„Gabentisch“ in Mühlburg eingerichtet / Ergänzung zu den Tafeln
Treffpunkt Unterführung
Mühlburg. Es ist ein etwas ungewöhnlicher Anblick in diesen Tagen: In der Unterführung am Kühlen Krug befinden sich Stände mit reichlich Lebensmittel – ob Milch in großen Packs, Wasser, Kekse, Gemüse, Obst, Wurst, Apfelsaft, Joghurt, Dosensuppe oder anderes. Diszipliniert stehen Menschen mit Sicherheitsabstand an.
Oft sind Unterführungen ja als „Angst-Räume“ verschrien, doch montags bis freitags zwischen 16.30 und 18 Uhr ändert sich dies an der Unterquerung in Mühlburg: Dann findet hier ein kostenloser „Gabentisch“ in Zeiten der Corona-Krise statt – und der Ort wirkt auf einen Schlag sehr belebt.
Ehrenamtliches Engagement in Karlsruhe
Eine Schar von Engagierten fand sich über facebook zusammen, organisiert seit Beginn der Pandemie diese Lebensmittelausgabe. Ihre Ansage dabei: Sie hatten einfach das Bedürfnis, zu helfen – zumal etliche Tafelläden in Karlsruhe aufgrund der Ansteckungsgefahr ihre Pforten schlossen (mittlerweile haben einige wieder geöffnet). „Wir sehen uns als Ergänzung zur Tafel. Irgendwo müssen Menschen ja Unterstützung erhalten. Wir stehen auf der Sonnenseite, da kann man ruhig auch etwas zurückgeben.“
Gerade kommt eine Frau aus Ettlingen vorbei, die einen Beutel voller Lebensmittel bringt. Ebenso eine ältere Frau aus dem Stadtteil, die eine große Tüte mit Suppen, Wasser, Nudeln, französischen Madeleines und von ihr selbstgenähte Masken vor die Treppen der Unterführung an der Wichernstraße stellt. Durch facebook habe sie von dem Projekt „Karlsruhe West hilft Bedürftigen“ erfahren. „Uns geht es gut, da versteht es sich von selbst, dass man hilft“, meint sie schulterzuckend. Selbst einen Kühlschrank hat eine Person in ihrer Garage in der Nähe des Gabentisches bereitgestellt.
Karlsruhe hilft sich
Neben der Unterführung in Mühlburg gibt’s mindestens noch vier weitere „Spendenplätze“ über die gesamte Stadt verteilt. Unterführungen habe man bewusst gewählt, weil sich dort seit jeher Obdachlose treffen. Allerdings war bis vor kurzem das Projekt „Gabenzaun“ noch ohne ehrenamtliches Personal vor Ort über die Bühne gegangen, dabei wurden anonym die Lebensmittel in der Unterführung deponiert. „Das hat aber nicht so gut funktioniert“, erklären die Organisatoren: „Es gab immer wieder Vandalismus. Man hat oft Lebensmittel und Verpackungsmüll in der Günther-Klotz-Anlage gefunden.“
Seit es aber eine soziale Kontrolle gebe, funktioniere das Prozedere deutlich besser. Jeder der kommt, wird bedient. Ein älterer Mann mit KSC-Käppi steht in der Schlange. Ob er etwas bestimmtes benötigt? „Ich bin dankbar für alles, was ich kriegen kann“, meint er und öffnet ungefragt seinen Geldbeutel: „Gucken sie mal, das ist alles, was ich noch habe“ – und deutet auf einige wenige Euro-Münzen und viele rote Cents in seinem Portemonnaie. (Volker Knopf)
„Das geht uns alle an“ ist eine Initiative des „Bundesverbandes Deutscher Anzeigenblätter“. Auch die „Wochenblätter“ möchten die Corona-Krise sachlich und unaufgeregt begleiten. Wichtige Infos über den Virus, über Schließungen und Absagen in unserer Region – aber auch darüber, welche Auswirkungen die Krise auf Menschen, Vereine und Unternehmen hat, sind Bestandteil unserer Berichterstattung. Aktuelles gibt's auf www.wochenblatt-reporter.de/coronavirus
Autor:Jo Wagner |
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