welche Unterstützungsangebote werden für die Schülerschaft geschaffen? Trauer braucht Raum und die Möglichkeiten dafür sind vielfältig – von Abschiedsbriefen und Gedenkorten über Rituale und Schweigeminuten bis hin zu Gesprächsangeboten oder Bewegungsmöglichkeiten wie einem Sandsack zur Stressbewältigung.

„Gebete erwarten viele von uns, aber wir bieten sie nur auf Nachfrage an; Religions- und Kultursensibilität sind uns sehr wichtig“
, erklärt Anke Lind. Ehrlichkeit sei entscheidend: „Es ist völlig in Ordnung zu sagen, dass die Ereignisse gerade so tief beeindrucken und man selbst auch sprachlos ist.“

Was ist eine Krise?

Eine Rückmeldung eines Schulleiters macht deutlich: Nicht immer ist klar, wann eine Situation als Krise einzustufen ist. Manche Ereignisse, wie ein tatsächlicher Notfall, sind eindeutig. Doch auch Fehlinformationen oder vermeintlich harmlose Vorfälle können nachhaltige Auswirkungen haben. „Wenn sich ein Amoklauf später als Fehlalarm herausstellt, dann macht das was mit einer Schulklasse, wenn sie lange eingeschlossen ist und niemand weiß, was gerade ist.“, betont Lind. Die Erfahrung bleibt für die Betroffenen real. Weitere Begleitung wäre hilfreich, aber bei einem Schlüssel von 14 Tausend Schüler*innen pro Schulpsycholog*in und einem Mangel an Therapieangeboten nur selten umsetzbar.

Deshalb empfehlen die Seelsorgenden regelmäßige Schulungen für Lehrkräfte. Lind und Stephan führen Studiennachmittage zu Themen wie Suizidalität, Resilienz, Tod und Trauer sowie selbstverletzendes Verhalten in Schulen durch und treffen im besten Fall auf gut vorbereitete Schul-Krisenteams. Die Bistümer Trier und Speyer sowie das Erziehungswissenschaftliche Fort- und Weiterbildungsinstitut der Evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz (EFWI) bieten einzeln belegbare Module an, die Ökumenische Schulseelsorge einen Ausbildungskurs Trauer- und Krisenseelsorge.

Zurück zur Normalität

Nach einer Krise stellt sich die Frage: Wie geht es weiter? Die Ökumenische Schulseelsorge hat im Blick, für die Schüler*innen den Übergang in den Alltag zu gestalten und ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität zurückzugewinnen. „Was war – was ist – was wird sein?“ Diese Leitfrage hilft, Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln.
Und weil Selbstfürsorge der erste Schritt zur Krisenbewältigung ist, stellt Anke Lind am Ende vieler Einsätze eine entscheidende Frage an die Schulleitung: „Was tun Sie sich heute Abend Gutes?“

Weitere Informationen unter:
www.religionsunterricht-pfalz.de/wer-wir-sind/schulseelsorge
www.bistum-speyer.de/schule/ueber-uns/schulseelsorge

Autor:

Nadja Donauer aus Kaiserslautern

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