Ausstellung im ZuHaus porträtiert junge Menschen
Belonging - was bedeutet Herkunft heute?
Zuhaus – ein Ort, an dem man sich sicher fühlt, wo alles vertraut ist, wo man aufgewachsen ist und wo die Menschen sind, die man mag. Zuhaus, ein Sehnsuchtsort, wenn man nicht weiß, wo man hingehört. Zuhaus ist in diesem Fall ZuHaus - das Restaurant des Kulturzentrums dasHaus in Ludwigshafen, und es beherbergt derzeit die Ausstellung „belonging“ – eine Ausstellung über Herkunft und Nationalität.
Wohin wir gehören, das bewegt jeden. Für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in der Familie ist die Frage oft schwieriger zu klären. Was bedeutet Zugehörigkeit heute für junge Menschen? Sind Nationalitäten heute noch wichtig für Zugehörigkeit? Gibt es sowas wie eine europäische Identität in der Generation Z und Y?
Diese Fragen beschäftigen die freischaffende Theatermacherin Giuseppina Tragni und ihren Sohn, den Fotografen Carlo Tragni. Sie interviewten und fotografierten elf junge Menschen im Alter zwischen 18 und 32 Jahren, die im Großraum Ludwigshafen/Mannheim leben. Die meisten haben eines mit ihnen gemeinsam: ihre Eltern oder Großeltern sind nach Deutschland eingewandert, aus Italien, Spanien, Portugal, Kosovo, Rumänien, Griechenland oder der Schweiz. Einige Interviewte sind aus eigenen Stücken nach Deutschland gekommen. Den beiden Kunstschaffenden war dabei wichtig, daß sich das Gespräch ohne starres Schema mit jeder interviewten Person individuell entwickeln konnte. Diese wählten selbst einen für sie bedeutsamen Ort für das Gespräch. Die eigene Verbundenheit spiegelte sich übrigens auch im Entstehungsprozess - die Interviews mit Eliana, Lorenzo und Cecilia fanden auf italienisch statt und durchlief eine Übersetzung - belonging.
Entstanden sind mutige und sehr persönliche Geschichten in Form von Fotografien und Text. Die Fotografien zeigen die Personen diffus, allein stehend in ihrer Umwelt, meist in sich gekehrt, ruhend. Umso klarer reflektieren die Worte das Befinden, das Innenleben der Porträtierten. Aus den Porträts spricht der Respekt, genau zuzuhören und vor allem der Person kein Klischee überzustülpen.
Lauter Geschichten mit Migrationshintergrund, so einfach könnte das Etikett sein für diese Ausstellung. Beim Betrachten wird schnell klar: Migration ist nicht der große Gleichmacher. Jede Geschichte ist individuell. Eine erzählt von der Eigenständigkeit, mit der man in einem offenen Europa beruflichen Chancen folgt, eine andere von Hilflosigkeit, wenn man als billige Arbeitskraft ausgenutzt wird, wenn man menschenunwürdig leben muß. Manche Geschichten erzählen von Träumen, die wahr werden können, aber auch von Enttäuschungen. Von Großeltern, deren Sprache man kaum versteht, aber auch von dem Wunsch, die eigenen Wurzeln in der Sprache wiederzufinden. Sie erzählen von Dankbarkeit über ein besseres Leben und von Einsamkeit, weil man keine Freunde hat. Sie erzählen von der Liebe zwischen einer Deutschen und einem Ausländer und von Verwandtschaft in zwei Ländern. Von Zuversicht, seinen Platz zu finden, aber auch davon, daß man nicht wagt, sich ganz zu zeigen. Oft ist es die Geschichte, welche Wahl jemand hatte. Aus dem Migrationshintergrund wird in diesen Porträts ein persönlicher Integrationshintergrund.
Bei der Vernissage schlendern Interessierte und Porträtierte von Ausstellungsplakat zu Plakat, lesen, betrachten, erkennen und ja: schauen einander an. Während dem Lesen spiegeln sich Emotionen auf den Gesichtern und es entstehen Gespräche darüber. Später wird gemeinsam gegessen und gefeiert. Sie habe immer unter dem diffusen Eindruck des Zurückkehren-Müssens gestanden, so Giuseppina Tragni in ihrer Ansprache. Für sie als in Deutschland Geborene und Aufgewachsene war es lange nicht vorstellbar, hier zu blieben, denn da war ja die "eigentliche" Heimat - die unbekannte. Hier sähe sie eine Veränderung bei der jüngeren Generation – in den Geschichten der elf jungen Menschen klingt kein Zurück an. Es geht um Ankommen und um Hiersein, vielleicht auch Weiterziehen.
Ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. Es wird Zeit, daß ihre Geschichten, die ihrer Eltern und Großeltern erzählt und Teil von Deutschlands Geschichte werden. Auch das könnte Integration bedeuten.
Beantwortet die Ausstellung die Frage über Nationalität, Herkunft und Zugehörigkeit? Das soll hier nicht verraten werden - aber: die Antwort ist für den italienischen Tänzer und seine ebenso tanzende Schwester eine andere, als für die Jugendlichen, die von ihren Eltern nach Deutschland nachgeholt wurden oder für die hier geborenen und aufgewachsenen Enkelinnen von Gastarbeitern. Noch bis 10. November hat man Gelegenheit, der Frage selbst nachzugehen. Die Ausstellung wurde verlängert.
Wo: ZuHaus, Bahnhofstr. 30, Ludwigshafen.
Wann: bis 10. November 2024, Mo - Sa 9.30 – 17.00 Uhr.
Die Ausstellung findet im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz statt.
Autor:Ines Campillo aus Wochenblatt Speyer |
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