Michael Sternkopf, Ex-KSC-Spieler mit Lebensbeichte - „Ich fühlte mich wertlos“
Karlsruhe. Es war eigentlich ein Heimspiel für Michael Sternkopf: Der frühere Spieler des KSC und Bayern München war unlängst neben weiteren Referenten beim 3. "craft.werk"-Business-Abend der "Kreishandwerkerschaft Region Karlsruhe" bei der "Volksbank Karlsruhe-Baden-Baden" zu Gast. Der Badener berichtete aus seinem Leben als Fußball-Profi – authentisch und schonungslos.
Worte, die wohl kaum einen der Zuhörer kalt ließen. Es hatte etwas von einer radikalen Lebensbeichte, als der gebürtige Karlsruher über den Leistungsdruck im Profi-Fußball sprach, an dem er selbst fast zerbrach. Zu Beginn sei alles rund gelaufen in den frühen Jahren beim KSC, als er unbeschwert und mit Spaß am Fußball sich in die Herzen der Fans spielte. Der folgende Wechsel zum großen FC Bayern war ein großer Einschnitt, der Druck enorm. „Ich habe eine Rekordablöse gekostet, aber ich fühlte mich absolut wertlos. Ich wusste nicht, worauf ich mich einlasse“, so der 52-Jährige heute, den seine Karriere auch nach Gladbach, Freiburg, Bielefeld und Offenbach führte.
Blick zurück zum SV Nordwest
Viele Top-Trainer hatte er. „Am wichtigsten und am menschlichsten waren für mich aber immer noch meine Jugend-Trainer beim SV Nordwest.“ Nach außen Sunnyboy, immer lächelnd, innen völlig zerstört – so schilderte der Top-Spieler seine Situation bei den großen Bayern. Er musste mit Anti-Depressiva behandelt werden, verschrieben von Doc Müller-Wohlfahrt. Sonst wusste niemand davon. Schon bei der Busfahrt ins Stadion war er oft schweißgebadet, von Panikattacken ob des Drucks geschüttelt. Vom kuscheligen Wohnzimmer Wildpark ins Stahlbad Olympiastadion. „Meine Psyche war zu schwach für so einen Verein. In Karlsruhe war ich Publikumsliebling. Danach war alles anders.“
Dem wohlbehüteten Jungen fehlte letztlich die mentale Stabilität, um sich beim Rekordmeister durchzusetzen. Natürlich hatte er auch die eine oder andere amüsante Anekdote in petto. So als der FC Bayern zum ersten Verhandlungsgespräch im winterlichen Karlsruhe erwartet wurde. „Mein Vater hat Uli Hoeneß am Bahnhof abgeholt. Taxi ging nicht. Sonst hätte sich das ja in Windeseile herumgesprochen“, plauderte der Ex-Profi aus dem Nähkästchen. Trotz der väterlichen Chauffeurdienste - nach 20 Minuten klingelte das Telefon. Am Apparat: Winnie Schäfer, sein damaliger Trainer. Er habe gehört, der Hoeneß sei in der Stadt, er sei nicht zufällig bei ihm? „Mir wurde heiß und kalt. Ich wusste echt nicht, was ich sagen sollte. Da kam mir die spontane Idee: Nee, hier ist er nicht. Vielleicht beim Helle Hermann, der war ja damals als KSC-Spieler auch schwer angesagt“, so Sternkopf schmunzelnd zum Publikum.
Oder: Hoeneß habe ihn in seiner Bayern-Zeit mal 10.000 Mark geboten, wenn er sich die Haare schneiden ließe. Der Hintergrund der seltsamen Offerte. „Uli hatte es gut gemeint. Die Presse hatte sich auf mich eingeschossen. Der Sunnyboy mit den langen Haaren und dem Brilli im Ohr. Uli dachte, wenn ich mein Äußeres ändere, dann lassen die von mir ab.“ Aber der Trotz war dann doch zu groß. Es blieb bei "Matte" und Ohrring. Nach fünf Jahren bei den Bayern sei er platt gewesen. Nach der aktiven Karriere arbeitete er als Marketing-Leiter bei den Offenbacher Kickers. Irgendwann hatte er beim Arzt zehn Punkte gelesen, die auf einen Burn-Out hinweisen. Wenn drei oder vier Punkte zuträfen, wäre das bedenklich. „Bei mir haben alle zehn gepasst. Ich habe Rotz und Wasser geheult“, so der Ex-Profi. Aber mehr aus Erleichterung, dass er nun eine Diagnose hatte. Der frühere U21-Nationalspieler nahm sich professionelle Hilfe, machte eine Gesprächstherapie und ließ sich in der Max-Grundig-Klinik auf der Bühlerhöhe behandeln.
Der Weg war dennoch weit. Als schließlich Gott in sein Leben trat, habe sich seine Situation zum Positiven verändert. „Seitdem spüre ich eine Befreiung von Ängsten und Zweifeln“, berichtete er. Mittlerweile ist Sternkopf Familienvater, Autor und Referent. Seine zentrale Botschaft lautet: „Wir wollen alle um unser Selbst Willen geliebt werden – nicht, weil wir etwas besonders gut können. Es darf nicht sein, dass man seinen Selbstwert nur über Erfolg definiert. Jeder Mensch ist wertvoll“, resümierte er unter reichlich Applaus. (Knopf)
Autor:Jo Wagner |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.