Ein verborgener Schatz im Osten Polens
48 Stunden in Lublin
Reise-Tipp. Lublin, die größte Stadt (340.000 Einwohner) im Osten Polens, ist ein wahres Juwel für Reisende, die sich für Geschichte, Kultur und authentische Erlebnisse abseits der üblichen Touristenströme interessieren.
Rund 160 Kilometer südöstlich von Warschau gelegen, an der Grenze zwischen Polen, Ukraine und Belarus, bietet die Stadt nicht nur eine faszinierende Vergangenheit, sondern auch eine lebendige Gegenwart – perfekt auch für mehr als ein interessantes Wochenende. Die Anreise ist dabei unkompliziert mit dem Flieger über Warschau, dann mit Zug, Bus oder Pkw - und der bietet sich für Ausflüge in die Region dann besonders an.
Reise durch die Geschichte
Die Geschichte Lublins reicht über 5.000 Jahre zurück. Die Stadt erlebte in den vergangenen Jahrhunderten viele Höhen und Tiefen, war ein wichtiger Knotenpunkt für Handel und Kultur. Lublin war im Mittelalter eine blühende Handelsstadt und ein bedeutendes Zentrum jüdischer Kultur, insbesondere im 16. und 17. Jahrhundert. Doch die turbulente Geschichte hinterließ ihre Spuren: Im Zweiten Weltkrieg wurde ein großes jüdisches Viertel zerstört, und das einst prosperierende Stadtbild wurde durch die Zerstörungen des Krieges geprägt. Heute ist Lublin ein faszinierendes Zusammenspiel aus historischen Stätten und modernen Akzenten.
Besonders die Altstadt ist dabei ein Paradebeispiel für den Reichtum vergangener Zeiten. Der Blick auf das Lubliner Schloss, das majestätische Krakauer Tor und die mittelalterlichen Gassen vermittelt sofort und greifbar den Charme vergangener Epochen. Besonders beeindruckend ist die Königliche Kapelle im Lubliner Schloss, deren byzantinische und altrussische Wandmalereien einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ebenso beeindruckend ist der Trinitarische Turm und die Dominikaner-Basilika, die das Stadtbild dominieren - und von denen aus man tolle Übersichten hat.
Doch Lublin bietet mehr als nur alte Mauern – die Stadt lebt und pulsiert.
Besonders entlang der Flaniermeile Krakowskie Przedmieście spürt man das dynamische studentische Leben, das Lublin zu einer modernen Metropole macht. Rund 70.000 Studierende prägen das Stadtbild und tragen zur offenen, internationalen Atmosphäre bei. Von Vorteil, denn die meisten Bewohner sprechen Englisch.
Ein Stadtspaziergang, der Geschichte lebendig macht
Klare Ansage dabei: Die Stadt lässt sich am besten zu Fuß erkunden. Vom Krakauer Tor bis zum Schloss stößt man auf eine Vielzahl prächtiger Gebäude aus dem 15. bis 17. Jahrhundert, die von italienischen Architekten im Renaissance-Stil entworfen wurden. Ein besonderer Höhepunkt ist das alte Rathaus, das zusammen mit der barocken Kathedrale und dem klassizistischen Kreuzgang der Lubliner Kathedrale einen einzigartigen Eindruck von Lublins Wohlstand in der Vergangenheit vermittelt.
In Lublin trifft man auch immer wieder im Stadtbild auf den Ziegenbock, der als Symbol der Stadt dient. Die Ziege, die nach einer Legende ins Stadtwappen aufgenommen wurde, ist mittlerweile ein beliebtes Maskottchen und taucht in Form von Statuen überall in der Stadt auf. Diese Ziegenfiguren sind ein beliebtes Motiv für Selfies und ein charmantes Detail, das Besuchern immer wieder auch ein Lächeln entlockt.
Gedenkstätten und kulturelle Schätze
Neben dem Kulturellen hat Lublin auch viel Historisches zu bieten. Ein Besuch des ehemaligen Vernichtungslagers Majdanek, heute Mahnmal und Gedenkstätte, ist besonders eindrucksvoll und gibt einen tiefen Einblick in die düstere Geschichte der Region während des Zweiten Weltkriegs.
Wer sich für jüdische Geschichte interessiert, wird von der alten Synagoge Chachmei Lublin und dem alten jüdischen Friedhof fasziniert sein, die eindrucksvoll von der einst blühenden jüdischen Gemeinde in der Stadt zeugen. Der Multimediabrunnen am Litauischen Platz und der Sächsische Garten bieten ebenfalls interessante Kontraste zwischen Geschichte und Moderne. Eine ganz nette Sache ist zudem das "Fenster nach Vilnius", ein Live-Stream zwischen den beiden Städten, das es ermöglicht, Menschen zwischen den Ländern kommunizieren zu lassen.
Auch Schriftsteller Isaac B. Singer ist ein Thema in Lublin, denn sein Roman „Zauberer von Lublin“ führt in die Zeit des späten 19. Jahrhunderts, lässt dabei das jüdische Viertel in Lublin wieder aufleben – und war übrigens auch Inspiration für den jährlichen „Karnawal Sztukmistrzów“, den „Karneval der Magier“.
Kulinarische Entdeckungen
Lublin ist nicht nur ein Paradies für Geschichtsinteressierte, sondern auch für Feinschmecker. Die polnische Küche ist etwas deftig aber auch herzhaft: Probieren sollte man unbedingt den traditionellen „Bigos“ – einen Eintopf aus Sauerkraut, Fleisch und Pilzen – oder die köstlichen „Pirogen“, gefüllte Teigtaschen, die in Lublin eine eigene Spezialität darstellen. Auch die berühmten „Gołabki“, Kohlrouladen, sind ein Muss.
Besonders bekannt in Lublin ist der „Cebularz“, ein Zwiebelkuchen mit Mohn, der zu den lokalen Spezialitäten zählt - und in vieen Bäckereien erhältlich ist. Wer etwas über die jüdische Küche erfahren möchte, sollte im Restaurant „Mandragora“ in der Altstadt einkehren, wo auch traditionelle Gerichte wie „Gefilte Fisch“ und „Cholent“ serviert werden.
Für Bierliebhaber gibt es die lokale Brauerei Perła, die Fans nicht nur mit ihrem Bier, sondern auch mit Führungen und Verkostungen begeistert. Es ist auf alle Fälle das "populärste" Bier in der Stadt.
Kulturelle Höhepunkte
Lublin ist nicht nur historisch, sondern auch kulturell lebendig. Die Stadt wurde übrigens zur „Kulturhauptstadt Europas“ für das Jahr 2029 gekürt - aber hat bereits heute viel zu bieten. Das „Carnaval Sztukmistrzów“, der „Karneval der Magier“, zieht jeden Sommer Artisten und Zauberer aus der ganzen Welt an. Dazu kommen zahlreiche Festivals wie das "Jazz Festival" oder die „Noc Kultury“, die kostenlose Kulturnacht, bei der die Stadt in den Abendstunden zum Leben erwacht, bis in die frühen Morgenstunden Angebote hat - ob in Museen, Kirchen, Lokalen oder auf den Plätzen der Stadt.
Ausflüge in die Umgebung
Wer mit dem Auto unterwegs ist, sollte unbedingt einen Abstecher nach Zamosc machen. Die Stadt, die im 16. Jahrhundert als „ideale Stadt“ von Jan Zamoyski gegründet wurde, besticht durch ihre Renaissance-Architektur und zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die großzügigen Plätze und prächtigen Bürgerhäuser erinnern an die italienische Renaissance und machen Zamosc zu einem unvergesslichen Ziel für Architektur- und Geschichtsliebhaber. Sehenswert ist der großzügige zentrale Marktplatz mit herrschaftlichem Rathaus, umgeben von Bürgerhäusern und Arkadengängen, dazu Schloss, Kathedrale, Kirchen und Wehranlage. Übrigens ist die „Perle der Renaissance“ auch die Geburtsstadt von Rosa Luxemburg.
Auch das charmante Kazimierz Dolny, ein mittelalterliches Städtchen an der Weichsel, ist einen Besuch wert. Mit seinen gut erhaltenen Handelshäusern, einer Pfarrkirche im Stil der „Lubliner Renaissance“, sehr ansehnliche Bürgerhäuser und der Burgruine, die einst den Schifffahrtsweg kontrollierte, versprüht das Städtchen einen ganz eigenen Charme. (© www.jowapress.de)
Infos: Lublin ist ein faszinierendes Ziel für alle, die sich für Geschichte, Kultur und authentische Erlebnisse interessieren. Die Stadt ist ein Ort, an dem Vergangenheit und Gegenwart harmonisch aufeinandertreffen, bietet gleichzeitig eine hohe Lebensqualität und zahlreiche Möglichkeiten zur Entspannung und zum Genießen. Mit seinen lebendigen Lokalen, historischen Sehenswürdigkeiten und kulturellen Veranstaltungen ist Lublin der perfekte Ort für ein entspanntes und zugleich bereicherndes Wochenende. Wer Lublin noch nicht auf dem Radar hat, sollte die Stadt unbedingt auf seine Reise-Liste setzen. Um Stadt und Region zu erleben, bietet sich eine zentrale Übernachtung in Lublin an, zum Beispiel im „Focus Hotel“, das auch einen Parkplatz hat. Von dort aus ist man schnell in der Stadt – und auch die Region lässt sich schön erkunden, www.lublintravel.pl und www.polen.travel
Autor:Jo Wagner |
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