Der Speyerer Dom erhält neues Evangelistar mit künstlerischem Einband
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- Foto des neuen Evangelistar im Dom
- Foto: Klaus Landry/Domkapitel Speyer
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Speyer. Zu den Dingen, die in jeder katholischen Kirche für einen Gottesdienst benötigt werden, gehören liturgische Bücher. An bedeutenden Kirchen finden sich insbesondere im Mittelalter äußerst prachtvoll gestaltete Exemplare, so auch im Speyerer Dom. An diese Historie knüpft das Evangelistar, das jetzt von Generalvikar Markus Magin dem Dom übergeben wurde, in zeitgemäßer Form an. „Es steht in der Tradition der großen Gestaltungen von Evangeliaren und Evangelistaren als gottesdienstliche Kunstwerke, die die praktische Nutzung eines Buches zur Verkündigung mit der Hervorhebung der Bedeutung der Botschaft durch eine hochwertige Buchgestaltung verbinden. Das Evangelistar versucht, diese liturgisch-künstlerische Tradition in unsere Zeit hinein zu interpretieren“, sagt Generalvikar Magin.
Kunstvoller Einband
Das Evangelistar, das Generalvikar Magin nun dem Dom zur Nutzung überlässt, hatte er ursprünglich von seiner Praktikumsgemeinende Maximiliansau zur Priesterweihe als Geschenk erhalten. Der Einband ist künstlerisch gestaltet und besteht aus grün gefärbtem afrikanischem Ziegenleder und zwei Emaille-Platten. Auf der Vorderseite ist der in seiner himmlischen Glorie wiederkehrende Christus zu sehen. Die Rückseite ziert eine Darstellung von „Christus in der Kelter“. Beide Motive wurden damals von Magin im Gespräch mit Pfarrer Mathes ausgewählt, „weil in ihnen einerseits der leidende Christus, der alle menschlichen Wege dieser Welt mitgeht, in den Blick kommt und andererseits der Auferstandene, der alles Leid dieser Welt überwindet. Dazwischen ,eingespannt’ ist die gesamte Frohe Botschaft der Bibel“, erläutert Magin.
Kulturtechnik Emaille
Die Emaille-Arbeiten sind mit hochwertigem Emaille, teilweise aus unterschiedlichen Ländern, gestaltet. Der Künstler der Emaille-Bilder ist der frühere Pfarrer des Bistums Speyer Hermann Mathes. Er stammt aus Maximiliansau und war, als er 1994 die Platten gestaltete, Pfarrer der Pfarrei Hambach. Im Bistum gibt es etliche Werke von ihm. So hat er zum Beispiel für die Kirche von Neuhofen ein großes Altarkreuz, den Osterleuchter und großflächigen Schmuck der Orgel geschaffen. In der Kapelle des Bischofshauses befindet sich ein Nardini-Reliquiar aus seiner Werkstatt.
Email oder Emaille ist ein glasartiger Werkstoff, welcher durch vollständiges oder teilweises Schmelzen von Silikaten und Oxiden hergestellt wird. Diese Masse wird in einer oder meist mehreren Schichten auf ein Trägermaterial wie Glas oder Metall aufgebracht. Das Emaillieren ist eine sehr alte Kulturtechnik (beginnend 3500 vor Christus) und steht in einer langen Tradition zur Verzierung von Bucheinbänden.
Einband aus afrikanischem Ziegenleder
Der Einband wurde ursprünglich von Buchbinder Hermann Schaaf aus Kandel hochwertig gestaltet. Der Buchbinder hat dafür nicht nur eine dünne Hautschicht (wie bei Ledereinbänden heute meist üblich), sondern das ganze Leder verwendet.
Da im Jahr 2016 eine Überarbeitung der Einheitsübersetzung von der Bischofskonferenz veröffentlicht wurde, musste der Buchblock ausgetauscht werden, um das Buch weiterhin in der Liturgiefeier verwenden zu können. Diese Aufgabe hat Buchbinder Klaus Müller in Nussdorf übernommen und so ein schönes Werk wieder für die Gottesdienstfeier nutzbar gemacht. Dieser versah das Buch zudem mit einem Goldschnitt, der nicht nur die Wertigkeit des Evangelistars betont, sondern einen weiteren Schutz der Seiten darstellt. Nach seiner Fertigstellung wurde das Evangelistar nun von Generalvikar Markus Magin dem Dom zur liturgischen Nutzung übergeben, wo es in den Gottesdiensten im Rahmen der Schriftlesungen zum Einsatz kommt.
Reiche Tradition liturgischer Bücher im Dom
Ein Evangeliar beinhaltet die Texte der vier Evangelien entweder vollständig oder in Auszügen (Perikopen) in der Reihenfolge der Bibel. In einem Evangelistar sind die Perikopen im Gegensatz dazu nach der Leseordnung der Kirche geordnet, also nach dem liturgischen Jahreslauf der Sonn- und Festtage.
Beide Bücher waren im Speyerer Dom im Mittelalter in besonders prachtvoller Form vorhanden. So der berühmte Codex Aureus Spirensis, der heute im Escorial bei Madrid aufbewahrt wird und den einst Kaiser Heinrich III. dem Dom gestiftet hatte. Ein wertvolles Evangelistar aus dem Jahr 1220 befindet sich heute in der Karlsruher Landesbibliothek. red/bas
Autor:Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen |
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