Ein Mekka für die Kunst
Herrenhof Neustadt-Mußbach in Geschichte und Gegenwart

Die Ausstellung "design & gestaltung" lockt Jahr für Jahr viele Kunstfreunde in den Herrenhof. | Foto: ps
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  • Die Ausstellung "design & gestaltung" lockt Jahr für Jahr viele Kunstfreunde in den Herrenhof.
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Neustadt-Mußbach. Bis ins 7. Jahrhundert reicht die Geschichte des Johanniterweinguts und Musentempels Herrenhof im Weindorf Mußbach zurück. Damit handelt es sich um das älteste bis zum heutigen Tag ununterbrochen betriebene Weingut der Pfalz. Mit der Gründung der Fördergemeinschaft Herrenhof Mußbach e.V. im Jahre 1983 wurde das komplette Gebäudeensemble der umfangreichen Hofgutanlage in zahlreichen ehrenamtlichen Arbeitsstunden renoviert. Unter der Ära seines langjährigen Vorsitzenden Gustav-Adolf Bähr avancierte der Herrenhof im Neustadter Ortsteil Mußbach (Eselshaut 18) zu einer überregional bedeutenden Begegnungsstätte für sämtliche Sparten der Kultur, allen voran der Bildenden Kunst.

Von Markus Pacher

166.000 geleistete ehrenamtliche Arbeitsstunden und eine zehnjährige Renovierungszeit liegen zurück und ermöglichten den Startschuss für den Einzug der Kultur in den Herrenhof Mußbach, der seit den Neunzigern Jahr für Jahr tausende Menschen in den Ortsmittelpunkt von Mußbach und an die Weinstraße lockt, die dort Konzerte, Ausstellungen, Theatervorstellungen, Kabarettabende und viele weitere kulturelle Veranstaltungen besuchen können. Dem Einsatz der Fördergemeinschaft ist es zu verdanken, dass der gesamte Gebäudekomplex wieder im gleichen Glanze wie zur Zeit der Säkularisierung durch Napoleon erstrahlt. Mittlerweile gehören dem Verein 1.300 Mitglieder an.

Beeindruckendes Gebäudeensemble

Durch ein repräsentatives Renaissance-Eingangsportal gelangt man vom Mußbacher Ortskern aus in die weiträumige Hofanlage. Architektonischer Mittelpunkt und beherrschendes Bild ist das im Barockstil erbaute Herrenhaus, das ursprünglich vom Johanniterorden als Schaffnerhaus genutzt wurde. Dem Herrenhaus schließen sich das Kutscherhaus an, das gleichfalls in den 70er-Jahren des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. Der rechts vom Hofeingang befindliche längliche Anbau diente als Arbeiterhaus. Mit zum Gebäudekomplex des Weinguts gehört die Johanneskirche, auf deren Südseite der imposante Getreidekasten mit seinem Treppenturm und seinem Renaissance-Portal beeindruckt. Das mächtige Kelterhaus mit dem Festsaal liegt im Westen der Anlage. An seinem Ende befindet sich ein geräumiger Schuppen, in dem ursprünglich Ackergeräte und der Wagenpark Platz fanden. Der Orden nutzte die Remise außerdem als Kelterplatz.
Der über sechs Hektar große Johannitergarten im Süden der Hofanlage wird bis heute als Weinberg genutzt. Ein markanter Blickfang im weitflächigen Innenhof ist der 25 Meter tiefe Brunnen.

Wechselvolle Geschichte

Die 1400jährige Geschichte des an der Weinstraße gelegenen Herrenhof Mußbach ist mit den Namen vieler Herrscher verbunden, nachdem im Jahre 991 der Herrenhof aus der Klostergrundherrschaft des Benediktinerklosters Weißenburg ausschied und weltliche Herrscher, angefangen mit dem Herzog Otto von Worms, das Kommando übernahm, bevor das Geschlecht der Salier und Staufer die weiteren Geschicke des Weinguts bestimmten. Johanniterweingut wurde der Gutshof gegen Ende des 13. Jahrhunderts. Bis zum Bauernkrieg im Jahre 1524/25 entwickelte sich der Herrenhof zu einem stattlichen Gut mit intensiver Viehhaltung, großen Stallungen und Scheunen. Glücklicherweise blieb der Herrenhof Mußbach aufgrund seiner von hohen Mauern geschützten Lage weitgehend vom Krieg verschont. 1589 verfügt man über 375 Hektar Acker, 116 Hektar Wiesen, 165 Hektar Ordenswald 40 Hektar Weinberge und eine eigene Kirche, die Johanneskirche. Schwere Zeiten durchlitt die Weinstraße und der Herrenhof im Dreißigjährigen Krieg, als 1621 Söldnerscharen raubend und mordend durchs Dorf zogen, die Pest wütete und die Acker und Weinberge verödeten. Nach dem Dreißigjähriger Krieg hatte der Herrenhof nur wenige Jahre, um sich etwas zu erholen, bevor Ludwig XIV. seine Truppen in die Pfalz schickte, mit der Absicht, sie niederzubrennen. Von Mußbach blieben damals nur noch die Kirche, Teile des Herrenhofs und wenige Häuser übrig. Im 18. Jahrhundert ging das Johannitergut in den Malteserorden über, bevor am 17. Oktober 1797 der Friede von Campo Froma das Ende der französischen Revolutionskriege besiegelte und dem Malteserorden der Grundbesitz weggenommen wurde. 1811 wurde der Herrenhof und seine Ländereien in Mainz versteigert und parzelliert an Winzer und Bauern der Umgebung verteilt. Einen Löwenanteil des Hofs erwarb der Mainzer Tabakfabrikant Jakob Kraetzer.

Die Familie Sartorius und der Herrenhof

Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Dr. Gustav Adolf Kraetzer den Herrenhof, später führte sein Sohn Josef zusammen mit seinem Schwager Otto Sartorius das Anwesen, bis 1899 Otto Sartorius seinen Schwager auszahlte und den Herrenhof komplett übernahm. Bis 1970 war die Familie Sartorius die alleinigen Besitzer des Herrenhofs, bevor der Hof an das Land Rheinland-Pfalz verkauft wurde. Ursprünglich sollte es als neuer Standort für das heutige Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) dienen. Das heutige DLR wurde schließlich in den 70er.Jahren am östlichen Rand von Mußbach errichtet und parallel dazu der Herrenhof als Dienststelle für das Staatsweingut mit Johannitergut genutzt. Mit der Fertigstellung des neuen DLR außerhalb von Mußbach wurden die Gebäude des Herrenhofs 1983 der frisch gegründeten Fördergemeinschaft Herrenhof zur Verfügung gestellt.

Verträge mit dem Land Rheinland-Pfalz und der Stadt Neustadt and der Weinstraße

Mit dem Abschluss der Restaurierungsarbeiten hat die Kultur Einzug in den Herrenhof Mußbach gehalten. 2015 wurde das Verhältnis zwischen der Fördergemeinschaft und dem Land Rheinland-Pfalz neu ausgehandelt und durch einen Überlassungsvertrag mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren neu geregelt, demnach sich das Land verpflichtet, die gesamte Liegenschaft instand zu setzen, während die Kosten für den laufenden Bauunterhalt die Stadt Neustadt und die Bespielung der Kulturstätte die Fördergemeinschaft übernimmt.

Weinbaumuseum im Herrenhof

Der Herrenhof ist gleichzeitig Sitz des Weinbaumuseum, das sich im Getreidespeicher und Zehntkeller befindet. Hier werden alte Maschinen und Geräte, die im ungefähren Zeitraum von 1800 bis 1950 für den Weinbau genutzt wurden, präsentiert. Im Rahmen von Führungen können die Besucher des Weinbaumuseums die Arbeiten des Winzers von der Anlage des Weinbergs bis hin zur Lese und Weinproduktion kennen lernen.

Die neuere und neueste Geschichte des Herrenhofs

Nach unruhigen Zeiten im Zuge des Rücktritts des langjährigen Vorsitzenden Gustav-Adolf Bähr und der Pandemie hat sich die Fördergemeinschaft Herrenhof Mußbach unter dem Vorsitz von Eleen Dorner neu aufgestellt und mit Unterstützung des Kulturmanagers Markus Lichti allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken.

Vermietung als Geldquelle

Eine wichtige Geldquelle für den Herrenhofs und Voraussetzung für seine Überlebensfähigkeit ist unter anderem die Vermietung der umfangreichen Liegenschaften an Fremdveranstalter. Aufgrund seiner Abgeschirmtheit gilt der Herrenhof als zum Beispiel als gutes Forum für Pfälzer Großveranstaltungen, Ausstellungen, Weinproben, Kerwen und Märkte wie Markt der Genüsse, Ausstellung „Design und Gestaltung“, Weihnachtsmarkt der Nächstenliebe, Eselshautfest oder Maison Jardin.

Mekka für Künstler

Markus Lichti spricht von einem angenehmen Nebeneffekt der Fremdvermietung, indem die von außerhalb kommenden Veranstalter andere kulturelle Bereiche abdecken, die von der Fördergemeinschaft nicht geleistet werden können und eine schöne Ergänzung zum eigenen Programm darstellen. Organisiert wird das Programm von zehn Arbeitskreisen, die jeweils federführend von ein bis zwei Personen betreut werden. Dabei handelt es sich um folgende Sparten: Theater (Christine Jakobs und Markus Mohr), Literaturvilla (Dr. Katharina Dück), Perfomance (Tine Duffing), Puppentheater (Markus und Eleen Dorner), Weinbaumuseum (Bernhard Sunnick), Parkvilla-Konzerte (Reinhild Müller-Hasse), Jazz, Rock, Pop (Dominique Fürst) Pfalzmatinee (Hermann Bleiholder), Gotischer Chor Johanneskirche (Otto Fürst), Kabarettissimo (Uwe Kreitmann), Bildende Kunst (Kuratorium aus Künstlern und Mitgliedern).

Das aktuelle Programm im Oktober

Noch bis 9. Oktober: Fotoausstellung „Kreativität durch Inspiration und Leidenschaft

9. Oktober, 11 Uhr: Dornerei-Theater mit dem Stück „Superwurm“

9. Oktober, 11.15 Uhr: Pfalzmatinee „Lebendige Pfalz in Geschichte(n)

12. Oktober, 18 Uhr: Fachvortrag des Marinehaus Klinikum Hetzelstift Neustadt zum Thema „Adipositaschirurgie“

14. Oktober, 20.30 Uhr: Kabarett mit Tina Häussermann „Supertina rettet die Welt“

15. Oktober, 10 bis 12.30 Uhr: „Keck – Kinder entdecken kreativ Kunst“ mit der Spiel- und Theaterpädagogin Tine Duffing

23. Oktober, 14 bis 15.30 Uhr: Herrenhofs- und Weinbaumuseumsführung

25. bis 27. Oktober: „Neonkids im Traum-Zauber-Licht; Schwarzlicht-Theater-Workshops in den Herbstferien für Kinder und Jugendliche mit Tine Duffing

Hotels in Mußbach

Hotel Altes Weinhaus, Breitenweg 7-9, Telefon 06321 499350

Weingut und Gästehaus Völcker, An der Eselshaut 15, Telefon 06321 66050

Panorama Hotel, Mußbacher Landstraße 2, Telefon 06321 39920

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Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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