Kommentierte Betrachtung des Europaplatzes
Eine gewollte Planung in Karlsruhe?

Aufnahme von 2011: Gut zu erkennen ist die Planung der unterirdischen Haltestelle - und die oberirdische Haltestelle, an die eine Stadtbahn in Doppeltraktion locker passt. | Foto: Archiv www.jowapress.de
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  • Aufnahme von 2011: Gut zu erkennen ist die Planung der unterirdischen Haltestelle - und die oberirdische Haltestelle, an die eine Stadtbahn in Doppeltraktion locker passt.
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Karlsruhe. In der aktuellen Sitzung des gemeinderätliche Hauptausschuss geht es unter anderem um das Thema „Weiterentwicklung Karlstraße“ - und danach geht es in den Gemeinderat.
Ob Weiterentwicklung der Planung auf den Ergebnissen des Reallabors oder Umwidmung der nördlichen Karlstraße in eine verkehrsberuhigte Zone: Zu hinterfragen ist bei diesem Thema, warum die oberirdische Haltestelle am Europaplatz überhaupt verlegt werden soll? Millionen Euro wurden hier sprichwörtlich schon verbuddelt, damit die unterirdische Station genau an dieser Stelle liegt! Treppen, Aufzüge und Rolltreppen an der Haltestelle wurden ja bewusst so platziert, damit Fahrgäste aus den Bahnen ohne großen Aufwand genau an dieser Stelle einfach und möglichst barrierefrei in die Tunnelhaltestelle kommen - oder umgekehrt. Jetzt soll das alles anders werden? Nach dem dafür geplanten Bau, nach den Kosten?

Keine detaillierte Betrachtung über längeren Zeitraum!

Jede Menge Kosten hat die Planung der aktuellen "Ist-Situation" verschlungen, zudem mehr als geplant! Das aber soll nun nicht reichen, denn der Gemeinderat soll sich nun für eine Verschiebung der oberirdischen Haltestelle Europaplatz in die Karlstraße aussprechen, dazu die Karlstraße zwischen Amalien- und Stephanienstraße zur Fußgängerzone ausweisen.

„Unter Berücksichtigung der Evaluationsergebnisse des Reallabors“, wie es in der Beschlussvorlage heißt. Allerdings: Diese „Evaluationsergebnisse des Reallabors“ liefern lediglich Ergebnisse aus der wärmeren Jahreszeit. Wie sich die Situation im Winter darstellt, wenn deutlich weniger Menschen zum Beispiel mit dem Rad fahren, mehr mit Bus, Bahn & Auto unterwegs sind und im Regelfall auch wohl keine Masse an Bürgern auf einem öffentlichen Platz sitzen mag, wurde beim Reallabor nicht untersucht - aber es soll nun für den Gemeinderat eine Entscheidungsgrundlage sein!

Verlegung der Haltestelle nicht zwingend notwendig
Mit der geplanten Verlegung der Haltestelle, die für den Betrieb allerdings nicht zwingend notwendig ist, soll der Gemeinderat in Zeiten knapper Kassen nun ein weiteres Projekt bewilligen – und so die Millionen-Euro teure Planung der vorhandenen guten Anbindung an die unterirdische Haltestelle letztlich als nichtig bezeichnen.

Als „Grund“ für die Verlegung wird unter anderem in der Beschlussvorlage angegeben: „Der Bau einer barrierefreien Haltestelle mit einem 10 m langen 55 cm-Bahnsteig auf dem Europaplatz wurde geprüft. Es wurde festgestellt, dass die zur Verfügung stehende Länge auf dem Europaplatz nicht ausreicht.“

Eine erstaunliche Aussage bei einer zur Verfügung stehenden Länge des Platzes – zwischen Karl- und Douglasstraße – von gut 100 Metern! Gewissermaßen als „Multiple Choice-Einwand“ wird in der Beschlussvorlage auch ein Hinweis auf die Höhe des Bahnsteigs gegeben: „Die barrierefreie Haltestelle mit einem 55 cm Bahnsteig auf dem Europaplatz trägt zudem nicht zu einer attraktiven Platzgestaltung bei und fördert auch nicht die barrierefreie Platznutzung.“

In aller Deutlichkeit: Eine gesamte Platznutzung wird eh nie gegeben sein, denn die Straßenbahnen fahren schließlich auf der Kaiserstraße weiter - mittendurch: Da ist eine sichtbare Haltestelle eher auch ein Aspekt in Sachen Sicherheit der Fußgänger!

Zudem haben die hier verkehrenden Linien 2, 3, 4, S12 und zukünftig auch die S31 unterschiedliche Einstiegshöhen, was auch heute schon - ausprobierbar an vielen Haltestellen - mit den unterschiedlichen Höhen der Bahnsteige gelöst ist. Nach § 55 BOStrab, das ist die "Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen", ist in Deutschland bei Straßenbahnen, die am Straßenverkehr teilnehmen, eine Länge von bis zu 75 m möglich – man erreicht das auch in Karlsruhe durch das Ankoppeln von zwei Bahnen.

Blick auf die Bahnen
In Karlsruhe haben zum Beispiel die „GT8-100 Mittelflur“-Fahrzeuge eine Länge von gut 36 Metern, „Flexity Swift“-Fahrzeuge messen 37 Meter, „GT6‑70D/N“-Fahrzeuge rund 30 Meter, „NET 2012“-Fahrzeuge rund 37 Meter: Also genug Platz auf dem Platz auch für Doppelzüge oder zwei Bahnen hintereinander. Lediglich bei den "GT8-70D/N“-Fahrzeugen mit rund 40 Metern würde es knapp werden.

Was soll das Ergebnis sein?
Der Gemeinderat soll der Verlegung der Haltestelle zustimmen - mit dieser Maßnahme wird dann aber eine Haltestelle mit sehr guter und bequemer Umsteigeanbindung gestrichen, die extra auch so gebaut wurde! Zudem spricht auch die Stadt Karlsruhe vom Europaplatz als einer „stark frequentierten Umsteigehaltestelle“.

Eine Folge ist auf alle Fälle die enorme Verschlechterung beim Umsteigen am Europaplatz! Fahrgäste müssen künftig bis zu 150 Meter für das Umsteigen von Straßenbahn in U-Strab zurücklegen. Betroffen von der Verschlechterung sind damit auch mobilitätseingeschränkte Menschen! Nebenbei bemerkt: Diese Strecke wurde an anderer Stelle in der Stadt vom Gemeinderat als "unzumutbar" bezeichnet, doch hier spielt das nun offensichtlich keine Rolle!

Blick auf die Kosten
In Zeiten klammer Kassen und Streichung zahlreicher Maßnahmen (auch die kulturellen Einrichtungen können ein Lied davon klagen), bürdet sich die Stadt Karlsruhe für den neuerlichen geplanten Umbau der Karlstraße und des Europaplatzes ein Gesamtvolumen von mindestens 11,6 Millionen Euro auf! Kein Wunder, dass nicht nur im Gemeinderat der Widerstand zu einer solch geplanten Maßnahme vernehmbar ist – die Menge der eingereichten Änderungsanträge und die Diskussion zum Thema macht das auch deutlich!

UPDATE
Der Karlsruher Gemeinderat hat gestern entschieden (Wer wie abgestimmt hat, ist im Bild zu sehen), die Haltestelle am Europaplatz mit der guten Anbindung zwischen U-Strab und Straßenbahn zu verlegen.

Foto: Screenshot Stadt Karlsruhe Gemeinderat
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Damit wurden die teuren Kosten für die gebauten Rolltreppen und Aufzüge an genau der aktuellen Stelle gewissermaßen "versenkt" - aber für den "Halötestellen-Umzug" werden nun nochmals mindestens 12 Millionen Euro in die Hand genommen! Während an anderer Stelle in der Stadt massiv gespart werden muss, wird hier für eine Baumaßnahme das Geld ...

Neben den weiteren Kosten, passen auch die Anbindungen der Zugänge in den Tunnel nicht mehr: Fahrgäste müssen künftig bis zu 150 Meter für das Umsteigen von Straßenbahn in U-Strab zurücklegen. Betroffen von der Verschlechterung sind damit auch mobilitätseingeschränkte Menschen! Zudem sind die Treppen und Rolltreppen nicht passend ausgerichtet...

Zum Thema Platz & künftige "Flaniermeile": Wenn dann auch noch die Haltestelle weg ist, sind noch weniger Menschen auf dem Europaplatz - ein wichtiger Aspekt in Sachen "Sozialer Kontrolle" und Sicherheitsgefühl! Eine "einheitliche Anlage" des Platzes geht eh nicht, da die Straßenbahnen weiterhin durch den Platz rollen! Durch die Schienen wird es immer eine Zäsur geben, wie früher eben in der Kaiserstraße oder auf dem Marktplatz.

Weil im Gemeinderat auch das Thema "Wartungsarbeiten" im Tunnel angeführt wurde: Das war schon zu Zeiten der Tunnelplanung bekannt, es fiel ja nicht vom Himmel - und es wurde auch berücksichtigt, immerhin gibt es mehrere mögliche Umfahrungen des Tunnels - auch am Europaplatz vorbei!

Viel Geld in den Sand gesetzt
Die nicht ganz günstige Planung des heutigen Platzes mit seinen auf die Anlage abgestimmten Treppen, Leitungen, Rolltreppen und Aufzügen ist durch diesen Mehrheitsbeschluss gewissermaßen "versenktes Steuergeld"? Ein Umstand, der viele kulturelle Institutionen in Karlsruhe vernehmbar ärgert: Der Gemeinderat hat ihnen die gewissermaßen im selben Atemzug deutlich Zuschüsse gekürzt - aber hier viel Geld, auch wenn es verschiedene Töpfe sind, in die Hand genommen: Mit den rund 12+x Millionen, die der nicht nicht zwingend nötige Umbau kostet, hätte man zum Beispiel einige Posten im sozialen und kulturellen Bereich des städtischen Haushalts nicht streichen müssen!

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Autor:

Jo Wagner

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