Für die Restauratoren steckt der Speyerer Dom voller Überraschungen
Übermalte Fresken und Risse im Gewölbe
Speyer. Ihr Dom liegt den Speyerern am Herzen. Und doch weiß jeder, so ein Monument „am Leben zu erhalten“ ist nicht ganz einfach. Alljährlich geben deshalb Domdekan und Domkustos Dr. Christoph Kohl und Dombaumeisterin Hedwig Drabik Auskunft über den Zustand des Kaiserdoms zu Speyer und erklären, was wann und zu welchen Kosten restauriert oder saniert werden muss. „Der Dom ist immer für Überraschungen gut“, bringt die es Dombaumeisterin auf den Punkt. „Manchmal sind es gute, manchmal schlechte.“
Andauernde Arbeiten am Vierungsturm
Nicht allzu gut waren die Überraschungen, die die Arbeiten am Vierungsturm ans Tageslicht brachten. Und wenn so mancher Speyerer sich fragt, warum das unansehnliche Gerüst dort schon so lange steht, ist Hedwig Drabik froh, dass die Arbeiten überhaupt voran gehen: Sie ließ nach ihrer Amtsübernahme das Dach untersuchen und erlebte da gleich eine böse Überraschung: Der Dachstuhl war extrem mit Holzschutz- und Insektenschutzmitteln aus den 1960er Jahren belastet und zugleich am Schwellenkranz in einem sehr schlechten Zustand, von Pilzen und Schimmel befallen. Die aufwändige Dekontamination war 2019 daher der erste Schritt, bevor überhaupt weitere Untersuchungen folgen konnten. Insgesamt müssen nun etwa 33 Kubikmeter Holz ausgetauscht werden. Allein der Transport dieser Holzmassen in die Höhe des Vierungsturms ist ein logistisches Meisterwerk, das seine Zeit braucht. Dazu gibt es für die dort tätigen Gewerke Vergaberichtlinien, an die die finanzielle Förderung durch das Land gebunden ist und die deshalb eingehalten werden müssen. Der Abschluss der Arbeiten ist dennoch für das Jahr 2021 geplant sofern keine äußeren Umstände, wie der weitere Verlauf der Corona-Pandemie, dies verhindern oder weitere Schäden gefunden werden.
Risse im Gewölbe
Schäden gibt es auch in der Doppelkapelle des Domes, dort ziehen sich große Risse durchs Mauerwerk des Gewölbes. Um eine Gefährdung von Besuchern durch herabfallende Putzstücke auszuschließen wurde die Kapelle genauer in Augenschein genommen. Auf Anraten der Dombaumeisterin wurde der Dachstuhl der Katharinenkapelle genauer untersucht, um eine erste Einschätzung geben zu können und abzuwägen, ob eine Notsicherungsmaßnahme notwendig ist oder nicht. Ein hinzugezogener Statiker konnte zunächst Entwarnung geben, aber da die Risse sich bereits auf der Oberseite der Gewölbe im Dachbereich abzeichnen sind weitergehende Untersuchungen in jedem Fall geboten. Dazu wird in den kommenden Jahren ein Rissmonitoring installiert, das Bewegungen im Bereich des Gewölbes aufnimmt und Rückschlüsse über die Ursachen geben kann. Erste Vermutungen, unsachgemäße Reparaturen im Dach könnten ursächlich für die Rissbildungen sein, wurden bislang ausgeschlossen. Möglicherweise sind Absenkungen im Erdreich, bedingt durch einen Kanal, mit ursächlich für die Schäden.
Kampf ums Fresko
Sorgen bereitet den Restauratoren auch immer noch das Schraudolph-Fresko in der gerade für 891.000 Euro restaurierten Domvorhalle. Das Werk im nazarenischen Stil, gemalt von Johann Baptist Schraudolph befindet sich über dem Hauptportal befindet und ist in einem katastrophalen Zustand. Rechnete man zuerst nur mit kleineren Retuschen und partiellen Neuvergoldungen, kamen im Verlauf der restauratorischen Untersuchungen erhebliche Schäden zum Vorschein. Große Teile der Darstellung wurde in den 1960 oder 1980er Jahren übermalt, zum Teil mit Farben, die sich massiv vom Original unterscheiden. Unterschiedliche Vergoldungsschichten und schlecht ausgefüllte Risse sorgen für zusätzliche Probleme. Möglicherweise müssen große Teilbereiche des Gemäldes komplett rekonstruiert werden. Die Kosten für diese Maßnahme am Fresko werden derzeit auf 190.000 Euro geschätzt. Vorgesehen sind in den kommenden Jahren weitere Untersuchungen am Fresko zur Machbarkeit der Abnahmen der Retuschen aus der Neuzeit, sowie die Anlegung von Musterflächen zu möglichen Rekonstruktionen, Rückführungen und Neuvergoldung.
Und so gibt es am Dom zu Speyer noch viele weitere große und kleine „Baustellen“. Im Westbau werden Metallgitter neu – im alten Farbton – gestrichen. Am Epitaph Rudolf von Habsburg sollen Verbindungen nach Straßburg und Basel nachgewiesen werden und am Kenotaph Adolf von Nassau werden bis Weihnachten noch die Neuvergoldung der Beschriftung und im Sockelbereich eine Leiste erneuert.
Autor:Heike Schwitalla aus Germersheim | |
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