Belastungsverschiebungen vom Gewerbe zum Wohnen
Vorschlag für neuen Hebesatz der Grundsteuer B in Karlsruhe
Karlsruhe. Die Stadtverwaltung Karlsruhe hat dem Haupt- und Finanzausschuss ihren Vorschlag zu Änderung der Hebesatzsatzung (Grundsteuer) ab dem Jahr 2025 vorgelegt. Der neue Hebesatz der Grundsteuer B soll nach diesen Planungen von 490 auf 270 Prozent gesenkt werden. Die Grundsteuer B gilt für alle bebauten und bebaubaren Grundstücke.
Ausgangslage für die Neukalkulation des Hebesatzes sind rund 105.000 steuerpflichtige Objekte in der Stadt Karlsruhe. Durch die zuständigen Finanzämter liegen der Stadtkämmerei derzeit mehr als 90 Prozent der Grundsteuermessbeträge nach neuem Recht für die Kalkulation vor. Die verbleibenden offenen Messbeträge wurden von der Stadtverwaltung berechnet.
Sofern der Gemeinderat dem Vorschlag zustimmt, kommt die Stadt Karlsruhe der politischen Vereinbarung mit Bund und Land nach, dass der Hebesatz aufkommensneutral festgelegt werden soll. Die Einnahmehöhe verbleibt also auch nach der Grundsteuerreform wie in den vergangenen Haushaltsjahren bei etwa 60 Millionen Euro.
Veränderungen und Belastungsverschiebungen
Trotz der deutlichen Senkung des Hebesatzes kommt es in unterschiedlichen Bereichen zu Belastungsverschiebungen von „Gewerbe“ hin zum „Wohnen“. Innerhalb des Bereichs „Wohnen“ sind aufgrund der zuzuordnenden Grundstücksfläche besonders die Ein- und Zweifamilienhäuser betroffen. In der Gesamtschau ist ebenso erkennbar, dass nahezu die Hälfte aller steuerpflichtigen Objekte zukünftig eine geringere Steuerlast tragen.
„Die Berechnung der neuen Grundsteuer orientiert sich nur noch am Wert eines Grundstücks. Das ist zunächst simpel und logisch, führt aber dazu, dass es eine erhebliche Spreizung zwischen Gewinnern und Verlierern durch die Reform gibt“, beurteilt Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup die Landesreform. „Wir sehen, dass es zu Notlagen von einzelnen Mietenden und Besitzenden kommen kann. An dieser Stelle werden wir ein Beratungsangebot bieten und daran mitwirken, dass sich niemand gegen seinen Willen gezwungen fühlen muss, sein derzeitiges Zuhause aufgeben zu müssen“, betont Mentrup.
„Die Stadtverwaltung erarbeitet derzeit an einem internen runden Tisch Ansätze, wie wir konkret in Notlagen unterstützen können“, ergänzt Finanzdezernentin Gabriele Luczak-Schwarz. Neben Beratungsleistungen prüfe man derzeit auch Möglichkeiten, wie etwa Stundung, Ratenzahlung oder Mietkostenzuschuss. Hier werde es auf den Einzelfall ankommen.
Bundesverfassungsgericht hatte Reform eingefordert
Eine Verschiebung der Steuerlast ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die zwangsläufige Folge der Reform. Das BVerfG hatte im April 2018 die Ermittlung der für die Grundsteuer maßgeblichen Einheitswerte als verfassungswidrig erklärt. Für die Umsetzung einer Grundsteuerreform wurde vom Bundesverfassungsgericht eine Frist bis Ende 2024 gesetzt. Das bisherige Grundsteuergesetz des Bundes hatte eine bundesweite Gültigkeit. Im Gegensatz dazu hat der Bundesgesetzgeber im neuen Grundsteuergesetz eine Öffnungsklausel für eine abweichende landesrechtliche Grundsteuerregelung verankert, von der Baden-Württemberg Gebrauch gemacht hat.
Während die Bewertung der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) entsprechend der ab 2025 geltenden Bundesregelung in einem Ertragsverfahren erfolgt, ist in Baden-Württemberg für die Grundsteuer B das modifizierte Bodenwertmodell als Berechnungsgrundlage verbindlich festgelegt. Der Gedanke dahinter ist, dass der Boden selbst eine dauerhafte und stabile Werteinheit darstellt. Auf die Bebauung des Grundstücks kommt es für die Bewertung nicht mehr an.
Für das modifizierte Bodenwertmodell ist ausschließlich die Grundstücksgröße, der Bodenrichtwert zum Stichtag 1. Januar 2022 sowie die Steuermesszahl nach Nutzungsart maßgeblich.
Die Bodenrichtwerte ergeben sich in Baden-Württemberg aus den Kaufpreissammlungen der jeweiligen Gutachterausschüsse. Kommunale Einflussmöglichkeiten bestehen auf die Gutachterausschüsse in Baden-Württemberg nicht.
Zur Minderung der zu erwartenden Belastungsverschiebung hat der Landesgesetzgeber unterschiedliche Steuermesszahlen je nach Nutzugsart geregelt. Neben der Steuermesszahl für das Grundvermögen von 1,3 Promille, können geminderte Messzahlen für überwiegend für Wohnzwecke genutztes Vermögen (0,91 Promille), für Wohnraumförderung (0,585 Promille) oder ein (weiterer) Abschlag für Denkmalschutz (je 10 Prozent) zur Anwendung kommen. Sonstige Abschläge sowie Härtefallregelungen oder Erlassmöglichkeiten sind durch den Landesgesetzgeber nicht mehr vorgesehen.
Entscheidung liegt beim Gemeinderat
Der Haupt- und Finanzausschuss hat am Dienstag, 8. Oktober 2024, in öffentlicher Sitzung über den neuen Hebesatz beraten. Der Gemeinderat muss hierüber noch in seiner Sitzung am 22. Oktober 2024 entscheiden. Die dann festgelegte Satzungsänderung wird öffentlich bekanntgemacht und wird dann ab 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Aktuelle Informationen zur Grundsteuer können auf karlsruhe.de/grundsteuer abgerufen werden.
Autor:Jo Wagner |
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