Kundgebung auf Mannheimer Marktplatz
Flagge zeigen für eine freie Ukraine
Von Christian Gaier
Mannheim. Am Freitag, 24. Februar jährt sich der Beginn des völkerrechtswidrigen und verbrecherischen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine. Aus diesem Anlass findet am Freitag, 17 Uhr, eine Kundgebung auf dem Mannheimer Marktplatz statt, organisiert von folgenden Vereinen: Arena of Goodness, Deutsch-Ukrainische Gesellschaft Rhein-Neckar e.V., Freundschaft kennt keine Grenzen e.V. mit Unterstützung des Dachverbandes der Ukrainischen Organisationen in Deutschland, die Ev. Matthäusgemeinde, Stadtteilverein Neuostheim e.V. Yaroslava Yurchenko und Alex Zharkov aus dem Organisationsteam erzählen, was Sie im Vorfeld des Jahrestages bewegt.
Getrieben von Paranoia, Größenwahn, Menschenverachtung und krimineller Energie hat die von Wladimir Putin gelenkte Führungsriege im Kreml am 24. Februar 2022 einen sinnlosen Krieg begonnen, der nicht nur die europäische Nachkriegsordnung aus dem Lot gebracht und zehntausende Menschenleben vernichtet hat. Aus dem Lot gebracht wurden auch die Existenzen der Menschen aus der Ukraine, die sich im Rhein-Neckar-Raum gemeinsam mit ihren deutschen Unterstützern zusammengeschlossen haben, um sich gegenseitig zu unterstützen und Kraft zu geben, aber vor allem auch, um Hilfsgütertransporte für die Ukraine zu organisieren. Alex Zharkov ist einer dieser Menschen. Er lebt seit neun Jahren in Mannheim, wo er an der Universität BWL studiert und kurz vor dem Abschluss steht. „365 Tage Kampf um Frieden und Freiheit in der Ukraine und der Welt“, ist die Kundgebung am Freitag auf dem Marktplatz überschrieben.
Dass Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht in Vergessenheit gerät, ist eines der Hauptziele der Organisatoren. Für Alex Zharkov ist dieser Krieg „ein terroristischer Akt“, wie die ukrainische Regierung fordert er, dass Russland als Terrorstaat eingestuft wird. „Sie führen einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung, um den Menschen Angst einzujagen und Druck auszuüben. Aber diese Bombardierung erzeugt nur keine Angst, sondern Wut und Hass“, sagte der 28-Jährige, der die Moral der Ukrainer ungebrochen sieht. Er verweist auf eine Umfrage laut der, 89 Prozent der Befragten für eine Fortsetzung der Kämpfe sind, auch wenn Russland Atomwaffen einsetzen sollte.
Bei der Flucht beschossen
Alex Zharkov hat schon lange die Ereignisse um die Ukraine mit Sorge verfolgt, aber von der russischen Invasion war auch er überrascht. „Niemand dachte, dass es dazu kommt“, betont er. Umso größer war der Schock, als ihn seine Mutter um 4 Uhr morgens (Ortszeit Ukraine) anrief und ihm weinend sagte „Wir werden bombardiert“. Obwohl er sich unmittelbar nach einem chirurgischen Eingriff ausruhen sollte, handelte er sofort, informierte sich im Internet, wo ein halbwegs sicherer Korridor nach Kiew führt und holte seine Eltern aus der ukrainischen Hauptstadt nach Mannheim. Im März hatte er an seiner ersten Kundgebung gegen die russische Aggression teilgenommen, um seine Geschichte zu erzählen und seine Meinung zu äußern. „Ich habe mich gut gefühlt, nachdem ich meine Position gezeigt habe.“
Yaroslava Yurchenko floh am zweiten Kriegstag unter dramatischen Umständen mit ihren beiden sieben und 13 Jahre alten Töchtern aus Krieg. Ihr Wagen wurde beschossen und schwer beschädigt. Trotzdem schafften sie zunächst nach Lviv und dann nach Mannheim, wo mittlerweile auch ihre Schwester und ihre Mutter leben. Die 35-Jährige arbeitete in der Ukraine als Lehrerin und war als Popsängerin bekannt. „Zu Beginn war die Situation für mich sehr belastend. In Kiew hatten wir alles, hier hatten wir erst einmal nichts“, schildert Yaroslava Yurchenko, die mit ihrer Familie zunächst bei einer Mannheimer Familie lebte, jetzt aber eine eigene Wohnung hat.
Kontaktperosn für Geflüchtete
Natürlich wünscht sie sich, dass sich die Ukraine erfolgreich verteidigt und den Krieg gewinnt, aber für sich selbst hat sie keine konkreten Zukunftspläne. „Ich lebe im Augenblick und für meine Kinder. Der Krieg verändert Menschen, man lernt dankbar zu sein, für das, was man hat“, betont Yaroslava Yurchenko, die froh ist, mehr Zeit ihren Töchtern widmen zu können. Sie hat begonnen, die deutsche Sprache zu lernen und gibt am Mannheimer Bach-Gymnasium ehrenamtlich Gesangsunterricht. Yaroslava Yurchenko ist auch in der Ukrainehilfe sehr aktiv, ist Kontaktperson für geflüchtete Menschen aus der Ukraine, die Hilfe brauchen, um sich in Deutschland zurechtzufinden. Sie sammelt in Zusammenarbeit mit der Matthäuskirche in Mannheim-Neckarau Spenden und war Ende vergangenen Jahres im Sprinter in die Ukraine gefahren, um Hilfsgüter im Wert von 25.000 Euro zu übergeben.
Die Kundgebungen in Mannheim bereichert sie mit eigenen Liedbeiträgen und Auftritten eines von ihr gegründeten Kinderchors.
„Ich mag die Deutschen sehr und habe hier auch schon Freunde gefunden“, erzählt sie. Sie hat auch Kontakt zu Russen oder aus Russland stammenden Menschen, die in Mannheim und Umgebung leben. „Es gibt keine offizielle Zusammenarbeit, aber ich kenne einige, die mit Informationen helfen und Rat geben, für die Geflüchteten. Das ist eine große Unterstützung, denn wenn du in ein anderes Land kommst, und kannst die Sprache nicht, ist es sehr schwierig, sich zurechtzufinden. Aber sie wollen ihre Gesichter nicht zeigen, weil sie Angst vor negativen Folgen für ihre Familien in Russland haben“, berichtet Yaroslava Yurchenko.
"Ein großer Schmerz"
Nicht verstehen kann sie, wenn sie gefragt wird: „Warum verhandelt ihr nicht mit Russland“. „Wir alle dachten, das wird nicht passieren, aber als ich um vier Uhr morgens vom unserer Wohnung im 24. Stock aus die Explosionen gesehen habe, war das ein großer Schmerz. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass man nicht verhandeln kann, dass wir keine Wahl haben in dieser Situation. Wenn Du ihnen einen Teil gibst, dann wollen sie immer mehr. Sie kommen und sie nehmen sich das“, erklärt sie. So sieht das auch Alex Zharkov. „Ich bin optimistisch, aber ich bin auch Realist. Ich glaube, dass die Ukraine gewinnt und ich hoffe, dass Europa, die ganze Welt realisieren, dass die Ukraine jetzt und am besten schon gestern Hilfe braucht. Dieser Angriff ist nicht nur auf die Ukraine gerichtet. Wenn Putin damit Erfolg hätte, würde es zeigen, dass der Stärkere von heute auf morgen in deine Wohnung kommen kann und und sich alles nehmen kann, was er will“, macht er seine Position deutlich.
Um ihre Landsleute in der Ukraine zu unterstützen, organisieren und gestalten die beiden und ihre Mitstreiter Niko Kern, Kateryna Bahinska, Lana Nova, Semen Pavlenko, Ira Zetenko, Regina Bauer (Matthäusgemeinde), Rustam Urdukhanov, Oleksandra Kudriashova, Pysiura Andrii und Mykola die Kundgebungen, bei denen nicht nur Reden gehalten und nicht nur Spenden gesammelt werden, sondern auch kulturelle Beiträge ein Zeichen der Solidarität setzen sollen. „Die Kundgebungen sind lebendiger und interessanter geworden“, freut sich Alex Zharkov.
"Etwas Großes geschaffen"
Am Freitag, 24. Februar, soll auf dem Marktplatz eine Kunstausstellung zum Thema Krieg gezeigt werden. Unter anderem ist auch der ukrainische Opernsänger Sergej Ivantchuk eingeladen und die drei Mannheimer Oberbürgermeisterkandidaten Christian Specht (CDU), Thorsten Riehle (SPD) und Raymond Fojkar(Grüne) angekündigt.
„Was unsere Spendenaktionen betrifft, arbeiten wir mit offizielle Aufträgen aus der Ukraine und es ist amtlich beglaubigt, dass die Organisationen für die wir sammeln, das wirklich brauchen“, betont Alex Zharkov. Am Jahrestag der Invasion werde für Kinder gesammelt, die wegen des Krieges Waisenkinder geworden sind. „Das alles ist möglich geworden, weil es Menschen gab, die wussten, dass sie etwas tun müssen und nicht nur Slava Ukraijini rufen. Mit unserer gemeinsamen Arbeit und den vielen Organisationen, die uns mittlerweile unterstützen, haben wir etwas Großes geschaffen“, betont er.
Autor:Christian Gaier aus Mannheim |
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