Keigo Ishitsuka
Japanischer Austauschstudent der DHBW Karlsruhe unterrichtete den Fußballnachwuchs beim KSC
Für knapp ein Jahr ist der japanische Austauschstudent Keigo Ishitsuka an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe. Er studiert seit 2016 Philosophie an der Hosei Universität in Tokyo und hat einige Business Management Veranstaltungen an der DHBW Karlsruhe belegt. Doch seinen Herzenswunsch erfüllt er sich durch seine Arbeit als Assistenz-Trainer bei einer U13 Jugendmannschaft des KSC. Hier berichtet er von seinen Zielen und seinen Erfahrungen in Deutschland.
Warum Keigo als Baseballspieler Fußball unterrichtet
Zwar hat Keigo noch nie gerne oder viel Fußball gespielt, sondern war in Japan eher ein guter Baseball-Spieler, dennoch ist es sein Lebensziel ein großer Fußball-Trainer zu werden, denn beim Fußball zuzuschauen und zu coachen ist viel spannender für ihn als beim Baseball. Doch wie kommt ein junger Student plötzlich darauf, Fußballtrainer zu werden? Darauf gebracht hat ihn ein Freund in seiner Heimat, der ein extremer Fußballfan ist und es kaum schafft, über etwas Anderes zu sprechen. So hat sich Keigo immer mehr mit dem Thema befasst und sich schließlich dafür begeistert.
Vor drei Jahren konnte er erfolgreich die Trainerlizenz der Klasse 1 in London absolvieren, wobei darauf noch viele Lizenzen folgen müssen und werden. Zwar hätte er diese Lizenz auch in Japan erwerben können, doch die englische Premiere League gefällt Keigo sehr gut und so verbrachte er etwas mehr als einen Monat in England – erfolgreich. Beim KSC hat er nun die Möglichkeit das Training der Kinder vorzubereiten, zu begleiten und mit dem Cheftrainer verschiedene Strategien auszuarbeiten. Die Arbeit macht Keigo sehr viel Spaß, insbesondere, weil er sich angeregt und vor allem auf Augenhöhe mit seinem Cheftrainer unterhalten kann. „Ich kann meine Meinung sagen und mitreden“, erzählt er begeistert. Die deutsche Sprache macht ihm allerdings noch Probleme, wie Keigo gesteht. Die Kinder, die er trainiert, können noch kaum Englisch, deshalb lernt er vor jedem Training die wichtigen Begriffe auf Deutsch und versucht so gut es geht mitzuhalten. „Tempo! Schnell! und Stark“ kann er ohne Probleme sagen, aber ohne die Geduld, die die Kinder motiviert und entgegenkommend aufbringen, wäre es doch sehr schwer.
Seinen Master würde er gerne in Fußballmanagement oder –wissenschaft machen und das am liebsten in Italien, wie der 23-jährige erzählt. Ihm gefällt die Art, wie der Sport in Italien ausgeführt wird. Sein Ziel ist es später dort zu leben und zu arbeiten, denn er mag das italienische Essen und die Frauen, wie er lachend anmerkt.
Studieren in Japan
Dass Keigo seinen Austausch in Karlsruhe und an der DHBW macht, hat die Hosei Universität für ihn organisiert, sie finanziert auch seinen Aufenthalt. Dort konnte er angeben, was er erreichen und lernen will und worauf er allgemein Wert legt. Die DHBW passt im Endeffekt perfekt, sagt er froh. Das Studiensystem gefällt ihm besser als das japanische. Die Nähe zu den Dozierenden ist ganz anders als in Japan, dort sitzt man nur still in der Vorlesung und schreibt mit, hier kann man diskutieren und Fragen stellen! Auch die Studierenden scheinen hier eine völlig andere Einstellung zu haben. In Japan geht es vor allem darum, an einer guten Universität zu studieren und deren Namen im Lebenslauf vermerken zu können. Wenn man an einer guten Uni studiert, bekommt man auch einen guten Job, berichtet der Student. Es gibt in Japan, ähnlich wie in Amerika, staatliche Universitäten, die nahezu kostenlos sind. Karrierebewusste allerdings, die etwas erreichen und an Ansehen dazugewinnen wollen, gehen auf eine private Universität, die zwar sehr teuer ist, für die es jedoch auch Stipendien gibt. Die Studierenden in Deutschland und besonders an der DHBW sind motivierter und stecken mehr Herzblut in das Studium und in die Arbeit. Das ganze Studium läuft hier deutlich interaktiver ab und lässt mehr Raum für eigene Initiative und Mitarbeit.
Deutschland und Japan im Vergleich
Nicht nur an der Universität ist die Lebenseinstellung und der Umgang miteinander unterschiedlich. In Japan wird viel Wert auf harte Arbeit gelegt. „Japans Tugend ist es, es weiter zu versuchen, auch wenn es nicht mehr geht.“ erklärt Keigo. Ihm gefällt die Arbeitseinstellung nicht. „Es ist zu viel“ sagt er, „die Menschen arbeiten 19 Stunden am Tag und machen sich dadurch kaputt.“ „Karoshi“ ist ein weit verbreiteter Begriff in Japan und bezeichnet den Tod durch zu viel Arbeit, was Keigo zufolge ein gängiges Problem in Japan darstellt. In Deutschland erlebt er das ganz anders. Wenn sich ein Arbeiter oder jemand speziell in seiner Mannschaft beim KSC nicht wohl fühlt oder er nicht zufrieden ist, wird umgehend daran gearbeitet die Ausgangssituation zu ändern, wohingegen die Arbeiter in Japan dann erstrecht weitermachen.
Doch nicht nur wegen der Arbeitseinstellung gefällt es Keigo sehr gut in Deutschland. „Hier in Karlsruhe ist alles so grün!“ sagt Keigo begeistert. Gerne geht er im Schlossgarten spazieren. „Außerdem können wir in der Straßenbahn eigentlich immer sitzen!“. Für uns natürlich eine Selbstverständlichkeit, doch in Tokyo müssen die Menschen teilweise von außen in die Züge gedrückt werden, um so viele wie möglich in einem Zug mitnehmen zu können.
An sich scheinen die Deutschen den Japanern in ihrer Lebensweise recht ähnlich zu sein. Er beschreibt sie als „hard worker“, die ihren Kaffee trinken um wach und fit zu werden, nicht, weil er ihnen schmeckt. Neben dem typisch deutschen Phänomen des Biertrinkens hat er vor seiner Reise hierher noch weitere Vorurteile gehört. Die Süddeutschen seien beispielsweise entspannter und „cooler“ als andere Europäer, was er bisher bestätigen kann. Dennoch sollen die Menschen hier recht schüchtern sein, was Keigo so bisher überhaupt nicht sieht. „Hier spricht jeder mit jedem, auch wenn es Fremde sind“, erzählt er, „Ich mag diese Art von Umgang miteinander. In Japan sind die Menschen ruhiger.“ Außerdem wurde er gewarnt, dass Deutsche Asiaten nicht so gerne mögen, erzählte er. Er kann das aber nicht nachvollziehen. Besonders in Karlsruhe war bisher jeder sehr nett und offen ihm gegenüber. Auch das „Buddy-Programm“ der Hochschule hat ihm geholfen sich zurecht zu finden. Mit seinem Buddy ist er inzwischen befreundet.
Keigos Lebensphilosophie
Obwohl er in seinem Leben einen völlig anderen Weg einschlagen möchte, hat er durch das Studium der Philosophie viel lernen können. Sein Lebensmotto setzt sich aus zwei Teilen zusammen: zum einen hält Keigo nicht viel davon, alles zu überdenken. Er probiert Dinge einfach aus. Das ist zwar riskant, aber das macht das Leben für ihn nur umso spannender. Seine Lebensphilosophie hilft Keigo besonders in diesen Zeiten, die vom Coronavirus geprägt sind, weiter. Seine Vorlesungen entfallen und das Training beim KSC wurde ebenfalls ausgesetzt.
Doch für Keigo funktioniert das, denn sein zweites Lebensmotto „il dolce far niente“ bedeutet für ihn die Zeit mit den kleinen Dingen zu genießen. Er trinkt Kaffee, geht spazieren oder kocht sich etwas Schönes. „Just to flow the time slowly, I like this life style.”
Leider wurde nun entschieden, dass Keigo seinen Aufenthalt in Deutschland abbrechen muss, da das Infektionsrisiko in Deutschland mittlerweile als hoch eingeschätzt wird. Wir bedanken uns herzlich bei Keigo, für die tollen Gespräche und wünschen ihm alles, alles Gute für seine Zukunft!
Autor:Susanne Diringer aus Karlsruhe |
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