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KSC: Chronologie eines erzwungenen Abschieds

Etwas fehlt beim KSC ... | Foto: Archiv jowapress.de
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Karlsruhe. Beim Karlsruher SC ist am 14. Mai Präsident Ingo Wellenreuther zurückgetreten. Eine Situation, die durch die Forderung des "Bündnis" im Vorfeld der Mitgliederversammlung (das "Wochenblatt" berichtete mehrfach), nicht überraschend kam, wohl aber in der angespannten Situation des Vereins kaum eine beruhigende Wirkung haben wird. Deutlich gesagt: Die "geforderte Personal-Entscheidung" dürfte die Vereinsmitglieder nicht gerade vereinen!

Versuch einer Chronologie
Anfang April kommt in der Corona-Krise das Thema richtig auf, der KSC sei Pleite. Der KSC entgegnete, er sei nach derzeitigem Stand auch in den kommenden Wochen zahlungsfähig. „Vorausgesetzt, die TV-Gelder kommen, sind wir nach aktueller Planung bis zum 30. Juni 2020 gut aufgestellt“, so KSC-Geschäftsführer Michael Becker: „Wir befinden uns durch die Corona-Krise in einer nie dagewesenen Situation. Selbstverständlich prüfen wir alle möglichen Szenarien und suchen Lösungen für unterschiedliche Finanzierungen, um auf sämtliche Eventualitäten vorbereitet zu sein.“

Dabei kommt auch das Thema „Insolvenz in Eigenverwaltung“ auf. Vorteile, Nachteile, Folgen für den Verein, Folgen für das Umfeld … Das Thema bestimmt die Diskussion im Vorfeld der für den 15. Mai anberaumten KSC-Mitgliederversammlung.

Unstimmigkeiten zwischen Karlsruher SC GmbH & Co. KGaA und Karlsruher SC e.V. kommen auf: Ein Anwaltswechsel wird in Sachen Betreuung vorgenommen. Die Verantwortlichen des KSC kommunizieren, bis zur Mitgliederversammlung alles zu versuchen, um eine Insolvenz doch noch zu verhindern.

Am 5. Mai wird bekannt, dass ein „Bündnis KSC“, ein Zusammenschluss von regionalen Unternehmen, für eine Sanierung bereitstünde: „Der Karlsruher SC befindet sich in einer extrem schwierigen finanziellen Lage. Am 15.05.2020 entscheiden die Mitglieder des Vereins, ob ein Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit für die Karlsruher SC GmbH & Co. KGaA gestellt werden soll. In Folge könnte auch der Karlsruher SC e.V. in eine Insolvenz geraten.“ Das Bündnis – noch ohne Namen bekanntzugeben – sei bereit, die zur Vermeidung der Insolvenz benötigten finanziellen Mittel in Höhe von 6 Millionen Euro bereitzustellen. Die Unterstützung würde ohne eine weitere Verschuldung durch die Zuführung von Eigenkapital über den Kauf von Aktien an der Karlsruher SC GmbH & Co. KGaA erfolgen. Allerdings fordert das „Bündnis KSC“ Gegenleistungen, unter anderem soll Ingo Wellenreuther vor der Mitgliederversammlung am 15. Mai 2020 von seinen Ämtern als Präsident des Karlsruher SC e.V. und als Beiratsvorsitzender der Karlsruher SC GmbH & Co. KGaA zurücktreten. Statt Insolvenz eine angekündigte Rettung aus der Region – zugleich aber auch eine personelle Forderung!

Am 6. Mai äußerten sich die beiden Vorsitzenden der „Supporters Karlsruhe“, Marco Fuchs und Nina Ohlhauser zu einer möglichen Befangenheit des Vorsitzenden des Verwaltungsrats Michael Steidl. Sie fordern eine transparente Aufarbeitung und Information der Mitglieder direkt in der Versammlung am 15. Mai: „Die Mitglieder müssen wissen, inwieweit sie hier Vertrauen in die gewählten Personen setzen können.“

Am 7. Mai wird bekannt, wer teilweise diesem „Bündnis KSC“ angehört – unter anderem „Hettmannsperger Bohrgesellschaft“, „Artus Grippe“, „Wifo Wirtschafts- & Fondsanlagenberatung“ und „GEM Ingenieurgesellschaft“. Ein pikantes Detail ist die Tatsache, dass der unterlegene Präsidentschaftskandidat bei der KSC-Mitgliederversammlung im Oktober in diesem „Bündnis KSC“ ist – das jetzt um den Rücktritt des Präsidenten Wellenreuther „bittet“. Damals verlor Herausforderer Martin Müller gegen Amtsinhaber Ingo Wellenreuther mit 48,1 % zu 51,9 % die Wahl.

Eine Forderung mit "Geschmäckle"
Am 8. Mai nimmt KSC-Präsident Ingo Wellenreuther dazu Stellung: „Da ich von Anfang an der Meinung war und auch immer noch bin, dass vor dem Gang in eine Insolvenz – auch in eine Insolvenz in Eigenverwaltung – zunächst mit allen Kräften und Mitteln versucht werden sollte, eine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden, begrüße ich jedes Engagement, das zu diesem Ziel beitragen kann. Hierzu gehört natürlich auch ein Angebot des „Bündnis KSC“. Allerdings sei die geäußerte „Bitte“ um Rücktritt von Wellenreuther eher eine Forderung – immerhin ließ das „Bündnis KSC“ durch seinen Rechtsanwalt mitteilen, dass die angekündigte Zahlungsbereitschaft nur unter der Bedingung bestehe, dass Wellenreuther am 8. Mai seinen Rücktritt erklärt.

Wellenreuther kam dieser Forderung nicht nach, das „Bündnis KSC“ ließ per Anwaltsschreiben ausrichten, dass die Frist bis Sonntag, 10.05.2020, verlängert würde.

Noch immer waren nicht alle Unternehmen des „Bündnis KSC“ bekannt – auch nicht, wer in welcher Höhe Anteile der KSC GmbH & Co. KGaA erwerben möchte. Wellenreuther, als Präsident des Karlsruher SC e.V. und als Vorsitzender des Beirats der KSC Management GmbH, wäre grundsätzlich auch bereit, „zum Wohle des KSC mein Amt als Präsident niederzulegen, wenn dies Voraussetzung dafür wäre, dringend benötigte und anderweitig nicht rechtzeitig zu erlangende finanzielle Mittel für den KSC zu erhalten“, so seine Mitteilung am 8. Mai.

Deutliche Kritik kam am 11. Mai auch ob des Vorgehens des „Bündnis KSC“, besonders, dass der KSC-Präsident nicht direkt angesprochen wurde, sondern der Weg über Anwälte und Medien gewählt wurde.

Weitere Unternehmen des „Bündnis KSC“ werden bekannt, unter anderem Roland Weiss, „Pasta Nuova“, „Hartmann Spedition & Logistik“ und „CRIFI Verwaltung“.

Am 12. Mai äußern sich die „Supporters Karlsruhe“, der Dachverband der KSC-Fans deutlich: „Eine Zukunft für unseren Karlsruher Sport-Club, kann es nur mit einem Neuanfang an der Spitze des Vereins geben.“

Am 13. Mai äußerte sich „Der neue KSC“ – und begrüßte das Angebot des „Bündnis KSC“. Dabei handelt es sich um eine Mitgliederinitiative, die sich 2000 als "engagierte, konstruktive und kritische Gruppe von KSC-Mitgliedern", so die Eigenbeschreibung, formierte: Die aktuelle Situation des KSC führte zum Entschluss, diese Initiative wieder aufleben zu lassen. Dabei sind die Unterstützer des Kreises KSC-Fans, vielfach aktiv im Vereinsgeschehen eingebunden, sogar in Vereinsgremien aktiv oder und waren/sind im Vorstand der "Supporters Karlsruhe", dem Dachverband der KSC-Fans. Das Angebot des „Bündnis KSC“ „begrüßen wir“, so Martin Löffler, einer der engagierten der Mitgliederinitiative „Neuer KSC“, der unter anderem auch die KSC-Vereinsräte Tom Beck, Rolf Bohrer, Dieter Gläser, Michael Großmann, Uli Lange oder Petra Schalm angehören.

Kritik am Vorgehen der Geldgeber
Ebenfalls am 13. Mai meldet sich eine "Initiative Pro Wellenreuther", die sich an die Aufsichtsorgane des Vereins und der angeschlossenen Kapitalgesellschaft wendet - und sich deutlich artikuliert: "Mit großer Sorge beobachten wir die Entwicklung, bei der eine Gruppe von Personen wiederholt versucht, in Verein und Kapitalgesellschaft an die Macht zukommen, die Konstitution und Governance der Profiabteilung auszuhebeln und den demokratisch gewählten Präsidenten Ingo Wellenreuther zu diffamieren und zu versuchen diesen aus dem Amt zu drängen, um eigene Gefolgsleute zu installieren." Im Moment gehe es um den Verein – die Präsidentenfrage solle im Nachgang im Rahmen eines demokratischen, satzungsgetreuen Prozesses adressiert werden.

Rücktritt des Präsidenten
Am 14. Mai dann die Nachricht, dass Ingo Wellenreuther sein Amt als Präsident des KSC „mit sofortiger Wirkung“ niederlegt: "Wer mich und meine fast fünfzigjährige Verbundenheit zum KSC kennt, bei dem ich fast 40 Jahre Mitglied bin, weiß, dass mir dieser Schritt nicht leicht gefallen ist. Nachdem es trotz des durch die Corona-Krise unterbrochenen Aktienverkaufs nunmehr gelungen ist, die Insolvenz unseres Vereins zu verhindern, habe ich mich nach reiflicher Überlegung und auch mit Rücksicht auf meine Familie aber dazu entschlossen, mein Amt niederzulegen.“
Dem KSC als Verein werde er - trotz der aktuellen Vorgänge - immer von tiefstem Herzen verbunden bleiben, "ich wünsche der Mannschaft, den Trainern und dem Sportdirektor vor allem nachhaltigen sportlichen Erfolg und in diesem Jahr den ersehnten Klassenerhalt", so Wellenreuther, der dem KSC 23 Jahre lang ehrenamtlich als Vorsitzender von Vereinsorganen diente, 13 Jahre als Vorsitzender des Wahlausschusses und zehn Jahre als Präsident.

Mitgliederversammlung
Am Freitag, 15. Mai, ist eine außerordentliche KSC-Mitgliederversammlung geplant –ab 18 Uhr online! Dabei werden die Vereinsmitglieder über die weitere Vorgehensweise, ob Gremienzusammensetzung, Anträge oder „Insolvenz in Eigenverwaltung“, entsprechend informiert. Jedoch ist nach den aktuellen Vorgängen durchaus noch eine Variante möglich: Denn ist bis zum Veranstaltungsbeginn die „Insolvenz in Eigenverwaltung“ abgewendet, entfällt die Abstimmung bei TOP 4.

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Jo Wagner

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