Wie wird man eigentlich Dombaumeisterin, Frau Drabik?
Speyer. Hedwig Drabik ist nicht nur die erste Dombaumeisterin am Dom zu Speyer, sie ist deutschlandweit auch die jüngste. Die 34-jährige Architektin ist Koordinatorin für alle Baumaßnahmen am Weltkulturerbe Speyerer Kaiserdom, der weltweit größten romanischen Kirche. Doch wie wird man eigentlich Dombaumeisterin?
Drabik wurde 1986 im polnischen Mikolow (Nikolai) geboren und kam als Kind nach Deutschland. Nach der Schule studierte sie in Kassel Architektur und in Bamberg Denkmalpflege. Anschließend arbeitete sie für ein Architekturbüro, das auf Altbauten und Natursteinarbeiten spezialisiert ist. War Dombaumeisterin schon immer ihr Berufswunsch? "Ich wollte schon immer mit Kirchen arbeiten, aber Dombaumeisterin hätte ich nicht als Berufsziel angegeben - dazu werden solche Stellen zu selten ausgeschrieben", sagt Hedwig Drabik.
Monumentalität, Raumeindruck und Atmosphäre von Kirchenräumen faszinieren sie schon lange. Die Stellenanzeige hat sie in einem Fachmagazin gelesen - und hätte sich vermutlich gar nicht beworben, wenn ihr Lebensgefährte sie nicht dazu ermutigt hätte. "Ich habe nicht mit einer Zusage gerechnet", erzählt Drabik weiter. "Mein Berufswunsch war das nicht - das hat sich eher glücklich ergeben." Von einem Traumberuf will sie dennoch nicht sprechen: "Dazu bin ich zu sehr Realistin - aber es ist schon sehr nah dran."
Ihre bis dato schönsten Erlebnisse als Dombaumeisterin: Das Untersuchungsergebnis zum Projekt Epitaph Rudolf von Habsburg und die Synergieeffekte beziehungsweise Kooperationen mit der Baseler Münsterbauhütte und der Straßburger Münsterbauhütte. Davor, sagt sie, verblassen die weniger schönen Momente, die meistens mit Papierkram zu tun haben. Die größte Herausforderung im Amt der Dombaumeisterin sei es, bei der Fülle an Groß- und Kleinprojekten den Überblick über alle Bereiche zu behalten und die Kommunikation nicht zu vergessen.
Überhaupt sei Kommunikationsfähigkeit neben Fachkompetenz die wichtigste Qualifikation, die man als Dombaumeisterin mitbringen müsse. Denn Drabik ist auch für die Vernetzung von Institutionen wie etwa dem Dombauverein und der Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer sowie für das Unesco-Monitoring der Welterbestätten und deren Umgebung zuständig.
Einen beim Domkapitel angestellten Dombaumeister gibt es erst seit 1995. In der Erbauungszeit des Doms werden Bischöfe und Äbte als Planer und Verantwortliche genannt. Einzelne Ausführende sind nicht namentlich benannt und auch ein besonderer Titel, wie der des Dombaumeisters, ist zumindest für Speyer nicht dokumentiert. Später wurden vom Domkapitel Ingenieure und Architekten mit verschiedenen größeren Bau- beziehungsweise Restaurierungsaufgaben betraut. Während der Umgestaltung des Westbaus im 19. Jahrhundert war dann zum ersten Mal der Begriff Dombaumeister im Gebrauch.
Bei der großen Domrestaurierung in den 1950er-Jahren und bei der Neueindeckung der Kupferdächer und Restaurierung der Osttürme wurde dieser Titel nicht verwendet. Als 1995 die große Domrestaurierung, basierend auf einem Vertrag mit dem Land Rheinland-Pfalz begann, wurde Alfred Klimt als Dombaumeister vom Domkapitel eingestellt. Weiterhin wurden leitende Architekten mit den Aufgaben am Dom betraut und einzelne Firmen beauftragt. Eine Dombauhütte gab und gibt es nicht.
Mit dem Konjunkturpaket II der Bundesregierung für die Weiterentwicklung der Unesco-Welterbestätten begannen ab 2009 die Maßnahmen am Kaisersaal und im Südwestturm. Mario Colletto, vormals Gebietsingenieur am Bischöflichen Bauamt, wurde zum stellvertretenden Dombaumeister ernannt und leitete den Umbau des Kaisersaals und die Sanierung des Südwestturms mit Einbau einer Aussichtsplattform.
2012 trat Mario Colletto die Nachfolge von Alfred Klimt an und wurde Dombaumeister. Nach dem Ruhestandsgesuch von Colletto im Spätsommer 2018 begann die Suche nach einem Nachfolger beziehungsweise einer Nachfolgerin. Am 1. März 2019 war der erste Arbeitstag von Hedwig Drabik als Dombaumeisterin am Dom zu Speyer.
Ziel ist es, die Kirche kontinuierlich in Stand zu halten. "Da braucht man einfach jemanden, der sich ebenso kontinuierlich kümmert", sagt Drabik. Es sei gut, wenn eine Hand die Zügel halte und so dafür sorge, dass Baumaßnahmen aufeinander aufbauen und mit Weitsicht geplant werden können. Darum allerdings kümmert sich nicht die Dombaumeisterin alleine, sondern ein ganzes Team: der Domkustos, der Domkonservator, die Domtechnik und das Besucher- und Kulturmanagement. [cobc]
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