Der Karlsruher Fotograf Gustavo Alàbiso dokumentierte den totalen Lockdown
„Ihr fehlt mir!“ – Momente des Stillstands im Frühjahr
Karlsruhe – Ein Theatersaal, das große Haus im Badischen Staatstheater, Anfang April: leer. Eine Hochzeit im Mai, im Karlsruher Stadtteil Durlach – nur vier Beteiligte: auf Abstand, und mit Maske. Die Grenze bei Scheibenhardt – als Übergang zum benachbarten Elsass, Mitte Mai: geschlossen. Das sind drei Momentaufnahmen im ersten Corona-Lockdown. Festgehalten von dem Karlsruher Fotografen Gustavo Alàbiso. Es ist eine außergewöhnliche Zeit, die er dokumentiert hat.
„Ich habe im Frühjahr Räume fotografiert, die auf Grund der Beschlüsse zur Eindämmung der Pandemie unzugänglich gemacht worden waren“, erzählt Alàbiso. Der im Piemont, in Norditalien geborene – und in Sizilien aufgewachsene Italiener, der seit 1990 in Deutschland lebt, ist Berufsfotograf – und freiberuflich tätig. Er leidet unter den Einschränkungen wie viele andere auch. Doch in ihm wurde ziemlich schnell auch das „Auge des Fotografen“ geweckt, als ab Ende März quasi die ganze Welt zum Stillstand kam. „Das ist eine einmalige Geschichte. Das wollte ich dokumentieren, wie sich das lokal auswirkt“, beschreibt Alàbiso „den ersten Impuls“, den er dabei hatte.
So hat der Wahl-Karlsruher den normalerweise 1000 gefüllte Sitzplätze zählenden Opernsaal im Staatstheater festgehalten; zu einer abendlichen Uhrzeit (19:44 Uhr), als eigentlich Mozarts Don Giovanni aufgeführt werden sollte. Den geschlossenen Grenzübergang bei Scheibenhardt fotografierte er im Mai – nachmittags um 15:07 Uhr. Die vier Teilnehmer einer Hochzeit bannte er an einem Freitag, ebenfalls im Mai, um exakt 12:53 Uhr auf den Speicher-Chip seiner digitalen Fuji-Kamera. Geplant sei es gewesen, so schildert Alàbiso, „an markanten Orten und Räumen den ungewöhnlichen Leerstand zu dokumentieren und dann im Herbst die gleichen Orten zu den gleichen Tageszeiten zu fotografieren“. Doch der 58-Jährige hatte die Rechnung „ohne die Pandemie“ gemacht. Gewissermaßen wie bei einem Diptychon, wie man zweiteilige Relieftafeln oder Gemälde bezeichnet, die in der Regel mit Scharnieren zum Aufklappen verbunden sind – so hatte er es vor, und wollte das Gegenüber „des vorher/ nachher“ zeigen. Doch das Fortdauern der Pandemie durchkreuzte den Plan.
Alàbiso hat (Ende April) den leeren Verhandlungssaal im Bundesverfassungsgericht festgehalten, die auf Abstand gesetzten Stadträtinnen und Stadträte (Ende März) im Bürgersaal des Karlsruher Rathauses – die nahezu leeren Bänke der katholischen Karlsruher Stephanskirche Mitte Mai diesen Jahres. Oder den leergefegten Spielplatz im Grünen. Viele der Fotos, auch zahlreiche abgebildete Passanten, wirken berührend. Während viele in diesen Wochen – etwa im Home-Office – zuhause verweilten, hat Gustavo Alàbiso die Pandemie mit Bildern eingefangen, wie sie andere wohl nur vereinzelt erlebten. Das Projekt sei „zunächst eine Selbstbeschäftigung gewesen“, sagt er. Wohl auch um selbst nicht noch unnötig tief in ein Loch zu fallen.
Das Werk ist überschrieben mit dem Titel „Ihr fehlt mir!“ Weit über 100 Fotos der engeren Auswahl, die er mit 53 großformatigen, gedruckten Aufnahmen in einer selbst produzierten Broschüre zusammenfasste, sind zum Zeitzeugnis geworden. Gustavo Alàbiso möchte andere an dem Projekt teilhaben lassen: die Fotos als Broschüre – die er selbst anfertigt, in Kooperation mit der Karlsruher Druckerei „City-Druck“, und als Auswahl in einer Postkartenserie, können „on demand“ gedruckt und (im Selbstkostenpreis) direkt bei ihm bestellt werden. Mailanfragen sind zu richten an: foto@alabiso.de Eine Vorschau im pdf-Format gibt es unter https://www.alabiso.de/ihr-fehlt-mir/ ... Fotos des Lockdown © Gustavo Alàbiso / Fotos von Alàbiso © SJ
S.Jehle
Autor:S. Jehle aus Karlsruhe |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.