Themen der Stadtratssitzung waren der Ausbau des ÖPNV sowie die Dauerbrenner Hochstraße und Haushalt
Ludwigshafen.Der Stadtrat hat am Montag, 23. September, den Beschluss des Haushaltsplans 2025 auf Dezember vertagt. Für 2025 ist bislang ein Defizit von 50 Millionen zu erwarten. Der Haushalt gilt damit für den ADD nicht genehmigungsfähig, denn die Aufsichtsbehörde fordert einen ausgeglichenen Haushalt, bei dem die Einnahmen die Ausgaben decken.
Dieser sei trotz größter Konsolidierungsbemühungen bislang nicht gelungen aufzustellen, erklärte Kämmerer Andreas Schwarz (SPD). Die Gründe sind vielfältig und verstrickt: Trotz aller Sparmaßnahmen wollten Gremien und Verwaltung auch weiterhin zumindest die Pflichtaufgaben der Stadt sicherstellen, die Stadt also nicht kaputtsparen, so Schwarz. Hinzu kommen die steigenden Zinsen, auch auf laufende Kredite, durch kürzere Zinsbindungen.
Dem stehen hohe Ausgaben für 2025 bei Investitionen gegenüber: 118 Millionen (Mio) gehen allein in den Hochstraßenbau, 24 Mio in den Kitaausbau, 24 Mio in die Steuerung des Projekts Rathaus, 10 Mio in das Straßenbauprojekt Süd, 500.000 Euro in den Straßenneubau. Weitere 2 Mio Euro gehen in den Ausbau des Radverkehrs, in Schulsanierungen, in die Neuordnung der Einweisungsgebiete.
Zwar rechnet man mit steigenden Einnahmen aus Umsatz- und Einkommensteuer für 2025. Doch die eigentliche Unbekannte bleibt die Zahlung aus dem kommunalen Finanzausgleich des Landes. Dieser wird aktuell neu geregelt. Dazu führte Schwarz Folgendes aus: "Insgesamt ist durch den Finanzausgleich im neuen Doppelhaushalt mit einem Plus von 349 Millionen Euro gegenüber 2024 zu rechnen. Außerdem zahlt auch der Bund 2025 20 Millionen Euro mehr für die Versorgung von Flüchtlingen, mehr als zuletzt. Hinzu kommt, dass die bisherige Pro-Kopf-Pauschale pro Flüchtling von einmalig 7.500 Euro, die der Bund zahlt, um weitere 3.500 Euro vom Land aufgestockt wird. Wie sich dies sowie das neue Förderprogramm für stark belastete Kommunen vom Land, das 200 Millionen Euro umfasst, auswirkt, schauen wir gespannt entgegen. Das Programm soll Lebensverhältnisse im Land weiter angleichen. Klar ist aber, dass die Stadt selbst aus größter Kraftanstrengung den Haushaltsausgleich nicht erreichen kann, den das Land fordert."
Die prekäre Finanzlage stellt die Stadt vor Probleme: Es gibt vielerorts Investitionsstau und es fehlende Mittel für die Zukunftsthemen Digitalisierung, Kita und Wohnraum, aber vor allem für Wärme- und Verkehrswende - zumal schon jetzt die Defizite zwischen Betrieb und Fahrgeldeinnahmen des ÖPNV seit Jahren steigen. „Die Konsolidierungszwänge zwingen uns die Arbeit mit weniger Personal zu machen, obwohl unsere Verwaltung alle Gesetze von Bund und Land umsetzen muss“, so Schwarz. „So können wir auf Dauer nicht gestalten, nur noch den Mangel verwalten.“
Er forderte für die Stadt dauerhaft tragfähige Lösungen vor allem vom Bund: „Ich hoffe, dass der neue Ministerpräsident sich der Situation zuwenden wird und gemeinsam mit uns Lösungen sucht“, so Schwarz. „Einerseits muss das Aufdrücken von Ausgaben an Kommunen ohne Gegenfinanzierung ein Ende haben, andererseits müssen Kommunen einen höheren Anteil an weiteren Gemeinschaftssteuereinnahmen haben“. Bislang fallen unter die Einnahmen die Gewerbe- und Grundsteuer, Hundesteuer und ein kleiner Teil aus der Einkommenssteuer. Um die Zwecke gegenüber dem ADD zu leisten, müsste die Stadt einen Hebesatz bei der Grundsteuer B von 800 Prozent vorschlagen. "Damit haben wir das Ende der Fahnenstange längst erreicht, gerade mit dem Blick auf die Zukunftsfähigkeit und dem, was wir Bürgern noch zumuten können, privaten Eigentümern wie Mietern", sagte Schwarz.
Das Entschuldungsprogramm sei überfällig gewesen angesichts der übertragenen Leistungen von Bund und Land. Mit dem Programm haben sich die Schulden von 1,6 Milliarden auf 1,26 Milliarden zwar reduziert, durch die delegierten Pflichtaufgaben musste die Stadt aber jahrzehntelang neue Schulden aufnehmen. "Bund und Land entlasten ihre Haushalte auf den Schultern von verschuldeten Kommunen. Der Bund muss die Ursachen von Kommunalverschuldung bekämpfen helfen und einen höheren Anteil an Sozialausgaben, Eingliederungshilfe, der Versorgung von Flüchtlingen, Nothilfe übernehmen. So könnten Integrationsaufgaben gelingen.“
Der Stadtrat beschloss mehrheitlich den neuen Nachtragshaushalt für 2024. Dieser umfasst statt des zunächst erwarteten Defizits von 25 Millionen nun ein Defizit von 80,7 Millionen. Grund dafür sind Mehrkosten für Ausweichcontainer in der Bayreuther Straße, Wollstraße, soziale Sicherung und Bildungsaufgaben.
Zudem stimmte der Rat mehrheitlich für die Erhöhung des Eintritts im Willersinnweiherbad von 4 auf 5 Euro und Hallenbad Süd von 4 auf 4,50 Euro. Das war ein Vorschlag des Sportausschusses. Dieser wollte damit ein positives Signal an den ADD senden, auf höhere Einnahmen zu zielen. Auch wollte er Bädersanierung und die Energiekostensteigerungen besser gedeckt wissen. Mit dem Familienpass wird es weiterhin eine Ermäßigung geben.
Ort für Taubenschlag gesucht
Freie Wähler, SPD und Grüne sprachen sich mit einem Antrag für einen Taubenschlag aus. Dieser sorge dafür, dass der Taubenkot nicht auf Balkonen, Straße, Terrassen lande und man die Bestände reduziere, indem man die Eier durch Kunststoffattrappen austausche. Zudem lebten die Tiere dort gesünder. „Wir sind in Kontakt mit dem Tierschutzverein und in der Umsetzung. Ich hoffe, dass ein Taubenschlag auf der Walzmühle bald realisiert werden kann“, sagte Bau- und Umweltdezernent Alexander Thewalt (parteilos). Zunächst habe man einen Taubenschlag auf dem Würfelbunkergeplant, der nun abgerissen wird. Der dritte mögliche Standort am Hauptbahnhof sei noch nicht gefunden. Die Gespräche mit der Bahn laufen.
Mittelabruf für den Hochstraßenbau
Thema der Ratssitzung war, ob die 865,2 Millionen Euro für den Hochstraßenbau und die Kohl-Allee mit einem Ratsbeschluss nun abrufbar gemacht werden sollen, die im Haushalt bereits genehmigt sind. Dafür sprach sich ein Antrag der Verwaltung aus. Nur so könnte man früh ausschreiben, kalkulieren und damit den fristgerechten Start der verzahnten Abläufe sichern.
Das Bündnis Sarah Wagenknecht schlug per Antrag vor, die Mittelbereitstellung zu vertagen. „Die Angaben der Projektkosten im Antrag sind unvollständig“, erklärte Petra Malik (BSW). „Zudem gibt es wesentliche Risiken, die sich in höheren Kosten niederschlagen könnten. Diese werden vom Land im Risikofall wahrscheinlich nicht getragen. Der Rat kann die Mittelnutzung erst beschließen, nachdem er umfänglich über die Projektrisiken informiert wurde.“ Zudem sei der Bau der Kohl-Allee eine Fehlinvestition in ein veraltertes Verkehrskonzept, eine autozentrierte Infrastruktur. Jede neue Straße führe zu mehr Autoverkehr, im Kampf gegen den Klimawandel müsse ein Umdenken stattfinden. Die Mittel sollten etwa in den Ausbau des ÖPNVs gehen.
Für die Grünen stellte Heike Heß fest: „Die angedachte Ausführung wird eine starke Trennwirkung zwischen Hemshof und Innenstadt haben. Die Investitionen von knapp einer Milliarde Euro sollten in Maßnahmen für umweltfreundliche Mobilität fließen“.
CDU-Abgeordneter Peter Uebel betonte die immense Bedeutung der Lebensader für die Menschen und Wirtschaft in der Region angesichts der immer schlechteren Taktung des ÖPNV und einer Infrastruktur, die an ihre Grenzen komme. „Wir brauchen eine funktionierende Lebensader, Pendler müssen den Rhein queren und in die Stadtteile kommen“, sagte David Guthier (SPD). „Die Grundsatzdebatte sollten wir nicht noch einmal aufmachen. Der Rat hatte die Stadtstraße bereits entschieden, auch die Grünen hatten mitgestimmt.“
OB Steinruck erklärte, dass demokratische Entscheidungen vorausgegangen sind: Es gab Vorberatungen, eine Bürgerbeteiligung, die Planfeststellung. Die Entscheidung ist unterstützt von Mehrheitsentscheidungen der Ampel, Bund und Land tragen 85 der Kosten. „Die Hochstraße Nord weist Schäden auf“, so Steinruck. „Wenn sie in den nächsten Jahren versagt, würde sich der Verkehr den Weg durch Hemshof und Innenstadt suchen. Die Anwohner hätten mit Lärm und Abgasen zu kämpfen. Die Parteien, die damals für die Stadtstraße gestimmt haben, sind unzuverlässig in der Meinungsbildung. Lassen wir jetzt alles so wie es ist und lösen die Verträge auf, muss die Stadt die bisher angefallenen Kosten selbst tragen.“ Das Ergebnis wäre eine unvollendete, baufällige Straße und rund 300 Millionen Euro Fehlinvestition. Es würden 10 weitere Jahre Planfeststellung für das neue Projekt folgen.
Ausbau des ÖPNV
Zudem stimmte der Stadtrat mehrheitlich für den Ausbau des ÖPNV im Sinne einer Entlastung der Verkehrssituation durch den Hochstraßenbau, auf Antrag des Bauausschusses hin. Demnach wird es in den kommenden Jahren zwei neue Linien geben, die von Oggersheim in die Mannheimer Stadtteile Neuostheim und Wallstadt führen. Eine Linie verbindet Rheingönheim mit Friesenheim. Zwischen Bleichstraße und Konrad-Adenauer-Brücke soll ein neues Gleisbett ausgebaut werden. Eine barrierefreie Haltestelle wird das Angebot erweitern. jg
Weitere Informationen:
Anträge, Anfragen und Antworten sind im Ratsinformationssystem https://ludwigshafen.de/ratsinformationssystem/bi/info.php abrufbar.
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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