Auch Karlsruhe in Venedig vertreten
Deutscher Pavillon auf der Biennale in Venedig eröffnet

Ersan Mondtag: "Monument eines unbekannten Menschen" | Foto: Andrea Rossetti @andrea_rossetti_archive
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  • Ersan Mondtag: "Monument eines unbekannten Menschen"
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Sechs künstlerische Positionen befragen unter dem Ausstellungstitel "Thresholds" territoriale und zeitliche Grenzen, Schwellen und Übergänge. Erstmals bewegt sich die Ausstellung des Deutschen Pavillons auf der Biennale in Venedig - bis 24. November - für die gesamte Ausstellungsdauer über die Grenzen des Pavillongebäudes in den "Giardini della Biennale" hinaus auf einen weiteren Standort: auf die benachbarte Insel La Certosa. Yael Bartana und Ersan Mondtag präsentieren ihre Arbeiten im Gebäude des Pavillons, Michael Akstaller, Nicole L’Huillier, Robert Lippok und Jan St. Werner bespielen La Certosa. Der deutsche Beitrag zur 60. Internationalen Kunstausstellung – "La Biennale di Venezia" - wird realisiert durch das "Institut für Auslandsbeziehungen" (IfA) in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland.

Unter dem Titel "Thresholds" lädt der deutsche Beitrag ein, über aktuelle Schwellenpunkte unter anderem in der Auswärtigen Kulturpolitik und gemeinsame Zukunftspfade mit unseren Partnern weltweit nachzudenken. "In einer Welt, die vermehrt von politischen Spannungen und globalen Konflikten gezeichnet ist, erinnert die Kunstbiennale in Venedig an die unersetzliche Rolle der Kunst für Dialog und Verständigung", so Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Denn Schwellen, nichts könnte an sich die international spürbare Situation besser, dichter in einem Wort zusammenfassen, so "IfA"-Präsident Ulrich Raulff.

Arbeiten im Blick

"Thresholds" sind Schwellenräume, die einer paradoxen Ordnung des Dazwischen unterliegen. Sie führen von einem Ort zum nächsten und sind räumliche, aber auch zeitliche Bindeglieder. Die kuratorische Methode für den Beitrag besteht in der Verknüpfung unterschiedlicher künstlerischer Ansätze und Disziplinen innerhalb eines übergeordneten und pluralistischen Storytellings. Als umkämpftes Objekt territorialer Konflikte und Auseinandersetzungen, als Ort der Toten und Geister versetzt Ersan Mondtag Am Eingang Erde symbolisch aus Anatolien in den Deutschen Pavillon - lässt Besucher nicht den direkten Weg gehen, sondern zwingt sie, einen Seiteneingang zu benutzen! Inmitten einer archäologisch anmutenden Lebenslandschaft macht Mondtag gemeinsam mit fünf Performern so Fragmente einer Biografie auch erfahrbar: "Arbeitswelt", "Fabrik", "Wohnraum" und "öffentlicher Raum".  Mondtags Bezugspunkt ist die Geschichte seines Großvaters Hasan Aygün, der in den 1960er Jahren aus Mittelanatolien nach Westberlin kam, sich dort durch die Arbeit in den Fabriken der Asbest-Firma Eternit eine Existenz aufbaute, aber an den Folgen dieser Arbeit starb.

Mit ihrer fortlaufenden Arbeit "Light to the Nations" nähert sich Yael Bartana einer Schwelle in Raum und Zeit: der gegenwärtigen Realität des Planeten Erde am Rande der ökologischen und politischen Zerstörung. In einem Akt der Erlösung bringt ein von der Künstlerin konzipiertes und nach einer Passage aus dem Buch Jesaja benanntes Raumschiff mehrere Generationen Menschen zu unbekannten Galaxien.

In seiner Arbeit Scattered by the Trees untersucht Michael Akstaller, inwieweit Klang sich innerhalb bestimmter Ökosysteme ausbreitet und wie Bäume und Wälder die Parameter für unsere Wahrnehmung von Klang mitbestimmen.

Ambiguität, Zugehörigkeit und Codes der Kommunikation sind grundlegend für die Arbeiten von Nicole L’Huillier. Für ihre Installation "Encuentros" hat sie ein Sender-Empfänger-System entwickelt, das die Klänge der Insel in variierende Frequenzen übersetzt. Ihre Werke waren auch schon in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden.

Robert Lippok (war auch schon im ZKM zu sehen) installiert in seiner Arbeit Feld zahlreiche Subwoofer in der Erde von La Certosa. In Dreieckskonstellationen angeordnet, öffnet seine Soundlandschaft den Boden unter den Füßen wie ein Fenster in die Vergangenheit der Insel und spielt mit der Wahrnehmung der Zuhörenden.

Jan St. Werner hat mit Volumes Inverted ein Lautsprecherinstrument speziell für die Klosterruine auf La Certosa entwickelt. Im Dialog mit einem weiteren Lautsprecher, der von der Lagune aus einen gebündelten Schallstrahl über mehrere hundert Meter zurück auf die Insel wirft, entstehen zwei ineinandergreifende Klangsituationen.

"Wir sehen die Gegenwart als eine Schwelle", so Çağla Ilk, Kuratorin des Deutschen Pavillons und Co-Direktorin der Kunsthalle Baden-Baden: "Von hier blicken wir mit dem deutschen Beitrag in eine verschwindende, nur in verstörenden Fragmenten lesbare Vergangenheit und in die Dys- und Utopien der Zukunft, die unsere Gegenwart spiegeln. Wir können die Schwelle zum Pavillon nur überschreiten, wenn wir auch dessen Gegenwart in diesem Sinne verunsichern, vorläufig machen, ihm seinen Gestus der Endgültigkeit nehmen. Wir betreten den Pavillon, um die Gartenmauern territorialen Denkens in Richtung der verwundeten und fragilen Landschaft der Insel La Certosa zu verlassen. La Certosas offener Raum macht unsere Grenzen sichtbar und kritisiert sie."

Auch Karlsruhe bei der Biennale in Venedig vertreten

Neben dem Biennale-Areal in Venedig befindet sich der Marinaressa-Skulpturengarten, der während der gesamten Dauer der Biennale vom "Europäischen Kultur Zentrum" bespielt wird mit neun Skulpturen, darunter auch ein Objekt von Yoko Ono. Dabei ist auch der Karlsruher Pavel Miguel (Link: https://www.pavelmiguel.de), für den es "ein Traum ist, hier dabeizusein". Noch vor einer Woche stand seine große Skulptur in Karlsruhe - immerhin 350 kg schwer mit gewaltigen Ausmaßen von 270 x 220 x 140 cm. "Zwischen Himmel und Hölle" ist aus Metall, Harz und Marmormehl gefertigt, ein Holzbaubetrieb sorgte für die Verpackung, ein Transportunternehmen für den Transport nach Venedig - das letzte Stück ging es dann mit einem Transportkahn auf dem Kanal.

Installationen, Skulpturen oder Malerei: Miguel, Studium der Kunst in Havanna, lebt schon seit Jahren in der Region, hat diese Skulptur gegen den Krieg, der "Pieta" von Michelangelo nachempfunden. Das Werk zeichnet sich durch seine Rohheit, seine symbolische Kraft und seine raue, aber präzise Ausführung aus. Zusammen mit zwei anderen monumentalen Skulpturen, dem "Modernen Sisyphos", einer Version des griechischen Mythos, in der der Held einen gewöhnlichen Einkaufswagen bergauf schiebt, und dem "Stummen", einem riesigen Gesicht mit geschlossenen Augen und einem durch einen fest verschraubten Knebel versiegelten Mund, bildet sein neues Werk "Zwischen Himmel und Hölle" eine Trilogie, die unsere Zeit gewissermaßen porträtiert.

Infos: www.deutscher-pavillon.org

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Autor:

Jo Wagner

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